DANTE - November Red
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2013
Mehr über Dante
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Massacre / Soulfood
- Release:
- 25.01.2013
- Birds Of Passage
- The Lone And Level Sands
- Beautifully Broken
- The Day That Bled
- Shores Of Time
- Allan
- November Red
Modernen Progressive Metal kann man schlicht nicht besser spielen.
Wenn eine Band mit einem neuen Album in den Startlöchern steht, die vor sechs Jahren mit ihrem als Eigenpressung erschienenen Debütalbum "The Inner Circle" mein Newcomer des Jahres war, und die drei Jahre später mit "Saturnine" meine vollen Punkte mit in unseren Soundcheck nahm, dann ist die Spannung und Erwartungshaltung natürlich sehr groß. Bei "Saturnine" habe ich keinen großen Hehl daraus gemacht, dass ich das Album den Werken zahlreicher etablierter Genregrößen jederzeit vorziehe, und daher erhoffe und erwarte ich nun auch von "November Red" nichts weniger als ein Album, das in zwölf Monaten ein zwingender Kandidat für mein liebstes Prog-Album des Jahres sein wird.
Das erste, was schon vor dem Einlegen des Albums auffällt, ist, dass die Band dem Ruf gerecht wird, ihren anspruchsvollen Kompositionen stets auch ein passendes, schönes und aufwändiges Artwork beizufügen. Das herbstliche Rot und die melancholische Stimmung des Artworks bereiten den Hörer auf das vor, was musikalisch folgen wird: Sieben Stücke hält "November Red" für uns bereit, die meisten davon mit Spielzeiten zwischen sieben und dreizehn Minuten, und im Hause DANTE scheut man sich ganz und gar nicht davor, bereits den Einstieg in das Album fordernd zu gestalten. Der Opener 'Birds Of Passage' bringt es auf stolze zehn Minuten, und doch ist er kein sperriger Brocken, den der Hörer erst einmal verdauen müsste. Nach einigen kurzen Soundeffekten führt uns das Piano sanft in den Song ein, bevor ein wuchtiges Riff, flankiert von verspielten Synth-Sounds und einer mitreißenden Rhythmik das Heft übernimmt. Sänger Alexander Göhs sorgt mit seiner ausdrucksstarken, dunklen, eher im mittleren Höhenbereich gelegenen Stimme einmal mehr für Gänsehaut und im großartigen Refrain für faszinierende Hooks, die das Stück direkt tief im Hirn verankern.
Durch die Stimme, die Art der Arrangements und vor allem durch den Einsatz der Tasten fühle ich mich oftmals sehr stark an die SAVATAGE der Zak-Stevens-Ära erinnert. DANTE bringt dabei auf "November Red" eine metallische Kante mit und eine Songdienlichkeit mit, die einmal mehr dafür sorgen, dass sich die Band im Gegensatz zu etlichen Genrekollegen eben nicht in Klanglandschaften ergeht, in welchen der Hörer nur ziellos umher irren kann. Sie nimmt den Hörer bei der Hand und führt ihn durch ihre Welt aus Schatten und Licht, folgt dabei einem roten Faden und verliert niemals den Song und das Album als Gesamtkunstwerk aus den Augen.
Dabei hilft meines Erachtens auch der sehr spezielle und von manchen Kritikern einst als "gläsern" kritisierte Sound, den ich nie als Schwäche, sondern schon immer als große Stärke DANTEs gesehen habe. Auch wenn gerade Gitarren und Rhythmusgruppe auf "November Red" wuchtiger produziert sind als noch auf den beiden Vorgängern, hat sich an der Grundkonzeption des Sounds nur wenig verändert. Die vielschichtige Transparenz bleibt erhalten, auch wenn wir das neue Album abspielen. Es breitet sich durch die Inszenierung von Gitarre (Markus A. Bader und Markus Berger), Keyboard und Synth-Effekten (Markus Maichel) bei aller klanglichen Brillanz etwas wunderbar gläsern Fragiles, Kristallenes aus, das mich an DANTE seit jeher fasziniert und vor meinem inneren Auge Assoziationen zu Tennessee Williams' Drama "The Glass Menagerie" malt.
'The Lone And Level Sands' hält im massiv drückenden, wuchtigen Einstieg spannende Rhythmuswechsel parat, die der Rhythmusgruppe um Markus Berger und Christian Eichlinger alle Möglichkeiten gibt, sich zu entfalten. Das sechsminütige Stück liegt am oberen Rand der Härteskala DANTEs, und es weiß vor allem durch die faszinierende Jagd der Leadgitarren und Soli im letzten Drittel zu begeistern. Mit 'Beautifully Broken' präsentiert sich sodann das kürzeste Stück des Albums als waschechte, traurig-intensive Piano-Ballade mit dezenten Streichersynths, die auch dem Fan des MECHANICAL-POET-Debüts viel Freude machen wird. 'The Day That Bled' liefert den im Prog-Lager ja durchaus zahlreichen Freunden instrumentaler Finesse etliche ausladende und variantenreiche Instrumentalpassagen, die sich mit intensivem Orgeleinsatz auch ein wenig vor den Prog-Helden der Siebziger verneigen. Der Refrain ist in seiner rhythmischen Struktur und in den zugehörigen Hooklines absolut zwingend, und auch die umfangreichen Verse lassen nicht zu, dass Langweile aufkommt. Hier wie auch teilweise beim ebenfalls recht harten und flotten 'Shores Of Time' begegnet uns erneut die Assoziation mit den späten Rockopern SAVATAGEs, und auch bei diesen Stücken ist der Gesang einfach der Hammer.
Langsam nähern wir uns schon dem Finale, und mit dem akustisch-balladesk dominierten 'Allan' bekommen wir nochmals Gelegenheit, in zerbrechlich wirkenden, zurück gelehnten und dem 70er-Prog nahe stehenden, aber keinen Millimeter weit "retro" klingenden Arrangements Atem zu holen, bevor das knapp dreizehnminütige Titelstück ein weiteres rundum gelungenes Album der Augsburger in epischer Weise beschließt. Die wabernden Synths zu Beginn wirken majestätisch und erhaben, das einsetzende Riff ist wuchtig und drückend, ein schneidendes Synth-Lead führt die Melodie und das Tempo steigert sich immer mehr, bis sich der Klangturm über einige massive Breaks nach gut drei Minuten harmonisch auflöst und in einen flächigen, entspannten, ruhig beginnenden Songschwerpunkt mündet, der sich dramatisch steigert und erneut mit seinen prägnanten Hooks zu gefallen weiß.
Dieser mächtige Abschlusstrack bringt somit auch nochmals auf den Punkt, was ich an DANTE so sehr schätze: Die Band vermag es, ihre Songs progressiv zu arrangieren, instrumentale Glanzlichter zu setzen, mit spannenden Soundeffekten zu spielen, die Orgel wabern zu lassen, messerscharf zu riffen, feine Zupfmuster einzuweben, und all das mit prägnanten Gesangshooks zu verbinden, ohne sich jemals in ziellos wirkenden Soundkollagen zu verirren. Der Hörer wird immer an der Hand geführt, mitgenommen in die Songstruktur, und er wird sich und das Stück stets wiederfinden. Ein tolles Album, das einmal mehr die Höchstnote verdient hat, weil - ich bleibe dabei - man modernen Progressive Metal nicht besser spielen kann.
Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 01/2013
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle