DARK TRANQUILLITY - Moment
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2020
Mehr über Dark Tranquillity
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Century Media
- Release:
- 20.11.2020
- Phantom Days
- Transient
- Identical To None
- The Dark Unbroken
- Remain In The Unknown
- Standstill
- Ego Deception
- A Drawn Out Exit
- Eyes Of The World
- Failstate
- Empires Lost To Time
- In Truth Divided
Qualität aus Schweden!
Zwanzig Jahre ist es her, dass ich mein erstes Clubkonzert besucht hatte. Es handelte sich um die IN FLAMES "Clayman"-Tour und als Support war eine Band dabei, die ich zuvor nicht kannte, die ich hinterher aber sehr zu schätzen wusste: DARK TRANQUILLITY! Damals hatte die Truppe gerade ihr fünftes Studioalbum "Haven" herausgebracht und wusste mich beispielsweise mit 'Wonders At Your Feet' stark zu begeistern. Mittlerweile sind nicht nur 20 Jahre ins Land gegangen, sondern DARK TRANQUILLITY hat in der Zwischenzeit sechs weitere Alben veröffentlicht, von denen zwar jede Scheibe überzeugen konnte, mir persönlich jedoch nicht ganz so in Erinnerung geblieben sind, wie "Haven" oder "Projector". Mit "Moment"steht nun Werk Nummer Zwölf in den Startlöchern und wagt den Angriff auf den schwedischen Melo-Death-Thron.
Zunächst darf man gespannt sein, wie das erste DARK TRANQUILLITY-Album ohne Gründungsmitglied und Gitarrist Niklas Sundin klingt, der dieses Jahr die Band verlassen hat. Als Ersatz haben sich die Mannen um den charismatischen Fronter Mikael Stanne neben Johan Reinholdz (ANDROMEDA, NONEXIST), der laut Aussagen Stannes ein langjähriger Fan der Band ist, niemand geringeres als den ehemaligen ARCH ENEMY-Gitarristen Chris Amott sichern können. Somit sollte man sich grundsätzlich keine Sorgen um die musikalischen Fähigkeiten der Göteborger machen müssen.
"Moment" beginnt mit 'Phantom Days', einem Song, der einfach ein typischer DARK TRANQUILLITY-Track ist. Hier finden sich eingängige Gitarren- und Keyboard-Melodien gepaart mit Stannes fiesen aber durchweg verständlichen Growls. Zusammen mit dem folgenden 'Transient' hätte der Opener auch bereits auf "Atoma" stehen können. Somit ist der Band der Einstieg in Album Nummer Zwölf mehr als gelungen. Dann kommt auch schon das erste richtige Highlight von "Moment": 'Identical to None' ist ein wahrer Ohrwurm geworden und macht süchtig. Irgendwie erinnert mich das Stück an die frühere Phase der Band zu "Damage Done"- und "Character"-Zeiten.
Ab dem folgenden 'The Dark Unbroken' erlebt "Moment" einen kleinen musikalischen Bruch. Denn ab diesem Moment fühle ich mich sehr stark an DARK TRANQUILLITYs "Projector"-Phase erinnert, da Stanne ab sofort häufig auf seine cleane Stimme zurückgreift. Zwar hat der Sänger, der live grundsätzlich ein breites Grinsen im Gesicht hat, auch auf den anderen Alben nach "Projector" immer wieder mal cleane Vocals eingebaut, jedoch ist es mir in dieser Häufigkeit wie auf "Moment" nur auf dem 1999er Album der Schweden aufgefallen und in Erinnerung geblieben.
In 'Remain In The Unknown' ist der klare Gesang sogar Hauptbestandteil des Songs, der ansonsten auch sehr ruhig und für eine Melo-Death-Band schon beinahe als Ballade daherkommt. Aber nicht nur der Vocalstil ändert sich, sondern auch beim Songwriting gehen die Schweden ab sofort anders vor und verzichten etwas auf Eingängigkeit und bieten eher sperrigere Arrangements. Und obwohl ich diesem beschriebenen Bruch insgesamt positiv gegenüber stehe, fehlen mir im weiteren Durchlauf von "Moment" nochmal ein oder zwei Stücke im Stile der drei Opener, sprich, nochmal richtig abgehende Songs mit eingängigen Melodien und Ohrwurmcharakter. Am ehesten kommt hier noch 'Failstate' in diesen Bereich.
Einem Aspekt tun die unterschiedlichen Gesangsstile von Stanne jedoch keinen Abbruch: Dem Wiedererkennungswert. Egal ob clean oder gegrowlt, die Stimme klingt auch auf "Moment" unverkennbar nach Mikael Stanne. Und auch musikalisch klingen die Lieder auf "Moment" trotz des Wechsels an der Gitarrenfraktion unverkennbar nach DARK TRANQUILLITY. Es gibt wohl kaum eine Band im (meines Erachtens nach) überfluteten Melodic-Death-Metal-Bereich, die so einen eigenständigen Sound hat.
Wer Angst hatte, dass mit Niklas Sundin auch der typische DARK TRANQUILLITY-Stil gegangen ist, der kann beruhigt sein. "Moment" klingt durch und durch nach DARK TRANQUILLITY und wird trotz (oder auch wegen) des zwischenzeitigen musikalischen Bruchs auf dem Album (mancher sieht es nicht als Bruch, sondern einfach als musikalische Abwechslung oder Entwicklung) sämtliche Fans begeistern. Für mich ist "Moment" das beste Album der Göteborger mindestens seit "Damage Done"!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Mario Dahl