DYING FETUS - Reign Supreme
Mehr über Dying Fetus
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Relapse (Rough Trade)
- Release:
- 22.06.2012
- Invert The Idols
- Subjected To A Beating
- Second Skin
- From Womb To Waste
- Dissidence
- In The Trenches
- Devout Atrocity
- Revisionist Past
- The Blood Of Power
- Dead Whores Love To Fuck
Zwischen Hammer und Steigbügel festgebrannt
"Was für'n Brett!" ...munkelte mein Nebenmann in der ersten Reihe des Münchner Backstages als John Gallagher die ersten Töne seiner Klampfe entlockte. Der atemberaubende Gig der Marylander Combo zauberte an diesem Abend ein fast romantisiertes Funkeln in die Augen vieler hartgesottener Deathgrindfreaks und hochverdient waren auch die vielen neiderfüllten Blicke, die das ultraschnelle Picking und die messerscharfen Sweeps des glatzköpfigen Frontmanns auf sich zogen. DYING FETUS - was für ein Brett! Ähnliche Qualitätsurteile fällten ebenfalls die Besucher des Party Sans und des Summer Breeze Festivals, die in den absoluten Hochgenuss einer dieser Killershows gekommen sind. In der Festivalsaison 2013 hat das Trio von DYING FETUS anscheinend nicht nur meinen bereits von der Sonne vorgeschädigten Nacken überstrapaziert. Dass sich 2008 das wilde Besetzungskarussell in der Band zum letzten Mal gedreht hat, hat sich hörbar ausgezahlt. Mit nur einer Gitarre sind die Jungs live tight as hell und das blinde Timing zwischen Gallagher, Beasly und Williams lässt jedes Metronom erblassen. Ein solides Line Up macht sich live halt einfach bemerkbar.
Die Mörderperformance hat mich dazu angeregt, mir die letzte Veröffentlichung noch einmal in Ruhe vor heimischer Kulisse zu Gemüte zu führen und ein kritisches Resümee über die musikalische Entwicklung der Band zu ziehen. "Reign Supreme" heißt der Silberling, den die deutschen Metalheads am 22. Juni 2012 über Relapse zum ersten Mal in die Fresse bekamen. Vollmundig kündigte John Gallagher bereits im Vorfeld des Releases an, DYING FETUS eine ordentliche Portion an technischem Groove verliehen und die Band wieder auf das Niveau alter Tage gebracht zu haben. Sollten dies nur die obligatorischen, zum Verkauf anregenden Worte eines Fronters gewesen sein, die man inzwischen vor nahezu jeder lieblos produzierten und halbherzig vertonten Platte vernehmen kann?
Nein! Geil! Schon allein die Produktion, für die Steven Wright verantwortlich war, ist ein absolutes Schmankerl. Lebendig und differenziert kommen die Instrumente ohne den Hauch einer Spur von Sterilität zur Geltung. Besonders beim an 'One Shot, One Kill' ("Stop At Nothing" (2003)) erinnernden Mittelteil von 'In The Trenches' ist es den Toningenieuren gelungen, die virtuose Akrobatik von Bass und Gitarre zu trennen und dennoch in einen Dialog miteinander zu setzen. Auch 'Devout Atrocity', dessen groovendes Leadriff sich in eine Reihe mit 'Pissing In The Mainstream' ("Destroy The Opposition" (2000)) stellen kann, zeichnet sich im Mittelpart durch eine ausgeklügelt pointierte Inszenierung von Beaslys Viersaiter aus. Ferner hat John Gallagher das Songwriting betreffend nicht zu viel versprochen. Das gesamte Album hat das Potential, die "Destroy The Opposition" (2000) zu verdrängen und am Ruf der oft kopierten, aber nie erreichten, "Killing On Adrenaline" (1998) zu kratzen. Bereits "Descend Into Depravity" (2009) hatte deutlich mehr Groove als die umstrittene "War Of Attrition" (2007), deren technisch bis in den Exzess getriebene Riffs leider an Eingängigkeit und Wiedererkennungswert vermissen lassen.
Jedoch groovt sich im Gegensatz zum Vorgängermodel das neue Material bereits beim ersten Durchlauf ohne Umwege in die Gehörgänge, wo es sich irgendwo zwischen Hammer und Steigbügel festbrennt. 'Second Skin' stellt mit einem doppelten Tempowechsel im Break unter Beweis, inwiefern Beatdown und Death Metal doch harmonieren können. 'From Womb To Waste' und 'Subjected To A Beating' weisen sogar Züge eines frühen Allen Wests auf. Trotz aller Neuakzentuierungen ging aber dennoch kein Stück von der DYING FETUS-esken musikalischen Komplexität verloren, denn schon der Opener 'Invert The Idols', der mit einem stilechten Sweepsolo a la Gallagher eingeleitet wird, drückt "Reign Supreme" den Stempel "technischer Death Metal" auf. Für Freunde der Band dürfte 'Revisionist Past' ein kleiner Leckerbissen sein, denn hier definiert sich die Individualität ihres Stils besonders deutlich. Für mich ist "Reign Supreme" neben "Destroy The Opposition" (2000) eindeutig das Beste, das die Jungs von DYING FETUS seit dem 98er Meilenstein auf den Markt gebracht haben. 9 von 10 Punkten gibt's für dieses Highlight an technisch versiertem Ami Death!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Michael Sommer