EVERGREY - The Atlantic
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2019
Mehr über Evergrey
- Genre:
- Progressive Power Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- AFM Records
- Release:
- 25.01.2019
- A Silent Arc
- Weightless
- All I Have
- A Secret Atlantis
- The Tidal
- End Of Silence
- Currents
- Departure
- The Beacon
- The Ocean
Verträumter denn je - der stete Wandel im Hause EVERGREY
Als EVERGREY-Fan der allerersten Stunde konnte ich dem Werdegang der schwedischen Combo in den letzten Jahren nicht immer bedigungslos folgen. Tom Englund und seine Mannen haben sich von Album zu Album mehr von ihren epischen Melodien mitreißen lassen, die einst so hervorragend ausgearbeiteten Kontraste in Sachen Riffing aber langsam zu Grabe getragen, um sich den progressiven Spielwiesen, auf denen sich der Mastermind seit einiger Zeit herumtreibt, auch in den eigenen Sound einzuflechten. So groß mag der Einfluss seines jüngsten Nebenerwerbs bei REDEMPTION zwar nicht sein, aber zweifelsohne hat das etwas ruhigere, bisweilen verspielte Vorgehen der deutlich mehr dem Prog zugewandten Kapelle auch etwas mit dem Songwriting bei EVERGREY gemacht.
"The Atlantic", das elfte Studioalbum der stets melancholisch veranlagten Truppe, ist in diesem Zuge dann auch tatsächlich die Platte, die sich am weitesten von den ersten vier Scheiben distanziert. Die Signatur, die sich speziell Englund an den Rhythmusgitarren erarbeitet hat, ist nur noch marginal spürbar, als Power Metal gehen darüber hinaus auch nur vereinzelte Passagen durch, und wenn man die zehn neuen Kompositionen noch einmal genauer überschaut, entdeckt man in erster Linie nur verträumte Melodien in einem weitestgehend Soundtrack-artigen Gebilde, das zwar immer noch die bekannten Trademarks in sich trägt, aber eben nicht mehr jene individuellen Akzente setzt, mit denen die Band damals groß geworden ist. Vor allem für Freunde alter Klassiker wie 'The Masterplan' und 'Recreation Day' ist der aktuelle Silberling daher eine echte Herausforderung, weil die Grundaggression im EVERGREY-Sound nur noch auf niedrigstem Level angesiedelt ist, die wuchtigen Gitarren fast völlig ersetzt wurden und inzwischen andere Elemente den Sound bestimmen - allen voran Rikard Zanders monumentales Keyboardspiel.
Die Frage, die sich letztendlich aber natürlich am meisten aufdrängt, lautet: Werfen all diese Veränderungen nun einen negativen Schatten auf das neue Material? Nun, dies wird sicherlich jeder noch einmal anders bewerten wollen. Denn wie schon gesagt: Für Fans der ersten Alben ist "The Atlantic" womöglich zu verspielt und bringt auch zu wenige Ohrwürmer mit. Betrachtet man indes den Gesamtansatz und somit auch die konzeptionelle Vermengung, kommt man nicht umhin, den Skandinaviern auch diesmal auf die Schultern zu klopfen, vielleicht auch weil sie sich nicht ein weiteres Mal wiederholt haben. Das manchmal depressiv gefärbte Vokabular bleibt zwar erhalten, die Melancholie als eine der treibenden Kräfte ebenfalls, aber ansonsten stehen bei EVERGREY alle Zeichen auf Weiterentwicklung - und ganz gleich, ob man den Schweden folgen mag oder nicht, so wird man nicht bestreiten können, dass sie auch diesmal wieder ein richtig feines Album erschaffen haben. "The Atlantic" ist vielleicht keine Hitkollektion, aber definitiv eine Platte, in der man sich verlieren kann!
Anspieltipps: The Atlantic, The Beacon
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Björn Backes