FEAR FACTORY - Aggression Continuum
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2021
Mehr über Fear Factory
- Genre:
- Industrial Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 18.06.2021
- Recode
- Disruptor
- Aggression Continuum
- Purity
- Fuel Injected Suicide Machine
- Collapse
- Manufactured Hope
- Cognitive Dissonance
- Monolith
- End Of Line
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Es gibt wenige Bands, welche die Musikwelt derartig aufrüttelten und Generationen beeinflussten, wie FEAR FACTORY - und dabei Banddramen schrieben: "Aggression Continuum" ist das zehnte Studioalbum und wahrscheinlich das letzte mit Sänger Burton C. Bell, der die Band nach seinen Aufnahmen (die schon ein paar Jahre im Kasten sind), Ende September 2020 verlassen hat. Über die Hintergründe und Gerüchte um die Nachfolge soll es hier nicht gehen, dafür bietet "Aggression Continuum" einfach zu viel Material, über das es sich lohnt, zu sprechen.
Eine gesprochene Einleitung über Maschinen, die die Welt übernommen haben, und den sich formierenden Widerstand, läutet den Opener 'Recode' ein, ein typischer FEAR FACTORY-Krimi also. Die Gitarre drängt sich in den Vordergrund, das Schlagzeug ergänzt den Rhythmus noch basal, die Spannung steigt, Pause... Und alles entlädt sich in einem fetten Groove, der unmissverständlich klar macht, welche Band man hört. Wow, was für ein Start! Streicher und Fanfaren ergänzen nun das Klangbild und verursachen ein geradezu monumentales Klangbild, mehr Spannung aufbauen geht wirklich nicht. Und dann ertönen die ersten Töne des "Dry Lung Vocal Martyr" Burton C. Bell mit einer Aggressivität, wie ich sie lange nicht mehr von ihm gehört habe und mündet in einem groß angelegten Refrain. Ja, vielleicht gab es in der Vergangenheit schockierendere Opener und auch ausgeklügeltere Melodien, aber 'Recode' schreit dermaßen FEAR FACTORY, dass ich total begeistert bin.
Bereits im Opener fällt nicht nur auf, dass Burton wieder fieser klingt, auch singt er so facettenreich wie lange nicht mehr. So hört man auf Albumlänge immer wieder verschiedene Gesangsstile, nebst den charakteristischen Shouts und Klargesang, auch gesprochene Parts oder mehrstimmige Gesänge. Dinos sieben Saiten röhren dazu im saftigsten Ton, das Schlagzeugspiel von Mike Heller klingt, als ob er direkt vor einem spielen würde, so lebendig ist es. Alleine der Sound des Albums ist eine Wucht, hier hat Dino nicht zu viel versprochen.
'Disruptor' war die erste Single nach über fünf Jahren Wartezeit und müsste die meisten Gemüter zufrieden gestellt haben, ein starker Hit mit einprägsamen Riffing und eingängiger Struktur. Mit dem Titeltrack wartet gleich das nächste Highlight mit typischen Maschinengewehr-Groove auf, was für ein starker Headbanger! Mit 'Purity' hingegen folgt ein leider ein Lowlight, ich verrate aber auch gleich: Mehr gibt es nicht. Der Song wirkt etwas patchworkartig zusammengeflickt, die Melodieführung ist seltsam, hier passt nichts so recht zusammen.
Das ist aber schnell vergessen, denn nun nimmt "Aggression Continuum" richtig Fahrt auf! Der Titel 'Fuel Injected Suicide Machine' verspricht nicht zu viel, eine sehr aggressive Nummer mit dominantem Stakkato-Gewitter und einem Gift und Galle spuckendem Burton C. Bell. Sehr gelungen ist der gegensätzliche Refrain, der mit Streichern bittersüß daherkommt und einen gelungenen Gegensatz zum Dauerfeuer schafft. 'Collapse' ist ein derber Stampfer, was man in dieser Art noch nicht von der Angstfabrik gehört hat. Ich möchte an dieser Stelle kurz innehalten und den Fokus auf einen bestimmten Aspekt fast aller Songs lenken, den Beginn. Viele Songs beginnen nämlich mit einer Art kurzem (!) Intro, was dem Album eine unheilvolle Atmosphäre verschafft, fast wie in einem Kinofilm.
'Manufactured Hope' lautet der nächste Knaller, vielleicht bin ich noch etwas zu euphorisiert, aber der Song könnte auch auf "Demanufacture" stehen. An "Obsolete" hingegen erinnert vor allem das Drumming in 'Cognitive Dissonance'. Wir neigen uns dem Ende zu, doch mit 'Monolith' steht noch eine besondere Nummer an. Nicht nur lautete so lange der inoffizielle Titel des Albums, er ist eher getragen, bietet viel Atmosphäre, kaum Shouts, aber dafür ein kurzes Gitarrensolo.
Gemäß der Tradition ist der letzte Song auf einem FEAR FACTORY-Album der längste, so auch hier: 'End Of Line' zeigt nochmal in über sieben Minuten, dass die Maschine noch längst nicht erloschen ist - aber wohl einen Neustart braucht, weshalb ich "Aggression Continuum" mit einem lachenden und einem weinenden Auge höre.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jakob Ehmke