FEAR OF DOMINATION - Distorted Delusions
Mehr über Fear Of Domination
- Genre:
- Industrial / Electro / Modern Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Inverse Records
- Release:
- 07.02.2014
- PaperDoll
- Wicked World
- Violence Disciple
- Parasite
- Deus Ex Machina
- Organ Grinder
- II
- Legion
- Needle
- Dead Space
- The Great Dictator
- Legion (Kuroshio Remix)
Industrial-Freakshow mit Suchtpotential
Erinnert sich noch jemand an eine Band namens PITCHSHIFTER? Nein? Okay, aber MINISTRY oder NINE INCH NAILS dürften der Mehrheit unserer Leser ein Begriff sein, richtig? Gemein ist diesen Kapellen, dass sie als Begründer des Industrial Metal gelten, dessen kurze Blütephase spätestens zur Mitte der 90er Jahre schon wieder vorbei war. Einige dieser Bands haben sich noch irgendwie über Wasser gehalten, teils auch weiterhin respektable musikalische Beiträge hervorgebracht, doch hatte sich die Welt des Heavy Metal längst in andere Richtungen weiterentwickelt. 20 Jahre später greifen allerdings vermehrt junge Formationen die charakteristischen Industrial-Soundelemente wieder auf. Aus Finnland stammt eine Band namens FEAR OF DOMINATION, deren heuer erscheinendes Album "Distorted Delusions" mit zum Besten gehört, was seit langem unter der Bezeichnung "Industrial" veröffentlicht wurde.
"Shock-Industrial Metal" nennen die sechs Nordmänner ihren Musikstil - tatsächlich lässt sich die von den Finnen praktizierte Musik nicht leicht kategorisieren. Der straighte, stampfende Industrial-Groove, die elektronischen Spielereien sind das eine, doch der Sound auf "Distorted Delusions" ist viel facettenreicher angelegt. Dezente Horroreffekte, mannigfaltige Keyboard-Spielereien, hochklassige Gitarrensoli, sowie enorm abwechslungsreiche Gesangseinlagen verleihen FEAR OF DOMINATION einen wahrhaft originellen musikalischen Rahmen. Und die elf Tracks auf "Distorted Delusions" fallen durchweg stark, ja hochklassig aus! Zu Beginn wird nicht lange gefackelt und mit 'PaperDoll' gleich mal eine eingängige, düstere Industrial-Hymne abgebrannt. Das Teil hat den Ohrwurmfaktor eines Pop-Songs, aber die Härte edelsten Todesstahls. FEAR OF DOMINATION stellt im Übrigen eine vollständige livetaugliche Bandbesetzung; gerade die amtliche Schlagzeugarbeit sorgt durch ein für Industrial-Verhältnisse sehr abwechslungsreiches Spiel für erfreulich viele schwermetallische Momente.
Dezente NuMetal-Elemente peppen 'Violence Disciple' auf, das enorm flott, knackig und grimmig aus den Boxen hämmert. Überhaupt ist das Tempo auf "Distorted Delusions" durchweg am oberen Limit. Aus der Reihe fällt da vor allem 'Parasite', das im Halftime-Rhythmus, garniert mit schaurigen Verzierungen und einem einfühlsamen, tragischen Refrain für Gänsehaut sorgt. Sänger Saku Solin variiert seine Stimme wie schon erwähnt sehr gekonnt, und zwar im ganzen Spektrum zwischen zerbrechlich-hohem und düster-tiefem Klargesang und fiesem gutturalem Geschrei. Aber auch ganz allgemein gelingt es den Finnen, für erfreulich viel Abwechslung auf ihrem dritten Langspieler zu sorgen: 'Needle' wird von einer Gastsängerin aufgewertet; übrigens einer von mehreren Momenten, an denen FEAR OF DOMINATION genüsslich durch Gothic-Rock-Gefilde streunt. 'Dead Space' klingt wiederum so rotzig-rockig, dass man sich an modernen Power Metal von STRATOVARIUS und den 2013er Output "Nemesis" der Skandinavier erinnert fühlt. 'The Great Dictator' trägt an Pathos und Tragik vielleicht eine Spur zu dick auf, fügt mit den symphonischen Elementen diesem irrwitzigen Potpourri jedoch noch erfolgreich eine weitere Facette hinzu.
Etwas mehr Variation in Sachen Tempo hätte "Distorted Delusions" bei allem Abwechslungsreichtum dennoch gut zu Gesicht gestanden; die hohe Schlagzahl wirkt auf Dauer nämlich auch etwas ermüdend – vor allem in Kombination mit den spacig quietschenden Keyboard-Sounds, die das Nervenkostüm des Verfassers über die 51 Minuten Gesamtspielzeit hinweg doch spürbar strapazieren. Der Rest ist großes Kino. FEAR OF DOMINATION liefert mit eingängigen Refrains und mitreißenden Arrangements genau das, was ich bei EVER SINCE vermisst habe. Industrial is still alive? Ich würde sagen, "Distorted Delusions" ist weit mehr als nur ein Lebenszeichen.
Anspieltipps: PaperDoll, Parasite, Violence Disciple
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause