GREEN CARNATION - Leaves Of Yesteryear
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2020
Mehr über Green Carnation
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Season Of Mist (Soulfood)
- Release:
- 08.05.2020
- Leaves Of Yesteryear
- Sentinels
- My Dark Reflection Of Life And Death
- Hounds
- Solitude
Trotz langer Songs eingängig und gefühlvoll. Willkommen zurück!
Ach wie schön! GREEN CARNATION war in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends ein wichtiger Faktor in meinem musikalischen Portfolio. Im Dunstkreis von anderen melancholischen Prog-Bands wie KATATONIA, ANATHEMA oder auch PAIN OF SALVATION haben die Norweger ein paar sehr stimmungsvolle und vor allem eigenständige Alben veröffentlicht. Für viele gilt "Light Of Day, Day Of Darkness", bestehend aus nur einem einzigen, einstündigen, noch ziemlich vom Doom durchzogenen Track, als das Vorzeigestück der Band. Ich persönlich habe aber die Alben mit den kürzeren, eigängigeren Songs, vor allem "A Blessing In Disguise" und "The Quiet Offspring" herrlich lieb gewonnen. Das letzte Lebenszeichen der Band um Bandkopf Tschort (auch bekannt aus EMPEROR, CARPATHIAN FOREST, BLOOD RED THRONE und SATYRICON) waren ein Akustikalbum (zum Review von "Acoustic Verses") und eine Live-DVD; aber nach 2007 schien es, dass sich die Band - bis auf sehr seltene Auftritte - still und heimlich verabschiedet hätte.
Mit einem Paukenschlag ist sie nun zurück! Kurz zusammengefasst gesagt, knüpft GREEN CARNATION musikalisch und qualitativ an die goldenen Tage Anfang/Mitte der 2000er an und bedient dabei gekonnt beide Fan-Lager, die Longtrack-Anbeter und die, die eher auf einprägsame Düsterhymnen und leicht proggeligen 70er-Sound stehen. Das zeigt schon der eröffnende Titelsong: ein prägnantes Doom-Riff trifft auf herrliche Sorrow-Leads, die dann mit samtweichen, leicht symphonischen Keyboards unterlegt werden. Kjetil Nordhus' eskapistischer Gesang ist darin sofort wieder zu erkennen und man heißt ihn willkommen wie einen lange nicht gesehenen alten Freund. Flotter wird es mit 'Sentinels', das ein wenig wie eine typische Endneunziger Gothic-Rock-Hymne im bekannten GREEN CARNATION-Gewand wirkt.
Mein persönlicher Höhepunkt ist aber der fünfzehnminütige Epos 'My Dark Reflections Of Life And Death'. Nanu, werden Bandkenner jetzt wohl denken. Den Track gibt es nämlich schon auf dem Debüt "Journey To The End Of The Light", doch dieser wird hier im neuen Gewand präsentiert. Im Prinzip ähneln sich Versionen, vor allem das schnittige, zum ekstatischen Headbangen verleitende und immer wieder auftauchende Hauptriff brilliert erneut. Ansonsten ist die neue Version stellenweise etwas flotter und hat weniger Gothic-Flair. Manche alte Fans könnten den weiblichen Gesang von Vibeke Stene (ex-TRISTANIA) zum Finale vermissen. So oder so ist dieser Song ein kleines Meisterwerk harter Musik aus den letzten zwanzig Jahren. Dass GREEN CARNATION solche Songs aber auch noch heute schreiben kann, beweist das folgende 'Hounds', der nächste Zehnminüter, auch wieder mit knulzigen Doomriffs ausstaffiert und weitläufigen Melodien garniert, so wie es eben über die Jahre zum GREEN CARNATION-Markenzeichen geworden ist. Der fünfte und letzte Song 'Solitude' ist dann eher zum Ausschnaufen, dominiert von Ambient-Klägen, Piano-Tupfern und sanftem Gesang.
Insgesamt gesehen ist "Leaves Of Yesteryear" also eine sehr runde Sache, die Fans, und die die es noch werden wollen, sehr zufrieden stellen dürfte.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker