GRETA VAN FLEET - Anthem Of The Peaceful Army
Mehr über Greta Van Fleet
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Universal Republic
- Release:
- 19.10.2018
- Age Of Man
- The Cold Wind
- When The Curtain Falls
- Lover, Leaver (Taker, Believer)
- You're The One
- The New Day
- Mountain Of The Sun
- Brave New World
- Anthem
Der Hard-Rock-Hype des Moments. Berechtigt.
Kaum zu glauben, dass es kein Review gibt zu dem Hard Rock Album des Jahres 2018 schlechthin. Die Debüt-Scheibe hatte ich vor kurzem schon rezensiert, jetzt lege ich einen Bericht zum aktuellen Chart-Topper nach. GRETA VAN FLEET wird vorgeworfen, letztlich eine reine LED ZEPPELIN-Kopie zu sein. Das ist Quatsch. Ich habe heute zum Frühstück "III" gehört und jetzt läuft "Anthem Of The Peaceful Army", und die Jungspunde setzen eigene Durftmarken. Dass der Zeppelin-Vergleich nicht verschwindet, liegt aber auf der Hand, denn Joshua Michael Kiszka singt halt doch sehr Plant-lastig.
Insgesamt hat sich die Truppe seit dem Debüt noch weiterentwickelt. 'Age Of Man' mit seinem alles überragenden Refrain ist sicher eine der besten Hard-Rock-Nummern der letzten 30 Jahre. Wahnsinn, wem da keine Gänsehaut herunter läuft, lebt wohl ohne Gefühle. Auch die Instrumentalfraktion holt alles heraus. Ich habe es schon bei der EP behauptet, und ich stehe auch jetzt dazu: Diese Band klingt absolut wie 1970. Viele Retro-Rock-Bands versuchen, den Spirit der Siebziger zu reproduzieren. GRETA VAN FLEET gelingt das ohne jede Mühe, sie atmen dieses Jahrzehnt. Umso bemerkenswerter ist Platz 3 in den deutschen und in den US-amerikanischen Albencharts. 'The Cold Wind' begeistert mit leichtem Southern-Rock-Flair, irgendwo zwischen den ALLMAN BROTHERS und LYNYRD SKYNYRD. Einzig der Gesang sorgt für zeppelineske Gefühle. Eine echte Gute-Laune-Nummer, die vor allem vom Groove lebt. Warum 'Where The Curtain Falls' als erste Single ausgekoppelt wurde ist mir etwas schleierhaft. Der Basslauf gefällt, ebenso die rasanten Vocals und die sonnigen Gitarrenriffs, aber es ist nicht gerade der eingängigste Song der Scheibe. Das schwindelerregende Niveau hält er aber. 'Watching Over' ist dann schon ruhigerer Natur. Der aggressive Gesang, der im Refrain phasenweise klasse oktaviert gedoppelt wird, sorgt aber dafür, dass es sich weiter um eine etwas depressive Rock-Geschichte handelt. Das soulige Gitarrensolo führt in selige Motown-Zeiten zurück.
'Lover, Leaver (Taker, Believer)' könnte irgendwie ein Titel auf einer MR. BIG-Scheibe sein. Aber statt in die frühen Neunziger guckt man wieder in die Siebziger zurück. Die HBO-Serie "Vinyl" hätte sich auf solche Nummern für den Soundtrack gefreut. Bei den Harmonien denke ich auch an STEVIE WONDER in den Siebzigern. Die zweite Single 'You're The One' genießt zwar ein sehr traditionelles Klavierspiel und erinnert von den Gitarrenharmonien klar an die EAGLES, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch eine (Post-)Grunge-Truppe auf diese Harmonien zurückgreifen können. Ein Stück weit ist der Song damit für mich der "modernste" Titel der Truppe. Und das gelingt den Jungs verdammt gut. Die immer stärker eingesetzten Hammond-Klänge sind jedenfalls der Knaller und führen nahe an Gospel und Soul heran. Wer Gitarren einsetzt wie GRETA VAN FLEET auf 'The New Day' sollte im Songwriting von allen Managements und Plattenfirmen Narrenfreiheit erhalten. Dazu singt Joshua wieder in seinen Plant-lastigen Linien und erreicht herausfordernde Höhen. Ob er das so in Live-Situationen reproduzieren kann? Für uns hier ist das egal. Der 'Mountain Of The Sun' begegnet uns mit THE WHO-Gute-Laune-Klängen. 'Brave New World' gibt es natürlich schon von IRON MAIDEN oder MOTÖRHEAD, aber dann halt noch mal. Schön ist, dass diese Variante es mit den Hits von Lemmy und den Jungfrauen aufnehmen kann. 'Anthem' ist dann die erhoffte Hymne zum Schluss. Genial, wie hier mit Chören gearbeitet wird, auch die akustische Gitarre, eines der Markenzeichen der Band, wird wieder großartig eingesetzt und die warmen Percussion-Klänge nehmen uns in den abschließenden harmonischen Wahnsinn mit hinein.
Ich kann nicht anders, ich muss die Höchstnote zücken. GRETA VAN FLEET ist eines dieser Alben ohne Ausfälle gelungen, angereichert mit einigen Überhits. Dazu ist die Band, jawohl, ich behaupte es, wirklich eigenständig. Wer eine reine LED ZEPPELIN-Kopie sucht, darf an anderer Stelle weitersuchen. Kaum eine Band hat, noch dazu in so unglaublich jungem Alter, so dermaßen gut die echten Trademarks der Siebziger erkannt und auf ganz eigene Art recycelt. Die Jungs klingen wie aus der Zeit gefallen, aber nie verstaubt. Das Songwriting auf oberstem Niveau tut sein übriges. Eigentlich kann ich nur so schließen: Klare Kaufempfehlung für alle Fans authentischer Rockmusik.
Anspieltipps: Age Of Man, You're The One, Anthem.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Jonathan Walzer