HOLOCAUST - Elder Gods
Mehr über Holocaust
- Genre:
- Heavy Metal / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Sleaszy Rider Records / H'ART
- Release:
- 19.04.2019
- Elder Gods
- Children Of The Great Central Son
- Ishtar
- Observer Two
- Eon Of Horus
- Astaroth
- Solaris
- Benedictus
- Natural State
Ein würdiger Nachfolger zum Album des Jahres 2015, wenn auch mit einigem Wandel.
Etwas mehr als drei Jahre ist es her, dass es drei alten Schotten gelungen ist, mit ihrem Comebackalbum nach ellenlangem Dornröschenschlaf sowohl mein Herz im Sturm zu erobern als auch bei unserer damaligen Soundcheck-Crew einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen. Ja, "Predator" war völlig unerwartet mein Album des Jahres 2015, und da sind meine Erwartungen an den Nachfolger "Elder Gods" natürlich durchaus stattlich. Immerhin hat es dieses Mal keine zwölf Jahre gedauert und wenn wir uns der Musik des neuen Albums langsam und erwartungsfroh nähern, dann fällt sogleich auf, dass sich einmal mehr bestätigt, dass keine zwei aufeinander folgenden HOLOCAUST-Alben gleich klingen. Das macht den Kontakt mit der neuen Scheibe zwar jedes Mal zu einer Herausforderung, aber es macht das Leben als Fan der Truppe um Bandgründer und Frontmann John Mortimer auch besonders spannend. Wo "Predator" wuchtiger, monolithischer und rifforientierter war, da betont "Elder Gods" über weite Stecken etwas progressivere Neigungen, ohne gänzlich mit der Vorlage zu brechen.
Das eröffnende Titelstück präsentiert sich zunächst einmal sehr typisch für HOLOCAUST, mit einem hackenden Riff, stoischem Beat und abgedrehten Hooks, sowohl beim Gesang als auch bei den Leadgitarren. John Mortimers Gesang zeigt hypnotische Momente, aber auch ein angriffslustigeres Timbre. Doch schon an zweiter Stelle zeigt 'Children Of The Great Central Sun' einen weitaus progrockigeren Ansatz, sitarartige Orientalik scheint sich beizumengen, der Gesang wird sehnsüchtiger, fragiler, ätherischer, was sich auch auf die Melodieführung und den vertrackten Groove überträgt. Allgemein finden sich an vielen Stellen lockere Akustikgitarren mit offen geschlagenen Akkorden und auch etliche psychedelische, spacerockige Passagen. Auch der Krautrock der späten Sechtziger und frühen Siebziger huscht gelegentlich durchs Klangbild, und das alles illustriert auf hypnotische Weise ein spannendes Konzept über die alten Götter, das vielleicht, vielleicht aber auch nicht, von "American Gods" inspiriert sein könnte und seinen Dreh- und Angelpunkt im mächtigen neunminütigen Babylon-Epos "Ishtar" findet.
Wer nun allerdings denkt, dass er vielleicht die Band streckenweise nicht wiedererkennen könnte, der mag beruhigt sein, denn die Schotten bewegen sich weiterhin im von ihnen selbst sehr weit gesteckten stilistischen Rahmen und sicherlich erinnert ihr euch daran, dass beispielsweise auch zu Zeiten von "No Man's Land" schon weitaus ruhigere Prog-Klänge angeschlagen wurden. Zugegeben, heute, zu dieser Zeit, und nach "Predator" mag der kompositorische Ansatz der neuen Scheibe durchaus ein wenig überraschen, doch diese Unberechenbarkeit machte HOLOCAUST seit jeher aus. Und natürlich gibt es auch die unverkennbaren und erhebenden Momente, in denen HOLOCAUST ganz Metalband ist und die typischen schweren Riffs zum Besten gibt, mit einem dezenten Hang gen Industrial und Crust, für die wir die Band lieben; etwas sparsamer als zuletzt, doch prägnant wie immer und hervorragend zum Konzept passend. So ist das kurze Instrumental 'Observer Two' eine herrliche Gitarrenabfahrt in schneidendem Sound, die den harten Kracher 'Eon Of Horus' ganz fantastisch einleitet, der im angezogenen Midtempo bis gemäßigten Uptempo äußerst Headbanger-kompatibel aus den Boxen hämmert.
Das spacige 'Astaroth' räumt dann wiederum den akustischen Gitarren viel Raum ein, bevor 'Solaris' die entrückteste, psychedelischste Seite der Band zeigt, hier ein wenig Calvert-Ära HAWKWIND aufflackern lässt und sich dort ein Stück weit in die Nähe mittlerer VOIVOD-Werke wie etwa "Angel Rat" begibt. Ein besonderes Schmankerl ist sodann 'Benedictus', bei dem direkt zum Einstieg die Sologitarre ein herrliches Melody-Lead gleich einem Laserstrahl gen Himmel schickt, vor vertrackten Cymbals und sphärischen Chören, bevor sich das Stück in einen wunderbar geschmeidigen Melodicrocker mit progressiv-spaciger Note entwickelt, der in Sachen Leadgitarrenarbeit seinesgleichen sucht. Wenn das Album zum Ende dann in der nachdenklichen, reflektierten Outer-Space-Halbballade 'Natural State' verklingt, die erneut einen deutlichen Calvert-Touch mitbringt, dann wissen wir, dass John Mortimer, Mark McGrath und Scott Wallace einmal mehr ganze Arbeit geleistet und uns ein hervorragendes, spannendes und unkonventionelles HOLOCAUST-Album kredenzt haben, das Abwechslungsreichtum sehr groß schreibt und kompositorisch voll überzeugen kann.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle