HONIGDIEB - Einzig, aber nicht artig
Mehr über Honigdieb
- Genre:
- Kunterbunt
- Label:
- Kunterbunt
- Release:
- 22.11.2004
- Ichgott
- Im Stau
- Absolut
- Einzig, aber nicht artig
- Überholspur
- Unterwegs in Sachen Liebe
- Schwarzer Peter
- Pornostar
- Schnucki-Puppi
- Mädchen
- Meditation
- Sonne, Mond und Sterne
- Auf dem Berg am See
Der HONIGDIEB hat eine herbe Stimme, ein wenig so wie etwa Klaus Lage oder Frank Zander. Frech klaut er sich verschiedene Versatzstücke aus unterschiedlichsten Stilen zusammen und klebt daraus seinen ausgefallenen, augenzwinkernden Extrempop aus pumpenden Beats, Ska-Rhythmik, Soulfunk-Bässen, Popmelodien, mal zwitschernden und mal jauchzenden Flötentönen, 80er-Jahre-Schunkel-Keyboards und auch schon mal heftig rockenden Gitarren.
"Einzig, aber nicht artig" scheint dem HONIGDIEB mehr als nur ein cleverer Albumtitel und eine abwechslungsreiche Pogo-Polka-Klezmer-Ska-Hymne zu sein, nämlich sein ureigenes Motto. Denn dieser HONIGDIEB ist ein wahres Kind der Sonne; selbst durch gesellschaftskritische Stücke scheint ein gewisser Grundoptimismus durch. Hinter dem Pseudonym HONIGDIEB steckt die Band eines gewissen SIR HANNES SMITH . Als Punkveteran erster Stunde hat er es nicht nötig, irgendeinem Image nachzuhängen; und für eine No-Future-Einstellung ist das Leben ohnehin viel zu kurz. Punk bedeutet hier Do-it-yourself, also das Gegenteil von Jammern - aber auch klare Ansagen. So wendet sich 'Schwarzer Peter' an seelische Groovebremsen: >>Mach mir doch kein Kopfweh! Deinen Müll möchte ich auch nicht!<< Ein klatschender Beat, schwirrende Riffs, feiste Rockgitarren und schrille Flöten stimmen dazu eine Art tanzbaren Hummel(sturz)flug an. Dass deftig schmatzende Beats und leicht-heitere Melodien in keinem Widerspruch stehen müssen, zeigt Smith schon gleich zu Anfang und propagiert dabei noch gleich sich selbst als 'Ichgott'. Flöten-Ska zum Thema 'Im Stau' stehen liegt ihm ebenso im Blut wie der harte Tango-Rhythmus, der sich durch 'Absolut' groovt, wenn funkige Bässe von glücklichen Fiedel- und Flötentönen begleitet werden.
Doch der HONIGDIEB kann auch anders: Locker-groovig und metallisch-hart zugleich gibt er Gas auf 'Überholspur'. Mit jazziger Rhythmik, dichten Gitarrenriffen und hypernervösem Flöteneinsatz kritisiert er dort Ellenbogenmentalität und Stressgesellschaft aus der - freilich allein schon durch die Musik ironisierten - Innenperspektive.
Textlich gibt sich Smith ohnehin recht harmlos. Sein HONIGDIEB nimmt nämlich die amüsiert bis listig lächelnde Haltung eines Narren ein: Zum Beispiel als 'Pornostar', der sich natürlich für >>unverwechselbar<< hält, wenn er >>von Kuscheln bis Tier<< seinen Mann steht. Oder auch in 'Schnucki-Puppi', einem augenzwinkernden, beschwingten Schlagersong mit lockerer Melodie und polkamäßigem Refrain, auf den ein WOLFGANG PETRY allein schon wegen seiner Ohrwurmqualitäten wohl ziemlich neidisch wäre. Oder wie Mille von KREATOR es einmal ausdrückte: >>Der HONIGDIEB zaubert euch ein fettes Grinsen auf eure Frustfressen!<<
Kein Wunder, dass auch Tourkollegen wie IGGY POP oder Andrew Eldritch von den SISTERS OF MERCY den guten Hannes loben, dass Phillip Boa ihn als Vorbild nennt, dass selbst die Hip-Hopper von CYPRESS HILL und den FANTASTISCHEN VIER ihn schon auf Tour mitnahmen: Melodische Abwechslung verbindet sich hier mit einem unfehlbaren Gespür für den zwingenden Rhythmus und einem selbstbewussten Auftreten: Da tanzen im einen Moment noch derwischartiger Pogopunk, WESTERNHAGENS Deutschrock-Groove und klassische Blues-Metal-Riffs einen bunten Reigen um das 'Mädchen' mit dem kirsch-kirsch-roten Mund, und darauf folgt im nächsten dann eine 'Meditation', 'Sonne, Mond und Sterne' gehen mit volltönenden Bläsern, lustig gezupftem Banjo und lässigem Pfeifen zugleich auf, und zum Abschied gibt es mit 'Auf dem Berg am See' gar noch eine romantische Ballade mit gefühlvollem Gesang und zarten Streichern. Ganz zum Abschied? Nein! Denn ein kleiner unbeugsamer Rauswerfer leistet der Versonnenheit noch immer erbitterten Widerstand: Da breitet Sir Hannes in einem Hidden Track noch einmal seinen gesamten Trademark-Sound aus - als musikalisches Medley versteht sich, denn so viel(e) Stil(e) muss man erst mal unterbringen; vor allem, wenn es darum geht, wer das eigentlich ist, der HONIGDIEB. Das muss man selbst gehört haben, sonst kann man sich davon ohnehin keine Vorstellung machen.
Quizfragen:
Wie lassen sich die BUSTERS mit den BATES und die wiederum mit IN EXTREMO verknüpfen?
Was verbindet FRANK ZANDER, GIORA FEIDMAN und DICK BRAVE?
Und was, ja was bloß, hat eine alltagspoetische ostdeutsche Band wie KEIMZEIT mit britischen Musikexperimentatoren wie BIG AUDIO DYNAMITE gemeinsam?
Ganz einfach - sie alle sind potenzielle Beute für den HONIGDIEB!
Anspieltipps: Schwarzer Peter, Mädchen, Auf dem Berg am See [+HIDDENTRACK(!)]
- Redakteur:
- Eike Schmitz