KARLOFF - The Appearing
Mehr über Karloff
- Genre:
- (Black) Punk
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Dying Victims Productions
- Release:
- 03.08.2021
- My Misanthropic Kingdom
- The Sound Of Discipline
- Hate Consumer
- Skeleton And Ashes
- Nihilistik Reaction
- Winterlude
- Superior Presence of Cruelty
- On The Old Ropes
- A Violent Winter
Was hat William Henry Pratt mit angeschwärztem Punkrock zu tun?
Er war zumindest der Namensgeber der seit 2018 bestehenden deutschen Punkband KARLOFF. Pratt, seines Zeichens englischer Theater- und Filmschauspieler nannte sich seit Beginn der Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts "Boris Karloff" und machte in bereits leicht fortgeschrittenem Alter von 44 Jahren, damals noch in schwarz-weiß, Leinwandkarriere als Frankensteins Monster. Nun ja, und da Bandleader Tom "Horrified" Hoffmann, ebenfalls Mitglied der Death-Metal-Band GRAVEYARD GHOUL, den Sound von KARLOFF aus Oldenburg im englischsprachigen Info-Blatt von Dying Victims Productions aus Essen als "raw obscure punk turns into blackness" beschreibt, schien ihm das Pseudonym des Horrorfilm-Schauspielers wohl ganz prima als Bandname zu passen. Musikalisch orientiert sich das Punk-Trio aus Niedersachsen an Bands in der Schnittmenge aus Black Metal, Hardcore und Punkrock; als Einflüsse werden unter anderem CRO-MAGS und CARNIVORE angegeben. Vor allem vom erreichten Sound sowie von den meisten Songstrukturen her betrachtet, sind die neun musikalischen Erzeugnisse von KARLOFF auf dem Album-Debüt "The Appearing" deutlich im Hardcore-Punk verhaftet. Die grundlegende Power, der Druck und die Aggression, die von der Zielgruppe dieser Musik vorausgesetzt werden, stimmen auf diesem dreißigminütigen Album von Anfang an.
Dabei geht man verglichen mit vielen Bands dieses riesengroßen Genres geradezu progressiv und sehr detailverliebt zu Werke. So entstammen die ersten introartigen Klänge des Openers 'Misanthropic Kingdom' einem Klavier oder Keyboard und leiten das Stück sehr atmosphärisch ein. Es wird spätestens mit Einsetzen der Marschrhythmik klar, dass hier nicht die MISFITS als Vorbild dienten, sondern musikalisch höhere Weihen angestrebt wurden, auch wenn das Hardcoreriffing das Album über weite Strecken dominiert. Im Laufe der nächsten Stücke kann sich der Hörer immer mehr vom kräftig-rohen, dennoch gut differenzierten, meist recht metallischen Sound der Scheibe begeistern lassen. Bei allem Wohlklang erkennt man mit wachsender Anzahl der Hördurchläufe jedoch auch den Schwachpunkt von "The Appearing" im etwas schmalen Abwechslungsreichtum des Songwritings. Zwar geht man sowohl Lautstärke, Tempo und Intentsität der Musik betreffend sehr dynamisch und somit auch packend zur Sache, leider gerät trotz der Kürze der Stücke mancher Songteil dann doch etwas zu lang für die Geduld der zuhörenden Ohren. Der Eindruck der Eintönigkeit wird zudem durch den Brüllgesang gestärkt. Dieser passt zwar grundsätzlich, verfällt jedoch sehr häufig immer in dieselbe Sprechrhythmik: kurz - kurz - lang, in gefühlt endlosen, sedierenden Wiederholungen, wenn auch in verschiedenen Tempi. In meiner Wahrnehmung wirkt sich diese rhythmische Ideenlosigkeit im Gesang zu negativ auf die Gesamtwirkung der Musik von KARLOFF aus. Positiv möchte ich anmerken, dass die Klangfarbe schon sehr an Tom G. Warrior von CELTIC FROST erinnert. Daher "uht" es wohl auch dezent an so mancher Stelle des Albums...
Atmosphärisch zückt die Band so manchen blackmetallischen Kniff in Stücken wie 'Skeleton And Ashes' oder 'Superior Presence Of Cruelty'; verfremdete Leads und flirrend zerfaserte Riffs fließen somit nicht selten in das rhythmisch für eine Punkband relativ komplexe Klangbild von KARLOFF mit ein. Dabei überschreitet man die Grenze zum Black Metal zu keinem Zeitpunkt des Albums völlig. Sehr gelungen finde ich die überaus gekonnt beklemmende Stimmung schaffende "Winterlude", in der offenbar Fahrgeräusche aus dem Zwischenabteil eines Zuges verwendet wurden. Leider schließt sich an diese vortrefflich erzeugte Spannung nicht sofort ein daraus erwachsender Song an, das wäre ein Knüller gewesen!
Abschließend kann ich sagen, dass dieses Album mir mit jedem Hören etwas besser gefallen hat. Vor allem der Gesamtsound hat mich überzeugt. "The Appearing" ist für Genrefans mit Sicherheit ein Antesten wert, wenn nicht gar ein Pflichtkauf! Blackmetaller ohne Scheuklappen könnten an diesem Album auch Gefallen finden.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timo Reiser