KERMANIA - Kehre heim
Mehr über Kermania
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Van / Soulfood
- Release:
- 10.10.2014
- Kehre heim
- Holde auf seidnem Fuß
- Kalter Nebel
- Der bucklige Knecht
- Ungewohnte Last
- Für die Heimat
- Begleite mich fort
Trotz gewisser Längen ein überzeugender, atmosphärischer Tipp für BM-Mystiker.
KERMANIA aus Nordrhein-Westfalen, das Soloprojekt des Herrn Weigand (live auch bei TRUPPENSTURM aktiv) hat es offenbar nicht eilig, und vor allem weiß der Mann, dass Musik mitunter Zeit braucht, um reifen zu können. Damit ist er bei Ván Records gut aufgehoben, denn auch das Label ist nicht für Schnellschüsse, sondern für sauber ausgearbeitete Qualität bekannt. So dürfen wir uns also 13 Jahre nach der Gründung und immerhin stolze acht Jahre nach dem Debütalbum auf KERMANIAs Zweitwerk "Kehre heim" freuen, das auf derselben Plattenfirma erscheint wie schon der Vorgänger "Ahnenwerk".
Was wird uns nun geboten? Nun, mit dem Schlagwort des atmosphärischen Black Metals ist schon sehr viel gesagt, und wenn man diesem dann auch noch mit den Attributen leicht folkloristisch, erhaben, getragen, elegisch und dabei doch voll positiver Energie zu Leibe rückt, dann ist das Klangbild schon recht gut umrissen, das euch erwartet, wenn ihr "Kehre heim" in die heimische Anlage legt. Von der Atmosphäre her hat KERMANIA gerade beim starken Opener für mich einiges von einer deutlich metallischeren Antwort auf neuere SÓLSTAFIR-Werke, doch das ist längst nicht alles. Vielmehr begegnen uns hier und da auch andere Facetten, welche das Hörerlebnis spannender gestalten und dafür sorgen, dass wir es zwar mit einer im Stile festen, dabei aber keineswegs generischen Band zu tun haben.
So stoßen wir bei 'Kalter Nebel' auf einige starke Reminiszenzen in Richtung Ennio-Morricone-Soundtracks, gerade was die teils akustischen Arrangements, die pfeifenden Flötentöne um die zweite Minute herum, und die sehr wilde Dramatik angeht. Dazu erklingt eine heißer und sehnsuchtsvoll kreischende Stimme, die sich ziemlich genau in der Mitte zwischen Aðalbjörn Tryggvason und Varg Vikernes befindet, und somit natürlich perfekt zu den instrumentalen Klanglandschaften passt, welche die Band zeichnet. Ein stolzes, leicht pathetisches, naturmystisches und patriotisches, heimatverbundenes Gefühl strahlt "Kehre heim" allzeit aus, doch hat das Album auch gewisse Längen, etwa wenn sich 'Holde auf seidnem Fuß' über gut zehn Minuten ausbreitet und im letzten Drittel einen sehr ausgedehnten, perkussiv begleiteten Ambientpart sehr ausführlich zelebriert. Auch das verspielte, postrockige, dabei sehr entspannt wirkende und flächig klingende Instrumental 'Der bucklige Knecht' ist mir bei aller Faszination vor allem für das feine Bassspiel einen Tick zu lang geraten, doch zieht es mich gleichwohl mit jedem Durchgang mehr in seinen Bann.
Das weitgehend im Midtempo gehaltene Album erhält im Einstieg zu 'Ungewohnte Last' eine willkommene Wendung in doomige, schleppende Gefilde. Hier sind dann auch die Gesangselemente tiefer, modriger, sich mehr gen Doom/Death neigend, was dem einen oder anderen Hörern möglicherweise gewisse Gedankenblitze in Richtung solcher Zeitgeister wie VALBORG auf die Hirnrinde zaubern könnte. Über einige sehr schöne Arrangements zum ersten Drittelwechsel hin bewegt sich dieser Song jedoch auch wieder in die für KERMANIA typischen Gefilde. Klar gesungene Berserkerstimmen stimmen sodann die verhältnismäßig kurze und dabei hochmelodische und epische Ode 'Für die Heimat' an, die heftig in den Nacken geht, bevor das Album im ausgedehnten 'Begleite mich fort' dann wieder bandtypisch, harsch und klirrend endet.
"Kehre heim" ist somit ein sehr willkommenes Comeback, mit welchem KERMANIA sicherlich sehr viele Freunde unter den Anhängern des elegisch-erhabenen Black Metals mit Atmosphäre finden wird, da das Album einfach mit sehr fein ausgearbeiteten Arrangements, einem wuchtigen und dennoch natürlichen Sound, sowie prägnanten Melodien glänzt. Dass in diesem Stilbereich gewisse Längen und Perseverationen beinahe unausweichlich sind, das ist im Zweifel gewollt und programmatisch bedingt. Mich hält es dennoch von einer Höchstwertung ab, nicht jedoch von einer sehr ernst gemeinten Empfehlung an alle Genrefans, sich unbedingt näher mit der Band zu befassen.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle