LACUNA COIL - Shallow Life
Mehr über Lacuna Coil
- Genre:
- Modern Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Century Media
- Release:
- 17.04.2009
- Survive
- I Won't Tell You
- Not Enough
- I'm Not Afraid
- I Like It
- Underdog
- The Pain
- Spellbound
- Wid Awake
- The Maze
- Unchained
- Shallow Life
Ein großer, großer Entwicklungsschritt - und definitiv ein Album, das rege Diskussionen anregen wird.
Dass sich an einer Band wie LACUNA COIL tatsächlich einmal die Geister scheiden würden, hätte noch zum Release einer Scheibe wie "Comalies" niemand auch nur zu vermuten mag. Seit anderthalb Dekaden feiern die Italiener als Grenzgänger im Gothic-Metal-Sektor eine selten dagewesene Unabhängigkeit, die vor allem darauf fußt, dass man sich von den Konventionen des Genres und der gesamten Szene nie hat einkesseln lassen. "Karmacode", der letzte Longplayer, schien in dieser Sache nun eine Wende einzuläuten. Zwar war der Schritt in Richtung viel modernerer Sounds alleine deswegen nur halb so kritisch zu betrachten, weil die Band ihren charakteristischen Basisklang in kaum einer Facette aufs Spiel gesetzt hatte. Doch durch die strikteren Arrangements und das allgemein viel zielstrebigere Songwriting befreiten sich Scabbia, Ferro und Co. von einigen Inhalten, die man über Jahre an der Band zu schätzen gelernt hatte. Inwiefern die Loslösung von bombastischen Schemen fortgesetzt wird, soll nun der aktuelle Silberling "Shallow Life" zeigen, der nun nach immerhin drei weiteren Jahre Studiopause eingespielt wurde. Und in der Tat: Die Entwicklung im Hause LACUNA COIL geht auch auf der fünften Full-Length rasant und radikal weiter.
Eine bedeutende Rolle in diesem Prozess spielt sicherlich Don Gilmore, Stammproduzent von Bands wie LINKIN PARK oder GOOD CHARLOTTE, der dem Klang der neuen Scheibe einen deutlichen Stempel aufgesetzt hat. Die Band selber betont, dass Gilmore einen großen Teil der schmückenden Elemente entfernt hat, um die Songs noch direkter auf den Punkt zu bringen. Die Aussage der Kompositionen, meist in den Refrains getätigt, steht noch mehr im Fokus, was für "Shallow Life" zweierlei bedeutet: Einerseits sind die Songs deutlich eingängiger als noch auf “Karmacode“. Und andererseits hat man die Elemente, die man seinerzeit noch der Gothic-Schiene zuordnen konnte, nun beinahe komplett über Bord geschmissen und einem basischeren, dennoch weitestgehend metallischen Sound zu opfern.
Dementsprechend gewöhnungsbedürftig ist die neue Platte vor allem beim ersten Durchlauf, in dem die nunmehr weniger dezent eingestreuten Pop-Harmonien besonders krass anmuten. Die orientalischen Begleiterscheinungen im Opener 'Survive' sind hier noch ganz unscheinbar, die überraschend plastische Hookline im nachfolgenden 'I Won't Tell You' hingegen schon ein erster kleiner Schockmoment, der sich aber nach und nach wieder auflöst, wenn man die darin verwobenen Kontraste aufgesogen hat. Der klassische Bandsound trifft hier auf das Fundament der letzten beiden PAIN-Alben und zwingt sich zu einem durchweg eingängigen Muster. Klarer Fall, der Song braucht seine Zeit, doch genau dieser Aspekt ist schließlich auch charakteristisch für die gesamte Platte. In der Mitte genehmigen sich die Italiener dann aber doch wieder einen Schwenk zu seeligen "Unleashed Memories"-Zeiten, der aber insgesamt eine Nummer sperriger, womöglich auch progressiver ausgearbeitet ist. 'Underdog' und 'Pain' verzichten zwar ebenso wenig auf Hooklines wie die vorangegangenen und nachfolgenden Songs, jedoch geschieht hier viel mehr im Bereich der Dynamik, was den Stücken einen leicht mystischen Touch verpasst – und genau davon hätte man am Ende insgeheim ein bisschen mehr vertragen können.
Andererseits kann man dem Quintett die erneut sehr deutliche Entwicklung überhaupt nicht vorwerfen, unter anderem weil auf "Shallow Life" so viele Single-Anwärter wie auf keinem der vorherigen Alben vertreten sind. Wer der Frontdame nun Böses wollte, könnte behaupten, dies liegt an der diesmal dominanteren Rolle von Andrea Ferro an den Vocals. Die Wahrheit steckt jedoch eher in der schrumpfenden Detailverliebtheit, mit der die neue Scheibe ausgestattet ist. Alles ist kompakter, direkter und auch simpler arrangiert, ohne dass die Band dabei zu sehr von ihrem eigenständigen Gesamtklang abweicht. Das Ergebnis ist zwar dementsprechend ein wenig Pop-orientierter, dem letzten Album aufgrund der wachsenden Hitdichte aber qualitativ nicht unterlegen – und dies alleine sollte aussagekräftig genug sein, auch "Shallow Life" mit einer Investition zu belohnen.
Anspieltipps: Survive, I’m Not Afraid, The Maze
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes