LUMSK - Fremmede Toner
Mehr über Lumsk
- Genre:
- Folk / Alternative Rock / Progressive Rock
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Dark Essence Records
- Release:
- 05.05.2023
- Det Døde Barn
- En Harmoni
- Avskjed
- Under Linden
- Fiolen
- Dagen Er Endt
- Das Tode Kind
- A Match
- Abschied
- Under der Linden
- Das Veilchen
- The Day Is Done
Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.
Es gibt wohl kaum eine Sprache, die besser geeignet wäre, fest im Folk verankerte Musik, die von einer glockenhellen Frauenstimme vorgetragen wird, zu veredeln als das Norwegische. Das aktuelle Album "Fremmede Toner" von LUMSK aus Trondheim ist ein exzellentes Beispiel für diese Beobachtung. Der ausdrucksstarke Gesang und die klare Artikulation von Sängerin Mari Klingen, die 2021 zur Band stieß, sind bemerkenswert schön. "Fremmede Toner" beruht auf der gleichnamigen Gedichtsammlung des Autors André Bjerke, in der er Übersetzungen von Lyrikern aus Europa und Amerika zusammentrug. Die ersten sechs Songs haben die norwegischen Nachdichtungen zur Grundlage, die folgenden sechs dann die entsprechenden Originalfassungen.
Das aktuelle, vierte Werk von LUMSK ist das erste Album seit 16 Jahren, und die Kombination von Folk, Alternative Rock, Prog und Post Rock ist im Fall der norwegischen Übersetzungen wirklich sehr gelungen. Die Stücke sind nicht nur ätherisch entrückt, sondern ab und zu sind auch rockige Passagen eingebaut. Die Arrangements sind sehr geschmackvoll und setzen die poetischen Texte gekonnt in Szene. Akustikgitarre, Geige und Klavier stehen gleichberechtigt neben einem oft wuchtigen Schlagzeug, härteren Gitarrenriffs und kernigen Basslinien.
Da die norwegischen Versionen auf ganzer Linie überzeugen und begeistern können, stellt sich die Frage, wie es nun mit den im zweiten Teil dargebotenen Originalversionen der Gedichte aussieht. Beginnen wir am besten mit den beiden englischen Poemen. Bei 'A Match' von Algernon Charles Swinburne werden anders als bei der norwegischen Übersetzung ('En Harmoni') männlicher und weiblicher Gesang kombiniert. Ersterer ist jetzt keine Offenbarung, und meiner Meinung nach ist die lyrische Stimmung auch nicht optimal eingefangen. 'The Day Is Done' von Henry Wadsworth Longfellow wird zunächst wieder von einer männlichen Stimme eingeleitet, bis sich dann auch Maris Stimme wieder einfindet.
Kommen wir zu den vier deutschen Gedichten. Hinter 'Das Tode Kind' verbirgt sich 'Das tote Kind' von Conrad Ferdinand Meyer. Leider ist festzustellen, dass die Aussprache nicht gerade ein Hochgenuss ist. Man muss schon genau hinhören, um den Text sicher als Deutsch zu identifizieren. Von Beginn an wird mit mehr Aggressivität gerockt als in der norwegischen Fassung, was nicht so ganz zur Atmosphäre der Verse passen will. 'Abschied' stammt von Friedrich Nietzsche und trägt eigentlich den Titel 'Die Krähen schrei'n'. Das mittelhochdeutsche 'Under der Linden' wurde vom mittelalterlichen Lyriker Walther von der Vogelweide gedichtet, 'Das Veilchen' von Johann Wolfgang von Goethe. Für alle Titel gilt, dass die Herausforderung, deutschsprachige Lyrik adäquat in Liedform umzusetzen, für das Septett eine Nummer zu groß war. Poesie in schräger Aussprache und ohne das richtige Gefühl für Intonation ist keine Poesie mehr.
Fazit: Die norwegischen Nachdichtungen sind wunderbar, die englischen Gedichte ordentlich und die deutschen misslungen. Was ist da zu tun? Ein Teil von mir will applaudieren, der andere ist konsterniert. Zwar ist die instrumentale Darbietung fein, aber ich komme nicht auf mehr als sieben Punkte.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Jens Wilkens