LUNAR AURORA - Andacht
Mehr über Lunar Aurora
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Cold Dimensions
- Release:
- 08.01.2007
- Glück
- Geisterschiff
- Dunkler Mann
- Findling
- Der Pakt
- Das Ende
Hinter sphärischen, knarzenden, dunklen Ambientklängen dringt hallend gregorianischer Choral hervor, der den Titel des Albums andächtig illustriert. Dann fällt ein unglaublich wuchtiges Hauptriff ein, bevor der Opener 'Glück' in infernalische, aber sauber strukturierte, schwarze Raserei verfällt, welcher der deutschsprachige Gesang ihr finsteres Antlitz verleiht. Immer wieder flackern jedoch epische Passagen auf, mit klaren, erneut an die Gregorianik erinnernden Gesängen und anmutigen klangmalerischen Keyboards, welche vor dem inneren Auge den weiten Raum und die emporstrebende Höhe einer gotischen Kathedrale zeichnen.
Die Musik von LUNAR AURORA ist sowas wie sakrale Schwarzkunst, falls dieses Paradoxon erlaubt ist. Atmosphärisch wie gesanglich vermag man die nordischen Paten durchaus auszumachen, doch was diese Truppe vom Stapel lässt hat weit mehr als nur eigenständige Momente. Zu lange sind die Bayern schon am Start, als dass sie es nötig hätten, ausgetretene Pfade zu wandeln und festgefahrene Stilelemente zu zementieren. Die Mischung ist einfach sehr ausgewogen und mitreißend. Böser, dunkler Groove, anmutige Epik, beklemmende Soundcollagen und der dramatische Gesang zwischen Keifen, Chor und schrillen Schreien bilden eine sehr passende Einheit, welche LUNAR AURORA aus meiner Sicht an die absolute Speerspitze des deutschen Black Metals verfrachtet.
Denn ganz egal ob hier ein Riff an DARKTHRONE erinnert, dort ein Synth oder Scream an BURZUM ('Findling') oder irgendwo auch mal ein Sample oder eine bizarre Struktur an SATYRICON: Was das Trio uns auf diesem mittlerweile achten Langspieler vorexerziert nähert sich diesen Ikonen der Szene nie zu sehr. Stets schwingt etwas mit, was man in dieser Weise nicht erwartet und nicht schon x-mal gehört hat. Die spacige Ambient-Passage im letzten Viertel des zwölfminütigen Openers 'Glück' ist solch ein Moment. Ebenso die Gabe, einen hackenden Blast-Part mit elegischen Funeral-Doom-Elementen zu hinterlegen. Samples und Ambient-Klänge sind allgemein omnipräsent und so wird auch das 'Geisterschiff' mit Windbrausen, Wellenrauschen und knarzenden Planken eingeläutet. Das Hauptriff ist zäh und wuchtig, begleitet von dumpfen Schlägen, was einen mächtigen Song ergibt, der gerade auch durch die kurze Erzählerpassage richtig unter die Haut geht. Was auffällt, ist, dass sich LUNAR AURORA nicht mehr durchgängig so unzugänglich und vergeistigt gibt, wie das etwa auf "Zyklus" der Fall war, sondern sich auch mal zu richtig eingängigen Passagen hinreißen lässt, wie das etwa bei den Hymnen 'Dunkler Mann' und 'Der Pakt' der Fall ist. Das abschließende 'Das Ende' greift augenscheinlich die "Weltengänger"-Thematik wieder auf und bringt die Sage um LUNAR AURORA zu einem (vorläufigen?) Ende. Gerade der Song hat gesanglich noch mal einige BURZUM-Reminiszenzen sowie haufenweise fesselnde Riffs und Melodien im Gepäck.
Nach alledem bleibt mir nur zu konstatieren, dass LUNAR AURORA mit "Andacht" ein weiterer Volltreffer gelungen ist, der sich in eine lange Tradition von Ausnahmewerken einreiht und in Sachen deutscher Black Metal absolut Maßstäbe setzt, an denen kaum eine einheimische Band kratzen kann und auch international spielen unsere bajuwarischen Freunde ganz vorne mit, ohne sich in größerem Maße musikalischer oder lyrischer Klischees und Trends zu bedienen. Ganz groß! Bleibt zu hoffen, dass 'Das Ende' nicht das Letzte sein wird, was wir von LUNAR AURORA gehört haben, denn zumindest mittelfristig hat die Band angekündigt, sich anderen Dingen widmen zu wollen. Wär schade drum. Doch freuen wir uns nun erstmal an dem, was wir haben und versinken in "Andacht".
Anspieltipps: Ich weiß, ich soll's nicht tun, aber ich kann hier nur den Joker setzen und "Alles!" hinschreiben.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle