MOVEMENTS - Feel Something
Mehr über Movements
- Genre:
- Post Hardcore / Emo / Indie
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Spinefarm / Fearless / Concord
- Release:
- 20.10.2017
- Full Circle
- Third Degree
- Colorblind
- Daylily
- Deadly Dull
- Fever Dream
- Suffer Through
- Deep Red
- Under The Gun
- Submerge
- The Grey
Hochdosierter Emotionscocktail
"Feel Something" ist wie die unverhoffte Begegnung mit einem faszinierenden, entwaffnend ehrlichen Menschen, der sich entgegen aller aufkommenden Erwartungen einfach nur ausheulen will, wie eine romantische Tragikomödie, die fesselt und anrührt, aber nicht so recht zum Punkt kommt. Das kalifornische Indie-Quartett MOVEMENTS veröffentlicht mit seinem Debütalbum ein aufwühlendes Stück Rockmusik, das mit seiner Zerbrechlichkeit und Ehrlichkeit tief berührt und dabei keineswegs ausgetretene Wege beschreitet. Die klare, bisweilen verzweifelte Stimme Patrick Mirandas bleibt hartnäckig im Ohr haften, und die wenig technische, nur leicht angezerrte, verpostete Gitarrenarbeit und das dezent verspielte Schlagwerk bilden eine soundtechnisch brillante Einheit. Miranda verzichtet auf gleichförmiges Post-Hardcore-Genöle, er bleibt oft stimmlich leise, dennoch direkt am Hörer dran, er klingt vertraut und gleichzeitig entrückt. Der Drive aus seichtem Indie Rock und postigem Emo ist stimmig, die Songs abwechslungsreich und mit der einen oder anderen überraschenden Wendung ausgestattet. "Feel Something", so mein Eindruck nach dem eingängigen, rockig-nachdenklichen Intro-Doppel 'Full Circle' und 'Third Degree', könnte eine der Indie-Überraschungen der letzten Jahre werden!
Gleichzeitig höre ich den vier Jungspunden im Verlauf der elf Songs jedoch auch mit wachsender Unzufriedenheit zu. Nachdem der noch recht mitreißende Kehrvers von 'Third Degree' verklungen ist, warte ich immer häufiger auf dieses eine Highlight, auf den Punkt, der mich endgültig mitreißt – doch "Feel Something" will gar nirgends hin, will einfach nur erzählen, weinen, träumen. Nach dem noch verhältnismäßig ungezügelten 'Colorblind' verfallen Miranda und seine Mitstreiter mehr und mehr in einen schwelgerischen Romantikmodus und finden gar nicht mehr heraus aus all ihrer Tragik. Klar, in ihren Texten geht es den MOVEMENTS auf "Feel Something" um schwere Schicksalsschläge, um Krankheit und Verlust, doch obwohl die vier Amis dabei klanglich gar nicht allzu tief im Depri-Tal versinken, fehlt auch irgendwie der Wille, sich aus der reinen Introspektive wieder nach außen zu bewegen, sich aufzuraffen, mitzureißen und mitreißen zu lassen (Ausnahme: das rockig-eingängige 'Under The Gun').
Die anspruchsvolle Mixtur aus Emo, Post Hardcore und Indie Rock gefällt und hat Tiefe, bleibt aber zu sehr mit immer wiederkehrenden Selbstreflexionen beschäftigt, dabei insgesamt auch ein bisschen zu brav und schläfert folglich zur Mitte des Albums mit 'Fever Dream' beinahe ein. Andererseits: Was mich an "Feel Something" stört, könnte für andere genau das Merkmal sein, welches MOVEMENTS positiv von anderen vergleichbaren Bands abhebt. Trotz gelegentlich gelebter Rockattitüde dominieren Nachdenklichkeit und Feinfühligkeit das Geschehen. Und wem dies zusagt, wer lieber auf eine schwelgerische Reise in menschliche Seelentiefen mitgenommen werden und sich ganz der Melancholie hingeben möchte, der wird "Feel Something" lieben. Ich bin der Meinung, dass diese wunderschöne, aber etwas ziellose Platte noch etwas mehr Punch und Fokus vertragen hätte.
Anspieltipps: Full Circle, Third Degree, Under The Gun
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause