RAM-ZET - Intra
Mehr über Ram-Zet
- Genre:
- Metal / Avantgarde
- Label:
- Tabu / Soulfood
- Release:
- 11.07.2005
- The Final Thrill
- Left Behind As Pieces
- Enchanted
- Ballet
- Peace
- And Innocence
- Born
- Lullabye For The Dying
- Closing A Memory
Norwegen ist schon lange nicht mehr nur die Zentrale der Schwarzheimer, sondern auch Heimstatt jeglicher Art von metallischer Avantgarde, und auch RAM-ZET trägt einen nicht unwesentlichen Teil dazu bei, um diesen Ruf zu festigen. Auf seinem inzwischen dritten Studioalbum hat sich das ehemalige Soloprojekt des Herrn Zet zu einer echten Band entwickelt, die Elemente schwarzen Metalls und modernen Thrashs mit Anklängen an die klassische Kammermusik und an spacigen Industrial vermischt und dabei im Gesangsbereich Zets gar garstiges Keifen, Röcheln und Kreischen dem holden, teils zerbrechlichen, doch ganz und gar nicht schwülstigen Klargesang von Leadsängerin Sfinx und Geigerin Sareeta gegenüberstellt. Der mal geflüsterte, mal kraftvoller gesungene und auch mal gehauchte weibliche Gesang klingt mal ein wenig nach Amy Lee und manchmal sogar ein bisschen nach Henriette Sennenvaldt, und auch manche kurze Instrumentalpassage mit Klavier und Streichern lässt Gedanken an völlig unmetallische Avantgardisten wie etwa UNDER BYEN oder SIGUR RÓS aufkeimen, wobei es im nächsten Moment schon wieder richtig heftig metallisch werden kann. Alle Facetten des Klangbilds von "Intra" werden jedoch stets höchsten Ansprüchen gerecht und auch im metallischen Bereich können nur die jeweiligen Meister ihres Fachs, wie etwa SIGH, THE KOVENANT oder SOLEFALD als Referenzen dienen.
So begleiten wir das Sextett aus Hamar durch acht Stücke und ein instrumentales Interludium im Zentrum des Albums, die allesamt sehr abwechslungsreich gestaltet sind, aber dennoch einen roten Faden erkennen lassen und so die spezielle Kompositionstechnik RAM-ZETs wiederspiegeln, welche sich jedoch schwer in Worte fassen und beschreiben lässt. In jedem Fall versuchen die Norweger in jedem Stück unterschiedliche Facetten ihres Sounds einzubringen, so dass keines davon als straight oder gar eindimensional zu bezeichnen ist. Bereits der Opener 'The Final Thrill' illustriert das sehr schön, indem er mit mächtigen, modern klingenden Stakkati und wuchtigem Schlagzeug einsteigt, um dann Zet in einer psychotisch geschrienen Passage vor elektronischen Sounds abgehen zu lassen. Daran schließt sich ein elegischer Teil an, in dem Sfinx mit klaren Gesangspassagen und orientalisch angehauchten Hooklines glänzen kann, bevor ein ausgedehntes Solo in einen bizarren Schlussteil mit Streichern, Samples und einer Art von Sequenzerklängen mündet. Wenn ihr jetzt den Eindruck habt, dass sich die Band verzetteln würde, so mag dieser Eindruck zunächst richtig sein, doch mit jedem weiteren Durchlauf erschließen sich nicht nur mehr Details und Feinheiten, sondern auch die großen Zusammenhänge des Werks und der einzelnen Kompositionen, welche nicht angestückelt und uneinheitlich wirken, sondern durchaus Fluss haben. 'Left Behind As Pieces' lässt den orientalischen Melodien und den Streichern noch deutlich mehr Raum und arbeitet dazu noch mit Chorgesang, sorgt aber durch Zets hysterische Ausbrüche, durch das harte und schwere Riffing sowie durch die beachtlichen Leads auch für die nötige Heaviness, welche das folgende 'Enchanted' zu Anfang auszeichnet, bevor es in einen bizarren Gesangsteil von Sfinx übergeht, in den Zet erneut in extrem derber Weise einbricht, bevor das Stück im weiteren Verlauf immer stärker von sphärischen Synths und später erneut von den Streichern geprägt wird. Hier kommt die ganze Zerrissenheit zum Vorschein, welche die musikalische Inspirationsquelle der Band zu sein scheint, die ihren Stil sehr treffend selbst als schizophrene Art des Metals bezeichnet.
Weniger brachiale Elemente als beim bisher Gebotenen hält das Intro zu 'Ballet' bereit, das mit akustisch dargebotener, gezupfter orientalischer Melodik loslegt, die sehr zerbrechlichen Elfengesang begleitet. Darin stimmt ein Streicherduett ein, bevor sich auch hier die Gitarren sehr intensiv, doch melodischer und klassischer als zuvor einmischen. Sobald jedoch das Drumming, elektronische Klänge und Zets Gesang hinzutreten, beweist auch diese Komposition, dass wir es hier mit Metal der extremen Ausprägung mit vielen schwarzmetallischen Elementen zu tun haben. Hier wird mitunter sogar die weibliche Gesangsdarbietung recht heftig. Das kurze instrumentale Zwischenspiel 'Peace' leitet ruhig in die zweite Hälfte des Albums über, welche ein wenig steriler und kälter wirkt als die erste. Dies gilt in besonderem Maße für das teilweise sehr entspannte, von Sfinx sehr abgedreht eingesungene 'And Innocence', dessen schwarzmetallische Passagen an Bösartigkeit kaum zu überbieten sind. Bei 'Born' dominiert sodann das extreme Element, die Gitarren schroten sehr aggressiv und der männliche Gesang dominiert, während die Instrumentalabteilung ein paar wirklich krasse Disharmonien und beachtliche Soli aus dem Ärmel schüttelt. Ebenso vielseitig gebärden sich auch die beiden abschließenden Meisterwerke 'Lullabye For The Dying' und 'Closing A Memory', die dem restlichen Werk in mancherlei Hinsicht sogar noch eins draufsetzen. Besonders was die eindringlichen Melodien angeht. Aber mehr wird jetzt wirklich nicht verraten.
Für Freunde der sehr anspruchsvollen Avantgarde des extremen Metals dürfte "Intra" ein gefundenes Fressen sein. Bevorzuger leichter musikalischer Kost dürften sich daran hingegen die Zähne ausbeißen, obwohl das Album trotz aller Komplexität relativ zugänglich ist. Die Songs zünden recht schnell, haben aber trotzdem einen beachtlichen Langzeiteffekt und offenbaren nach und nach immer mehr bizarre Momente, so dass eine lange, spannende Entdeckungsreise garantiert ist, die allerdings im Gegensatz zu manch anderem avantgardistischen Exponat schon vom Ablegen im Heimathafen an Spaß macht, und nicht erst, wenn man es sich auf dem Schiff gemütlich gemacht und die ersten Cocktails an der Bar geschlürft hat. Sollte man haben.
Anspieltipps: Ballet, And Innocence, Born, Lullabye For The Dying
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle