SCHIZOFRANTIK - Oddities
Mehr über Schizofrantik
- Genre:
- Avantgarde / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Gentle Art Of Music/Soulfood
- Release:
- 28.10.2011
- My Ponytail
- Last Signal Distorted
- It Happens
- Red Dragon In A Möbius Strip
- Waltz
- John Merrick
- Bifurkations
- Eleven
- Nerds Don't Smoke
- Rabbit Hole
Extravaganter Avantgarde-Metal.<br />
Wo SCHIZOFRANTIK draufsteht, ist der Name Programm. Hinzu gesellt sich der mehr als passende Albumname "Oddities" und das Konzept ist perfekt: Selten habe ich ein so vielseitiges und "merkwürdiges" Album gehört. Hier prallen Welten des Funk/Fusion auf knallharte, progressive Metalriffs, die von jazzigen Akkorden und herrlichen Dissonanzen ergänzt werden. "Oddities" pendelt sich irgendwo zwischen WATCHTOWER und PRIMUS ein und macht ordentlich Laune - vorausgesetzt, man kann sämtliche Hörkonventionen hinter sich lassen.
Auch lyrisch wird ein Konzept aufgebaut: "Oddities" beschäftigt sich mit dem David Lynch-Klassiker "Der Elephantenmensch", in dem Protagonist John Merrick, gefangen zwischen Ausgrenzung und Akzeptanz, im ewigen Kampf um Menschlichkeit steht und schlussendlich verzweifelt aufgibt.
SCHIZOFRANTIK brechen mit diesem gesellschaftskritischen Thema also nicht nur musikalisch, sondern auch lyrisch Konventionen. Der Hörer erlebt Momente der Einsamkeit, der Andersartigkeit, aber auch des Vertrauens und Träumens, kurz: Das Album repräsentiert die musikalische und persönliche Zerrissenheit zwischen Ordnung und Chaos. Dass das keine leichte Kost ist, ist vielen bestimmt schon bewusst geworden, aber wahrscheinlich auch, dass der geneigte Prog-Hörer durchaus einige Stücke davon probieren sollte.
Einen Song wie das Instrumental "My Ponytail" an den Anfang zu setzen ist ein krasses Statement. Das vertrackte Titelthema zieht sich in unterschiedlichen Dynamiken durch den Song und sorgt für erste verstörte Zuckungen und verwirrte Blicke zur Anlage. Im folgendem Track 'Last Signal Distorted' erhebt Sänger Conny Kreitmeier erstmals sein Organ und räumt mit der Befürchtung auf, dass bei aller technischen Raffinesse am Gesang gespart wurde. Im Gegenteil: Der klare, melodische Gesang, egal ob von Conny Kreitmeier ('Last Signal Distorted', 'It Happens', Rabbit Hole') oder dem Bandchef Martin Mayrhofer (Ex-PANZERBALLETT) selbst, kann sich gut vom musikalischem Wahnsinn abheben und ist doch ein Teil davon.
'It Happens' pendelt zwischen den Polen von harten, disharmonischen Rhythmen und beschwörerischen, fast meditativen, Gesangsteilen.
Das komplexe 'Red Dragon In A Möbius Strip' kommuniziert musikalisch den Zustand der Kluft, in die man in einem psychotischen Zustand ist und setzt diesen mit der mathematischen Formel des Möbiusbandes gleich, in dem man sich ebenso verirren könne. Das musikalische Ergebnis ist hier nach zu Hören.
Das Zwischenspiel 'Waltz' erreget nicht weiter die Aufmerksamkeit, umso mehr aber wieder das metal-funkige 'John Merrick', wieder nach dem Film "Der Elephantenmensch", inklusive Akkordeon im Chorus!
'Bifurkations' beschreibt im schönen Funk-Groove einen persönlichen und seltsamen Traum von Mayrhofer samt ausladender, progressiver Instrumental-Passage. 'Eleven' wird virtuoses-akustisches Gitarrenspiel zelebriert, das sich wiederum in abgefahrenen Funk-Prog-Reisen auflöst.
Der eigentliche Höhepunkt kommt jetzt: Mit 'Nerds Don't Smoke' ist den Herren ein großer Wurf gelungen, der ihr gesamtes Farbspektrum abdeckt, und für einige Überraschungen in den zehn Minuten sorgen kann, groß!
'Rabbit Hole', basierend auf dem Film "What The Bleep Do We Know?", schließt die extravagante Platte relativ entspannt, melodisch und irgendwie auch etwas verwirrend, fragend, was durchaus gewollt sein kann und den Kreis schließt.
Wenn ihr eine abgefahrene Platte sucht, die euch mal wieder genauso herausfordert wie Spaß macht, seit ihr mit 'Oddities' an der richtigen Adresse!
Anspieltipps: Last Signal Distorted, Nerds Don't Smoke
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jakob Ehmke