STRANGER, THE - Kaleidoscope
Mehr über Stranger, The
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Wild Thing Records
- Release:
- 14.07.2021
- Eleventh Hour
- The Gemini
- Jungles
- Jester
- Coming Home
- Siren
- Creatures In The Canopy
- The Devil You Don't
- Kaleidoscope
Mit etwas Anlauf auf die farbenfrohe Überholspur
Auf Jim Grey, seines Zeichens Sänger von CALIGULA'S HORSE, kann man sich verlassen. Er hat mir bereits diverse Bands wie RISE OVERRUN, FLYNN EFFECT, DYSSIDIA oder EBONIVORY empfohlen, die allesamt in meiner Sammlung gelandet und wirklich top sind. Sein bester Tipp kam aber im Jahr 2017, als er mir THE STRANGER aus Brisbane empfahl. Das Debüt war ein progressives Kleinod, das neben allerlei modernen Zutaten auch mal Flamenco-Gitarren und OPETH-Atmosphäre einbaute. Tatsächlich ist meine damalige Rezension fast noch ein bisschen zu verhalten ausgefallen. Zumindest die Note hätte einen halben Punkt höher sein dürfen. Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich leicht zittrig wurde, als völlig unvermittelt das neue Werk "Kaleidoscope" hier aufschlug und ich den Abspielknopf drückte.
Tja, und dann war ich bei den ersten Tönen des Openers 'Eleventh Hour' erst einmal etwas irritiert. Das vormals eher atmosphärisch-dezente Keyboard baut hier eine weit in den Vordergrund gerückte Monsterfläche, dazu gibt es neben dem bewährten Gesang von Tom Frayne noch ein paar Growls von Gitarrist Kalen Austin. Das wirkt in Summe erst einmal etwas abschreckend. Überhaupt wirkt der gesamte Erstdurchlauf sehr viel melodischer und harmonischer als das stellenweise doch recht vertrackte Debüt. Manch einer mag sagen, es klingt "normaler". Und zu Beginn tappte ich auch in diese Gedankenfalle.
Mittlerweile bin ich aber bei mehr als 25 Durchläufen und absolut geläutert. Es vergeht kaum ein Tag, wo ich nicht neue Melodien oder Textfragmente beim Aufwachen im Kopf habe oder wo sich vormals unscheinbare Passagen farbenfroh erschließen. Als Beispiele seien das wunderbare, zarte Solo in 'Jungles' genannt, die brillante Steigerung in 'Jester' oder die Textzeile 'I am not your enemy, no matter what you think of me' im abschließenden Titeltrack. Ja, auch das eröffnende 'Eleventh Hour' hat ganz neue Höhen erklommen. Gerade der Refrain, beginnend mit 'Can you feel the wind blow hard against your blood', ist schlicht großartig.
Jetzt bin ich hin- und hergerissen, wo ich denn "Kaleidoscope" im Verhältnis zum wirklich superben Erstling einordnen soll. Die Elemente, die mich anfangs etwas gestört haben (Growls, Keys), wurden mit jedem Spin mehr pulverisiert, die Melodien und Texte haben sich immer tiefer ins Gehirn gegraben. Die Gitarrenarbeit von Kalen Austin und Andrew Taylor erinnert in seiner stilistischen Vielfalt an Sam Vallen (CALIGULA'S HORSE), den ich für einen der besten Saitenhexer der Neuzeit halte, der Gesang von Tom Frayne ist so eindrücklich wie beim Debüt und die Rhythmussektion um Linc Morse (b.) und Daniel O'Brien (dr.) ist ebenfalls für mehrere Hinhörer verantwortlich.
Bisher denke ich immer noch, dass das Debüt vielleicht einen My stärker war, aber "Kaleidoscope" ist nach SOENs "Imperial" und WHEELs "Resident Human" der dritte große Prog-Höhepunkt 2021.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk