TTNG - Disappointment Island
Mehr über TTNG
- Genre:
- Progressive / Math / Indie Rock
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Cargo Records
- Release:
- 05.08.2016
- Coconut Crab
- A Chase of Sorts
- Consoling Ghosts
- In Praise Of Idleness
- Whatever, Whenever
- Bliss Quest
- There's No 'I' In Time
- Destroy The Tabernacle!
- Sponkulus Nodge
- Empty Palms
Die Trigonometrie der Kondissonanz ist Math Rock. Eh klar!
TTNG - THIS TOWN NEED GUNS: ein die Augenbrauen hochhebender Name. Er war wohl ursprünglich als Insider-Joke gedacht, den man wohl nur in der Oxforder Gegend versteht, angeblich weil es dort nur so wenig Waffen gibt. Sympathische Stadt. Dennoch finde ich es seltsam, aus "political correctness"-Gründen die unpersönliche Abkürzung TTNG einzuführen.
Wie auch immer man die Namensgebung gestaltet, TTNG oder THIS TOWN NEEDS GUNS, vom Namen auf die Musik zu schließen, ist unmöglich. Genauso wie die Stil-Bezeichnung für TTNGs Musik. "Math Rock". Als ob Mathe schwierig sei. Mathe ist doch voll logisch, vertrackte Takte und Rhythmen und wirre Songs-Strukturen sind aber oft unlogisch. Und damit doch eher Biologie als Mathematik, oder? Ich sag nur, Krebs versteht man immer noch nicht, wie Insekten chemotaktisch kommunizieren auch nicht, wohingehen die erste Ableitung von X-Quadrat oder Trigonometrie schon seit der Antike bekannt und unveränderlich sind. Math Rock, tststs.
Zu so einem Gedüdel kann man aber wunderbar wissenschaftliche Fachbegriffe um sich schmeißen. In der neuesten Ausgabe von Nature ist ein Artikel unter der Magazin-Überschift "The Sound Of Music"; dort wird untersucht, ob die ästhetische Reaktion auf musikalische Konsonanz und Dissonanz biologische Wurzeln hat, also angeboren, oder aber eine Folge kultureller Einflüsse ist. Hierzu hat man native Bolivianer, die zuvor keinen Kontakt zu westlicher Kultur hatten, und US-Amerikaner verschiedenen Sounds ausgesetzt, und diese nach "pleasantness" sortieren lassen. Es kommt heraus, dass der Mensch wohl einen angeborenen Sinn für Harmonie hat, der aber durch kulturelle Einflüsse moduliert werden kann. Ziemlich lesenswert, finde ich. Zu gerne würde ich hier die Reaktion dieser Amazonas-Bewohner auf TTNGs Musik testen. Die ist nämlich irgendwo zwischen allem: Sie ist schräg aber trotzdem angenehm, vertrackt und dennoch gut zu hören und dabei zwischen egal und interessant im Sekundentakt hin und her pendelnd. Sozusagen kondissonant. Aber ich schweife ab.
Denn bei meiner Literatur-Suche - zu der TTNG die optimale Hintergrundbeschallung ist - fällt noch ein weiterer Artikel auf: "Perceptual and Acoustic Analyses of Good Voice Quality in Male Radio Performers" im Journal Of Voice. Was es nicht alles gibt! Hier wird also getestet, ob sich eine gute Stimme verallgemeinern lässt, doch ist das Resultat zu meiner Enttäuschung wenig eindeutig: Die Einschätzung der Gesangs-Qualität war bei den Juroren heterogen, und die Diskriminations-Funktion hatte nur moderate Konvergenz mit einer Standard-Abweichung R-Quadrat von 0,328. Nix genaues sagen kann man nicht, deswegen erscheint der Artikel auch nicht im renommierten Nature sondern "nur" im - lassen wir es uns auf der Zunge zergehen - Journal Of Voice.
Ach ja, wie würde denn der TTNG-Sänger hier abschneiden? Ich finde ihn ja etwas dünn und gerne mal mit dem Halbton unter Freunden spielend, aber irgendwie doch gut. Aber nicht immer. Eigentlich nur manchmal. Und auch sonst so glaube ich, dass Math Rock nicht allzu gesund für mich ist. Wobei AGENT FRESCO mir schon taugt. TTNG ist aber nicht AGENT FRESCO, das kann man sicher sogar auch mathematisch beweisen.
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Thomas Becker