VARG - Blutaar
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2010
Mehr über Varg
- Genre:
- Viking Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Napalm/Edel
- Release:
- 29.01.2010
- Wolfsmond
- Viel Feind, viel Ehr
- Invictus
- Sieg oder Niedergang
- Blutaar
- Seele
- Nebelleben
- Zeichen der Zeit
- Wilde Jagd
- Alter Feind
- Blutdienst II
Eingängige und dynamische Pagan-Metal-Attacke, der etwas mehr Eigenständigkeit und weniger lyrische Kraftmeierei gut täte.
Nein, der Bandname dieser Pagan-Band aus dem oberfränkischen Coburg ist ganz eindeutig keine Referenz an einen eher kontroversen norwegischen Musiker, sondern vielmehr ein Zeichen der Huldigung für Canis lupus, den Wolf, der im Schwedischen den Namen Varg trägt. Mit dem beschäftigten sich die Herren von VARG schon auf dem vor knapp drei Jahren erschienenen Debütalbum "Wolfsszeit", und auch der Zweitling "Blutaar" steht unter dem Zeichen des Wolfsmondes. Sagt jedenfalls das Intro. Warum der bereits bestätigte Deal mit Nuclear Blast kurz vor Veröffentlichung der Scheibe und erst nach Beginn der Promotionskampagne doch noch geplatzt ist, darüber gibt es von Seiten der Band nur recht nebulöse Aussagen, so dass wir uns darüber nicht weiter den Kopf zerbrechen wollen. Fakt ist, dass die Scheibe nun ab Ende Januar über Noise Art vertrieben wird.
Kommen wir also endlich zur Musik: Die ist in erster Linie straight und schnörkellos, hart und kämpferisch. Nach dem kurzen Intro werden beim starken Opener 'Viel Feind, viel Ehr' keltische Melodielinien zu eingängigem Schwarzstahl geschmiedet, über denen eine Leadgitarre ihr Lied singt. Der inzwischen ans Mikro gewechselte Bandgründer Freki keift dazu in deutscher Sprache martialische Texte, die einem fast die Schuhe ausziehen ob des Vokabulars, an welchem auch die Propagandisten der wilhelminischen Ära ihre Freude gehabt hätten. Eigentlich ist es noch schlimmer. Aber es eignet sich hervorragend dazu, das Publikum die Fäuste in die Luft recken zu lassen und so die Zielgruppe hinter sich zu scharen. Das gelingt auf ganzer Linie, denn mit weiteren Songs wie 'Invictus' oder dem Titelstück gehen die Jungs keine Kompromisse ein. In meist gehobenem, flotten Tempo reißen sie reihenweise gefällige Speed-Riffs und melodische Leads herunter, die einen gewissen Einfluss alter deutscher und britischer Metalheroen nicht verleugnen können, aber natürlich mächtig in schwarze Farbe getunkt wurden. Gut nachhören lässt sich das bei 'Sieg oder Niedergang'. Starke Momente hat auch der Bass und gelegentlich die akustische Gitarre, etwa bei 'Wilde Jagd', das aber mit dem gesanglichen und lyrischen Oi-Touch ein Fragezeichen auf die Stirn zaubert. Ebenso das lyrisch arg derb geratene 'Alter Feind'.
So weit, so gut! Gibt es auch musikalisch Anlass zu Kritik? Ja, den gibt es durchaus: Wer ein wenig auf unkonventionelles Songwriting, auf Originalität und auf Mut zur Eigenständigkeit aus ist, der wird bei VARG trotz gehobener handwerklicher Fähigkeiten und meist schlüssiger, dynamischer Songs hier und da ein wenig gähnen müssen. Zu lange schon ergeht sich die Pagan-Szene wahlweise ausgiebig in angeschwärzten RUNNING-WILD-Zitaten oder aber in bierseligen Humppa-Versatzstücken. Letzteres bleibt uns zum Glück erspart, doch Ersteres passiert auch VARG hin und wieder, wobei ich nicht weiß, ob das bewusst oder zufällig geschieht. Mir persönlich macht es auch nichts aus, weil ich diese Art der Melodieführung sehr schätze, aber mir ist aus Gesprächen mit anderen Genrefans durchaus bewusst, dass diese stilistische Ausrichtung durchaus auch als Mangel an Kreativität wahrgenommen werden kann. Manchen werden auch die Texte missfallen, die wirklich von Klischees, Pathos, Blut und Heidenehre nur so triefen. Auch die Art wie diverse Refrains arrangiert sind, würden - mit anderer Stimme gesungen - eher bei ONKELZ-Fans einschlagen als bei Metallern.
Was bleibt also übrig? Aus meiner Sicht schlicht und ergreifend ein handwerklich stark umgesetztes und sehr gut produziertes, dynamisches Pagan-Metal-Album der härteren Gangart, das leicht zugänglich ist und durch sein kompaktes Songwriting ordentlich punkten kann. Das ist die Habenseite. Im Soll steht die Band dafür mit dem Mut zur kompositorischen Individualität und mit sonstigen Alleinstellungsmerkmalen, so dass es ihr meiner Einschätzung nach trotz starker Momente schwerfallen wird, mit dieser Scheibe zu den großen Namen der Szene aufzuschließen, die nach vielen Jahren den Lohn harter Arbeit einfahren und die eben schon beim Erklingen weniger Klänge eine mystische und eigene Aura umgibt. Aber wer weiß, vielleicht kommen VARG bis in ein paar Jahren auch dort hin. Bis dahin freuen wir uns an einem grundsoliden Pagan-Album, das mich nicht in Begeisterung ausbrechen lässt, aber mir durchaus gut taugt. Lediglich die übertriebene lyrische Kraftmeierei drückt die Wertung ein Stück weit.
Anspieltipps: Viel Feind, Viel Ehr; Invictus; Seele
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle