WINTERSUN - Wintersun
Mehr über Wintersun
- Genre:
- Melodic Death Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 13.09.2004
- Beyond The Dark Sun
- Winter Madness
- Sleeping Stars
- Battle Against Time
- Death And The Healing
- Starchild
- Beautiful Death
- Sadness And Hate
WINTERSUN in elf Worten: "thrash metal drumming meets power metal melodies with a black feel"
'Beyond The Dark Sun' kommt mit dichtem Rhythmusgeflecht, unterkühlt verstärkt dahingleitenden E-Gitarrenlinien und hintergründigen, ruhigen Keayboardharmonien dahergejagt, wozu der geknurrte Gesang hervorragend passt; hymnisch hartherzig, geordnet rasant, heavily dark.
'Winter Madness' bringt folkig tanzende, klare E-Gitarrenmelodien ins nach wie vor rohe Geknüppel mit ein, der Gesang faucht noch etwas stürmischer, die Bässe kloppen wie gehabt stakkatomäßig dazwischen. Ein Vikingerchor in den Bridges ersetzt den Refrain, ein Speedsolo, eine trippige Passage und klassisches Metal-Tonleitergeflitze lockern das Stück etwas auf. Im Prinzip aber nichts Neues unter der geschwärzten Sonne.
'Sleeping Stars' ist ebenfalls wieder eisig durchhaucht, was nicht zuletzt an den klirrend kalten Keyboards liegt, welche sich hier in etwas schwülstigen Streicherimitaten ergehen. Dazu gibt es klassisch-romantische E-Gitarren-Tanzmusik, steril-knackiges Drumdauerfeuer, einen wogenden 3/4-Takt, hymnische Schunkelchöre und epische Growls. Etwas altbacken zwar, aber auch nicht übel.
In der 'Battle Against Time' jagt dagegen wieder ein Riff das andere, die Drums rattern am laufenden Band, Keyboards und Chorgesang türmen sich wie Packeis, und die Melodie stiebt dem Nordwind gleich dazwischen hindurch. Melodic Thrash, meinetwegen auch Black Metal. Der Promozettel behauptet Death, lassen wir sie reden. Aber Grindcore halte ich dann doch für derbe übertrieben, dafür geht es hier doch viel zu glatt nach vorne. Da wird gegniedelt, was das Zeug hält.
'Death And The Healing' hält den dräuenden Bass schön in der Schwebe, legt dezente backing vocals und Keys darüber, lässt vor allem aber eine traditionell klingende, stete Gitarrenmelodie darüber kreisen, welche durch folkigen Gesang kontrastiert wird; nachdem in einer kurzen Bridge etwas umgebaut wird, gewinnen dann die Instrumente an emotionaler Tiefe, pathetische Chöre treten hinzu, gefühlvoll schraubt man sich empor, hebt in einem unaufdringlichen Solo ab und segelt in ausgedehnten Kreisen des altbekannten Themas weiter. AMORPHIS schimmern am Horizont auf, die Englein - pardon Walkyrier - singen im Chor, und alles ist gut. Wer das Stück bis jetzt nicht mag, wird sich nur noch langweilen; wer nordischen Pathos mag, wird darin schwelgen. Ich find's ganz okay, kommt halt auf die Stimmung an.
'Starchild' knüppelt, röhrt und melodeit wieder machtverherrlichend naiv drauf los, als sei's von irgendsoeiner Melodic-Power-Metal-Band geschrieben. Wenn dann Blackmetalgeröhre und Dosenbierknabengesang sich einen vokalen Wettstreit liefern und ekstatische Dudelsackgitarren auf und ab wogen, als gäbe es kein Morgen mehr, dann ist das zwar reichlich triviales Klischee, wird aber mit solch inbrünstiger Unbekümmertheit vorgetragen, dass man WINTERSUN einfach nicht übel nehmen mag, was da wie eh und je in nimmermüdem Strom aus ihrem Stahlwerk quillt. Acht Minuten lang geht das so; Fans von pseudofolkigem, schwarzem Power Metal werden es lieben, sofern sie auch mit etwas extremeren Stimmen klarkommen.
In 'Beautiful Death' keucht der Sänger sich fast die Lunge aus dem Hals, was mit doch sehr übertriebenen backing vocals kitschig übermalt wird; nerviges Keyboardgesäusel und brutale Deathriffs hacken dazwischen, der ganze Kladderadatsch wird dann noch mit sirupigem Powermetal-Gesangsgehype zugekleistert, und mir wird schlecht. Man gibt sich böse, und doch wirkt das Getrappel keineswegs ritterlich, sondern klingt lediglich so hohl wie eine Kokosnuss. Wenn sie dereinst mit brummendem Schädel in Valhalla aufwachen, wird ihnen das nochmal verdammt peinlich sein. Selbst Odin wird sie dann schallend auslachen, wie mir ein Rabe geflüstert hat ...
'Sadness and Hate' zeugt davon, dass auch WINTERSUN schon mal die STONES gehört haben; mit den Tönen aus 'Paint it black' rumzuspielen, mag von Chuzpe zeugen, nicht aber von Klasse: Einerseits kann man es zwar nicht besser machen, andrerseits geht man so auf Nummer Sicher. Schlecht ist das Stück nicht, jedenfalls solange es instrumental bleibt. Der krächzige Grölgesang nervt aber nur, und die Streichersynths sind auch nicht besser. Zehn Minuten lang suhlt man sich in einer Idee, die anfangs noch dazu als Variation eines Klassikers daher kommt; zwar gewinnt das Stück zunehmend an Eigenständigkeit und - wie könnte es anders sein - folkig angehauchten Einsprengseln, aber so langsam habe ich dann doch auch den Kanal voll von WINTERSUNs zweidimensionalem Stil. Nach der Hälfte des Songs setzt dann wieder so ein schwofender Blind-Guardian-Chorus ein, und ich will nur noch weg: Oh, edler Elf, wie begehre ich euer kostbar Pferd, zu reiten hinaus aus diesem verwunschenen Wald, der kalt, oh ach so kalt, mich dünkt, und all die Schatten machen mein Gemüt erzittern, erbarmt Euch meiner, oh edler Herr, eines armen verirrten Wanderers - usw. usf. ...
Fazit: Technisch einwandfreie, dicht ausgearbeitete Mixtur aus Black, Thrash, Melodic und Power Metal mit folkigen Untertönen.
Wer arm genug ist, solche Mucke wirklich zu brauchen, wird hiermit über Gebühr dafür entschädigt. Für Liebhaber also durchaus empfehlenswert. Mein Problem mit der Scheibe ist genau das, was die Zielgruppe daran wohl lieben wird: Der selbstbewusst konsequente Griff zum Klischee.
Anspieltipps: Death and the Healing, Starchild
- Redakteur:
- Eike Schmitz