WRONG OBJECT, THE - Stories From The Shed
Mehr über Wrong Object, The
- Genre:
- Progressive Jazz
- Label:
- Moonjune Records
- Release:
- 19.02.2008
- Sonic Riot At The Holy Palate
- 15/05
- Sheepwrecked
- Acquiring The Taste
- Lifting Belly
- Malign Siesta
- Theresa's Dress
- Rippling Stones
- Theresa's Dress (Reprise)
- Strangler Fig
- Waves And Radiations
- Saturn
- The Unbelievable Truth - Part I
- The Unbelievable Truth - Part II
THE WRONG OBJECT aus Belgien spielen eine durchweg interessante Mischung aus wildem und ruhigem Jazz, Postrock und Prog; eine Mischung, die nicht jedem zusagen wird, aber bei allem Hang zur Grenzüberschreitung stets schön flüssig daherkommt. "Stories From The Shed" ist bereits ihr sechstes Album, aber erst ihr drittes ohne Gastmusiker. Bereits beim Debüt kamen sie ohne aus, also ist der Drang zur Kollaboration wohl recht eindeutig in der Lust an musikalischen Experimenten und kommunikativen Schaffensprozessen begründet und nicht etwa in kreativen Limitationen. Letzteres anzunehmen erscheint ohnehin absurd, wenn man "Stories From The Shed" gehört hat. Mit Gitarre (Michel Delville), Tenorsaxophon (Fred Delplancq), Trompete und Flügelhorn (Jean-Paul Estiévenart), Bassgitarre (Damien Polard), Schlagzeug und Perkussion (Laurent Delchambre) schreiten THE WRONG OBJECT zu Werke, sind aber auch wohldosiert eingesetzter Elektronik und Sample-Einsatz nicht gänzlich abgeneigt.
Los geht's mit einem munter treibenden Jazzstück, das feurig, aber nicht aggressiv, daherkommt und sich von einem beschwingt derwischenden Einstieg hin zu auch(!) flächigen Sounds entwickelt. Kompliziert ineinander verschachtelt wirken die stoßhafte Bebop-Melodik und die Rhythmen des zweiten Stückes '15/05', wobei die anfangs noch leicht verstörende Vertracktheit schon bald durch den warmen Klang des virtuosen Saxophonspiels geglättet wird; dennoch bleibt dieses sich von Variante zu Variante seines Grundmotivs hangelnde Stück stets sprudelnd frisch. Nach diesen quirligen Werken zum Einstieg wird das Tempo, nicht aber die Klangfarbe deutlich herunter gekühlt: 'Sheepwrecked' fließt fast schon ambient und so eingängig-entrückt wie ein SIGUR RÓS-Stück dahin, bleibt dabei aber eindeutig im Jazz verwurzelt. Auch Liebhaber von PAATOS dürfen hier getrost ein Ohr riskieren. Nach einem gänzlich ambienten, aber keineswegs uninteressanten Zwischenspiel, welches als perfekte Überleitung fungiert, folgt mit 'Lifting Belly' eine psychedelische Rhythmuscremeschichttorte im Kunstfilmformat, wie sie ENNIO MORRICONE wohl selbst auf LSD kaum hinbekommen hätte. Abermals flott und treibend rollt dann die 'Malign Siesta' heran, die jedoch eher betrunken als wirklich bösartig wirkt; ein weiterer Trip, der jedoch weitaus komplexer und längst nicht so seicht daher kommt wie im Acid Jazz üblich. Stattdessen kommen Gitarre und Schlagzeug gleichermaßen zum solistischen Zuge, ohne dass die Entwicklung des Stückes jemals offensichtlich würde. Nach diesem immer energetischer und rockaffiner werdenden Stück folgt mit dem sehr offen gehaltenen, kurzen 'Theresa's Dress' die nunmehr vierte, aber längst noch nicht letzte Komposition von Gitarrist Michel Delville, bevor es dann das einzige Stück des Albums zu hören gibt, bei welchem sich sämtliche Bandmitglieder die Innovationsbeteiligung sicherten: 'Rippling Stones'. Ambient, stimmungsvoll, offen, und doch irgendwie tief, beschwört es glucksend Bilder einer grün-tümpeligen Unterwasserlandschaft herauf und hat gleichsam etwas von klassischer Programmmusik wie natürlich auch von progressivem Jazz; zart. 'Strangler Fig' beginnt angenehm melodisch zu sanftem Basspulsen, schaltet dann aber den Warpantrieb zu und psychedelisiert wild drauf los, bis der Kopfdoktor kommt. Ganz im Gegensatz dazu steht 'Waves And Radiations', ein weiteres Ambientstück mit fremd und nächtlich wirkender Stimmung, jedoch nicht beunruhigend, sondern eher erwartungsvoll; ein wenig so, als lausche man mit einem alten Röhrenradio auf dem Heuboden einer alten Scheune nach außerirdischen Signalen - mit der kindlichen Aufmerksamkeit und dem Enthusiasmus eines Protagonisten aus einer Ray Bradbury-Erzählung der Fünfziger Jahre. Am klassischsten nach Jazz auf "Stories From The Shed" klingt immer noch 'Saturn' von Trompeter Jean-Paul Estiévenart, doch ziehen sich auch hier avantgardistische Rhythmusmuster durch das sonst eher ruhig gehaltene Stück; einerseits träumerisch, andererseits leicht angefunkt. Den Abschluss bildet das zweiteilige Stück 'The Unbelievable Truth', welches sich fast schon in Regionen von MILES DAVIS' "Bitches Brew" vorwagt, dabei aber auch funkige sowie quirlige Artrock-Elemente mitverbaut. "Stories From The Shed" ist damit für offenherzige Jazzhörer ebenso genießbar wie für Progrockfans, die gerne einmal etwas Neues ausprobieren möchten.
Anspieltipps: 15/05, Sheepwrecked, Malign Siesta, Rippling Stones, Saturn
- Redakteur:
- Eike Schmitz