ZZ TOP - Afterburner
Mehr über ZZ Top
- Genre:
- Rock
- Label:
- Warner Brothers / Warner Music
- Release:
- 18.11.1985
- Sleeping Bag
- Stages
- Woke Up With Wood
- Rough Boy
- Can't Stop Rockin'
- Planet Of Women
- I Got the Message
- Velcro Fly
- Dipping Low (In The Lap of Luxury)
- Delirious
1985.
Im Jahre 1 nach dem orwellschen Schicksalsjahr werden die Charts weltweit von Disco-Musik dominiert. Eine Handvoll Sleaze-Rocker rund um den Sunset Strip von L.A. leisten erbitterten Widerstand. Was soll eine texanische Blues-Rock-Band da machen? Sie könnte an Traditionen festhalten oder in Richtung Country-Markt spekulieren. Sie könnte sich auch ein paar bekannte Remix-Künstler an Land ziehen. Oder aber in die Offensive gehen und diese selbst in die Discos tragen. So machten es ZZ Top: Die Gitarren in den Hintergrund gemischt; die elektrischen Soli im Sound glasklar gehalten, dafür aber räudiger gespielt; nach vorne heraus ein groß angelegtes Synthie-Beat-Feuerwerk abgezogen: Monotone, flache, kalte, harte Rhythmen, präzise wie ein Uhrwerk, gnadenlos wie eine Stechuhr, hektisch wie eine Rushhour. Fette Bässe drübergelegt, Turbo-Style, mit ein wenig Hall versehen, und heiseren Gesang drübergelegt. Selten klang bluesinspirierter Rock so technisch, spacig und modern. Die Synthese ist geglückt, denn anstatt irgendetwas aufzupfropfen und lediglich ihren Sound zu vercybern, haben die Bartträger den Afterburner zugeschaltet: Die Technik gibt den Kurs, den Beat und das Tempo vor, aber die Gitarren steuern den Drive bei, verleihen der Musik Feuer und Seele. Da ist das stampfende 'Sleeping Bag', welches das Album eröffnet, da sind die 'Stages' mit ihrer wohlintegrierten Saitenarbeit, da ist der radiotaugliche Ohrwurm 'Woke up with wood' (auch wenn der Morgenlattentext im prüden Amerika sicherlich nicht gerade für Airplay sorgt...), da ist die prismatisch zerstrahlte Überballade 'Rough Boy', da ist der eher traditionell angelegte, überdrehte Rocker 'Can't Stop Rockin'' mit dickem Backbeat und Chuck-Berry-Erinnerungssolo (bei dem die Symbiose mit den modernen Effekten das erste Mal unglücklich wirkt) – und damit ist erst die A-Seite bestritten. Es folgen 'Planet of Women' (der für Highwayrasereien aufgemotzte 'Legs'-Nachfolger für die "Eliminator"-Fans) mit Breakbeat-Intro und zweispuriger Gitarrenführung, der tequilafeurig hüftschwingende Tanzbodenbrenner 'I Got The Message' und die keyboardlastige, sleazige, elektro-funkige Freak-Nummer 'Velcro Fly'. 'Dipping Low (In The Lap Of Luxury)' fällt dann etwas ab, aber der schmissige Uptempo-Song 'Delirious' als Rausschmeißer macht das wieder gut. Der Klang mag für heutige Hörgewohnheiten schon etwas angestaubt klingen, das Songwriting dagegen kaum. Somit haben es ZZ Top geschafft, dem Druck der Zeit standzuhalten. "Afterburner" mag im Blues-Rock Bereich nicht ganz so innovativ gewesen sein wie Herbie Hancocks "Future Shock" im Jazz-Fusion Bereich, dafür aber ist es das deutlich eingängigere Album – und beide können als Beispiel für gelungene Modernisierungen gelten.
Anspieltipps: Sleeping Bag, Woke Up With Wood, I Got The Message.
- Redakteur:
- Eike Schmitz