Wenn die Abendglocken läuten
- Regie:
- Alfred Braun
- Jahr:
- 1951
- Genre:
- Melodrama
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
18.02.2007 | 13:39Story
Michael ist schon seit längerer Zeit in die kleine Rosemarie verliebt und sieht seine Chancen steigen, als er das Mädchen am Mühlbach vor dem Ertrinken rettet. Als Dank ermöglicht ihm Rosemaries Vater, der Gutsherr von Brenda, das lang ersehnte Musikstudium. Doch der wohlhabende Herr handelt mit Bedacht, weil er nicht akzeptieren möchte, dass seine Tochter mit dem ärmlichen Sohn des alten Schulmeisters anbandelt.
Als Michael schließlich nach zwei Jahren von der Musikakademie zurückkehrt, wird ihm kaum mehr Beachtung von Rosemaries Familie entgegengebracht. Er wird trotz Rosemaries Zuneigung verstoßen und muss seine große Liebe aufgeben. Mittlerweile hat die Familie von Brenda auch schon einen angemessenen Gatten für Rosemarie gefunden. Sie wird dem Nachbarn von Finke, einem reichen ehemaligen Reitsportstar, versprochen und heiratet ihn gegen ihren Willen. Vor der Vermählung sucht sie ein letztes Mal Michael auf und bittet ihn um Unterstützung. Doch der noch immer gekränkte Musiker weiß, dass er nie die Akzeptanz erhalten würde, die er sich wünscht, und lässt Rosemarie ziehen.
Während sie an der Seite ihres Ehemannes ein unglückliches Leben führt und lediglich Mut aus der Zuneigung zu ihrer Tochter schöpft, entwickelt sich Michael zu einem Herumtreiber, der an der Seite der befreundeten Gloria Römer mehrere Laster auslebt. Als dann eines Tages von Finke bei einem Reitturnier stirbt, scheint sich das Schicksal für die beiden Liebenden dann doch noch zu wenden ...
Meine Meinung
Inmitten des Heimatfilm-Booms der Nachkriegsära produzierte Regisseur Alfred Braun 1951 mit dem Liebesdrama “Wenn die Abendglocken läuten" einen absolut typischen Streifen dieser Zeit. Einmal mehr dienen hier gesellschaftliche Differenzen und die unsichtbaren Barrieren zwischen wohlbetuchten und eher einfachen Menschen als Aufhänger für ein romantisches Melodrama, welches trotz sehr transparenten Aufbaus für einen Film dieser Sparte (und dieser Zeit) ziemlich spannend geraten ist.
Die Geschichte um den stets ernsten Michael wurde nämlich sehr linear gestaltet, hält aber dennoch immer wieder einige überraschende Einschnitte parat, die die sicher geglaubte Wiederaufnahme der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten dann kurzerhand verhindern und den Zuschauer immer mehr im Zweifel zurücklassen, dass sich Rosemarie und ihr langjähriger Liebhaber eines Tages überhaupt noch zusammenfinden werden.
Braun hat hierzu zwei voneinander abgewandte, letztendlich aber natürlich miteinander verwobene Handlungseinheiten aufgebaut und den Lebenswandel des einst jugendlichen Pärchens darin sehr emotional geschildert. Rosemarie, wie sie blind vor Liebe und aus Angst vor der Zukunft Zuflucht bei Michael sucht, von ihm aber nicht mehr die Zuneigung bekommt, die sie einst zu Liebenden gemacht hatte. Wie sie schließlich keine andere Wahl hat, als den Vorgaben ihrer Eltern zuzustimmen und jeglichen Eigenwillen aufzugeben. Und Michael, der mit dem Studium einen Traum realisiert, voller Freuden zurückkehrt und sich nach und nach bewusst wird, dass seine Abwesenheit im Grunde genommen nur Mittel zum Zweck war, um ihn und Rosemarie voneinander zu entfremden. Wie diese beiden Figuren harmonieren und streiten, wie sie ständig aufeinander zu und dann doch wieder auseinander gehen und wie ihr Schicksal ihr Leben in die Hand nimmt und schließlich eine stellvertretende Entscheidung trifft, dies wird hier wirklich schön dargestellt und im Rahmen einer glaubwürdigen, bewegenden Geschichte festgehalten.
In Sachen Anspruch ist “Wenn die Abendglocken läuten“ definitiv einer der schönsten und empfehlenswertesten Heimatfilme jener Zeit, weil er nicht nur auf Herzschmerz und dergleichen ausgerichtet ist, sondern auch einige kritische Inhalte behandelt und sich dabei nicht ganz urteilsfrei mit den Rangunterschieden der damaligen Gesellschaft beschäftigt. Dass der Verlauf der Story indes vorbestimmt ist, kann man dem Regisseur bzw. dem Drehbuchschreiber zudem auch nicht anlasten, denn man war redlich bemüht, durch unerwartete Wendungen und Überraschungsmomente die Transparenz des Strangs zu beeinträchtigen, was hin und wieder auch sehr überzeugend gelungen ist.
Da auch die schauspielerischen Leistungen durchweg positiv zu bewerten sind – vor allem Hans Holt in der Hauptrolle als Michael – spricht wirklich nichts dagegen, sich dieses kurzweilige und gefühlvolle Heimatepos einmal zu Gemüte zu führen. “Wenn die Abendglocken läuten“ gehört nämlich zwischen all den überzogenen idyllischen Liebesstreifen der damaligen Zeit zu den mit Abstand besten Vertretern.
Gemindert wird dieser positive Gesamteindruck jedoch von den mangelhaften Voraussetzungen bei Bild und Ton. Die vielen Störeffekte im ansonsten noch ganz ordentlichen Schwarz-Weiß-Bild kann man ja noch gut verkraften, doch die ständigen Lautstärkewechsel rauben einem zwischenzeitlich echt die Nerven, weil man die ganze Spieldauer damit beschäftigt ist, die Lautstärke zu regulieren. Auch unter dem Aspekt, dass “Wenn die Abendglocken läuten“ schon fünfeinhalb Dekaden auf dem Buckel hat, sind die Mängel bei der Aufarbeitung ein klares Minus, das unter Umständen auch die Kaufentscheidung zum Negativen beeinflussen könnte – aber eigentlich nicht sollte, weil inhaltlich wirklich alles im grünen Bereich ist.
Entscheiden muss letztendlich natürlich jeder selbst. Die ansehnliche Story steht im Kontrast zu den schwachen Rahmenbedingungen der DVD, ist aber an sich absolut sehenswert. Und weil anspruchsvollere Kost aus dem deutschsprachigen Raum zumindest aus dieser Zeit eher rar gestreut ist, denke ich, dass man hier einmal beide Augen zudrücken und sich von der schönen Geschichte entschädigen lassen sollte. Die ist nämlich in “Wenn die Abendglocken läuten“ auf jeden Fall gewährleistet.
- Redakteur:
- Björn Backes