Brotherhood - 2DVD Limited Edition
- Regie:
- Kang Je-gyu
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Taegukgi
1 Review(s)
18.02.2007 | 14:06Hintergrund
1894 geriet das damals vereinte Kaiserreich Korea unter Japans Vorherrschaft, was zu einer massiven Ausbeutung des Landes führte. Besonders während des Zweiten Weltkriegs litt das Land sehr stark unter den japanischen Besatzern. Nach Japans Kapitulation im Jahr 1945 wurde Korea unter den alliierten Siegermächten aufgeteilt. Der 38. Breitengrad wurde zur Demarkationslinie bestimmt. Das Gebiet nördlich der Linie stand unter sowjetischer Verwaltung, das Gebiet südlich verwalteten die US-Amerikaner.
Im Mai 1947 ließen die USA unter Aufsicht der UNO Wahlen durchführen, die aber auf Grund des Boykotts der Sowjetunion nur im Süden stattfanden. In Folge dessen wurde am 15.08.1948 die Republik Korea ausgerufen. Im Gegenzug riefen die Sowjets am 09.09.1948 die Demokratische Volksrepublik Korea aus. Die Gräben zwischen beiden Ländern, durch den Kalten Krieg bestärkt, vertieften sich stetig. Durch seine Nähe zur Sowjetunion war das zukünftige Nordkorea militärisch stark überlegen und versuchte schon früh den Konflikt zur Eskalation zu bringen. Immer wieder überschritten nordkoreanische Truppen die Demarkationslinie am 38. Breitengrad.
Der eigentliche Krieg begann jedoch erst am 25. Juni 1950. Es gelang den gut gerüsteten Nordkoreanern Seoul bereits nach vier Tagen einzunehmen. Die südkoreanischen Truppen wurden tief in den Süden der Halbinsel zurückgedrängt. Erst mit Hilfe der USA gelang es den Südkoreanern zurückzuschlagen. Im November 1950 lag fast ein invertiertes Bild vor. Bis auf einen kleinen Teil, war fast ganz Korea in Händen des Südens. Erst jetzt mischte sich China unter Führung Mao Zedongs in den Konflikt ein. Die Vorstellung eines vereinten Koreas unter großer Mithilfe der Amerikaner war für Mao ein nicht tragbarer Umstand. So unterstützte er die stark geschwächte nordkoreanische Offensive mit 300.000 Soldaten, was erneut zu einem Machtwechsel führte.
So sollte es noch bis zum 27. Juli 1953 weitergehen. Erst an diesem Tag und nach fast drei Millionen vergeudeten Menschenleben kam es zu einem Waffenstillstandsabkommen. Mittlerweile waren große Teile der Halbinsel zerstört und die Wirtschaft beider Staaten nahezu vernichtet. Letzten Endes wurde der alte Status Quo beschlossen, die alte Demarkationslinie am 38. Breitengrad als offizielle Grenze deklariert. Da bis heute kein Friedensvertrag beschlossen wurde, befinden sich beide Staaten noch immer offiziell im Krieg. Noch heute stehen sich ca. eine Millionen Soldaten an der Grenze gegenüber - eine allgemeine Kriegsangst ist auch jetzt noch zu verspüren. Während die damalige Macht Nordkorea heute den Status eines Entwicklungslandes hat, stieg das damals arme Südkorea zu einem der mächtigsten Industriestaaten der Welt auf. Eine Wiedervereinigung ist bis heute nicht in Sicht.
Handlung
Mit dem Ausbruch des Koreakriegs werden die Brüder Lee Jin-tae (Jang Dong-Kun, "Nowhere To Hide") und Lee Jin-seok (Won Bin) zum Militärdienst rekrutiert. Sie müssen alle Habseligkeiten und - viel wichtiger - ihre kranke Mutter zurücklassen. Da ihr Vater schon vor Jahren verstarb, kümmert sich Jin-taes Verlobte Kim Young-shin (Lee Eun-ju) um die alte Frau.
Um seinen jüngeren Bruder schnell und unversehrt nach Hause zu bringen, schließt Jin-tae einen Pakt mit seinem befehlshabenden Offizier: im Gegenzug zur Entlassung Jin-seoks übernimmt er die gefährlichsten Einsätze an der Front. Doch Jin-seok toleriert das Verhalten seines älteren Bruders nicht. Er sieht in dem mittlerweile gefeierten Kriegshelden nur einen egoistischen, seelen- und skrupellosen Soldaten, der seine Familie in der Gier nach Medaillen vollkommen vergessen hat.
Unterdessen läuft der blutige Koreakrieg, der große Opfer auf beiden Seiten fordert. Bald stehen sich die Brüder ähnlich verbittert gegenüber wie die einst vereinten Kriegsparteien ...
Kritik
"Brotherhood" erzählt eine bewegende Familiengeschichte vor dem Hintergrund eines vergessenen Krieges. Maßgeblich durch den Kalten Krieg beeinflusst, entwickelte sich der Korea-Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg der ehemaligen Alliierten USA und UdSSR (und später China). Trotz drei Millionen Opfern (!) und mehrerer grausamer Kriegsverbrechen (die USA warfen alleine zwischen Juni und November 1950 über 3 Millionen Liter Napalm ab - ein Vielfaches der in Vietnam abgeworfenen Menge!) spielt der Krieg im weltweiten Bewusstsein keine große Rolle (anders als z.B. der Vietnamkrieg!).
Kang Je-gyu ("Shiri") nahm sich 2004 vor, dies zu ändern. Sein Film avancierte in Korea zum erfolgreichsten Kinofilm aller Zeiten. 11 Millionen Zuschauer fanden den Weg ins Kino - bei einer Einwohnerzahl von 45 Millionen ist das beinahe jeder Vierte!
Anders als in "Der Soldat James Ryan" spielt Patriotismus nahezu keine Rolle. Kang Je-gyu konzentriert sich viel mehr auf grundlegende Werte wie Familie und Zusammenhalt, anstatt blind gegen den kommunistischen Norden zu poltern. Im Zentrum der Handlung stehen die Brüder Jin-tae (Jang Dong-kun) und Jin-seok (Won Bin), die beide beim Ausbruch des Krieges eingezogen werden. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als ihre kranke Mutter zurückzulassen und zu hoffen, dass wenigstens einer der beiden den Krieg überleben wird.
Schon früh zeigt Regisseur Kang Je-gyu den großen familiären Zusammenhalt. Seine beiden Protagonisten verbindet ein starkes Band, welches nicht einmal der brutale Krieg zu zerschneiden vermag. Nach dem Tod ihres Vaters hat Jin-tae die Schule abgebrochen, um für die Familie als Schuhputzer den Lebensunterhalt zu verdienen. Unterdessen wuchs der junge Jin-seok zu einem Musterschüler auf, der fest mit einem Platz an der Seouler Universität rechnen kann. Durch Jin-taes selbstloses Opfer bekommt Jin-seok die Möglichkeit, den Traum der Familie auszuleben. Mit der Invasion am 25. Juni 1950 ändert sich jedoch alles schlagartig ...
An dieser Stelle erfährt der Film einen radikalen Bruch. Statt der Familienidylle regieren Bilder des brutalen und grausamen Krieges. Schonungslos wird das hässliche Gesicht des Krieges gezeigt, ohne dabei romantische Heldengeschichten zu erzählen. Während den Gefechten fliegen Körperteile durch die Luft, Menschen werden in Stücke gerissen und Bäche aus Blut vergossen. Tapfere Männer kämpfen in einem sinnlosen Krieg um die richtige idealistische Gesinnung.
Glücklicherweise bezieht der Film keine klare Stellung, stellt sich weder auf die kommunistische, noch auf die kapitalistische Seite. Die Sinnlosigkeit dieses Konflikts wird in aller Drastik gezeigt, bleibt aber immer nahe am Menschen. Anders als in DER großen amerikanischen WWII Produktion "Der Soldat James Ryan" und vergleichbar mit den Meisterwerken "Apocalypse Now" und "Platoon" zeigt sich der ganze Wahnsinn und das erschreckende Ausmaß kriegerischer Handlungen und seine Folgen auf das Individuum.
Unter dem Gesichtspunkt der Bruderschaft zeigt Kang Je-gyu, wie sehr der martialische Kampf der Nationen den Menschen verändern kann. Aus dem liebenden Bruder wird der blutdurstige Kriegsheld, der seine Familie vergessen zu haben scheint. Aber auch hier zeigt Je-gyu beide Seiten. Er erläutert Jin-teas Blutdurst mit eben jener Bruderschaft. Um seinen jüngeren Bruder aus dem Dienst entlassen zu können, strebt er den Weg des Kriegshelden an, der alle Gefahren auf sich nimmt, um (augenscheinlich) seinem Land zu helfen. Im Verlauf entfremden sich die Brüder immer stärker, ein gewisser Grad an Idealismus lässt sich bei beiden kaum mehr verleugnen. Doch so weit sie auch auseinanderrücken, ihr Blutsband reißt nicht!
"Brotherhood" ist ein außergewöhnlich guter Film, der völlig neue Werte in das Genre des Kriegsfilms bring. Während Francis Ford Coppola in "Apocalypse Now" den puren Wahnsinn des Kriegs eingefangen hat, zeigt Kang Je-gyu mit seinem Film die für den Einzelnen viel greifbareren Auswirkungen auf den Familienmenschen und den durch das Kriegstreiben bewirkten Grad an Entfremdung. Die dramatische Familiengeschichte lebt natürlich maßgeblich von ihren Hauptdarstellern, die mit Jang Dong-kun ("Nowhere To Hide") und dem Newcomer Won Bin perfekt besetzt sind. Sie spielen beide mit einer Intensität und einem Verständnis für den anderen, als wären sie wirklich miteinander verwandt. Doch auch der restliche Cast ist bis in die kleinste Statistenrolle perfekt besetzt! Sowohl in den ausladenden Schlachtszenen, als auch in den vielen ruhigen Szenen gibt es genug Darsteller, die sich ins Gedächtnis des Zuschauers spielen und die jeweilige Szene durch ihr Spiel aufwerten!
In inszenatorischer Sicht gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Wie von modernen Kriegsfilmen gewohnt, zeigt sich das Bild durch angehobene Braunwerte stimmungsvoll verändert und erweckt sofort ein authentisches Gefühl. Dies wird durch den Einsatz von Handkameras während der Schlachtszenen noch zusätzlich verstärkt. Man fühlt sich durch die wackeligen und hektischen Bilder förmlich mitten ins Geschehen hinein versetzt und erlebt das grausame Treiben so noch intensiver. Bei den Schlachten wird mit nichts gegeizt, das ganze, brutale Ausmaß des Krieges wird deutlich - Menschen mit schwachen Nerven und/oder Mägen seien gewarnt! Die klangliche Kulisse rundet das kinematografische Vergnügen vollends ab. Neben den sehr guten Soundeffekten kommt ein orchestraler Score zur Geltung, der locker die Klasse der ganz großen Hollywoodproduktionen erreicht. Durch die grandiose Musik wird dem Zuschauer der letzte Schlag versetzt, um ihn am gezeigten Leid teilhaben zu lassen. Auch hier in jeder Nuance perfekt!
Die DVD
e-m-s hat dieses koreanische Meisterwerk überaus ansprechend umgesetzt. Die 2DVD Limited Edition erscheint im schicken Steelbook samt informativem Booklet (heutzutage eine nennens- und lobenswerte Besonderheit!)
Das Bild (2.35:1) brilliert in allen Disziplinen. Die Schärfe ist ausgezeichnet und zeigt selbst in den hektischen Gefechtsszenen massig Details und eine wunderschöne Tiefenzeichnung. Gleiches lässt sich auch zum Schwarzwert und zum Kontrast sagen, die beide weit über dem Durchschnitt liegen. Trotz der weiter oben angesprochenen Braunfilter zeigt der Transfer auch überraschend kräftige Farben, was als weiteres, großes Plus anzusehen ist. Bildrauschen oder gar Fehler im Sinne von Dropouts o.ä. sind nicht auszumachen. Eine großartige Leistung, über die sich gerade Zuschauer mit potenter Hardware freuen werden!
Der Ton setzt sogar noch einen drauf! Neben je einer DD5.1 Tonspur in Deutsch und Koreanisch gibt es noch eine deutsche DTS-Spur. Diese unterscheidet sich aber nur marginal von ihrem ausgezeichneten Dolby Digital Pendant. Was dann während des Films geboten wird, lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: Referenzklasse! Direktionale Effekte, Split-Surround, donnernder Bass, perfekt eingebundene Umgebungsgeräusche, ein sich wunderbar ausbreitender Score ... und, und, und. Hier wird alles aufgeboten, was das Heimkino zu bieten hat! Der O-Ton bietet klanglich sogar noch einen Tick mehr, hat minimal kräftigere Bässe und wirkt feiner aufgelöst. Natürlich sind die Dialoge auch wieder besser eingebunden, wobei die deutsche Synchronisation als hervorragend bezeichnet werden muss. Egal für welche Spur man sich letztlich auch entscheidet, "Brotherhood" bietet dem Zuschauer ein Klangfeuerwerk sondergleichen!
Leider können die Extras dieses Niveau nicht halten. Das 2Disc-Set bietet ein gut 40-minütiges Making Of, 12 Minuten an Interviews, diverse Trailer und TV-Spots, Eindrücke vom Filmfest in Pusan und eine Bildergalerie. Die enthaltenden Extras sind zwar allesamt unterhaltsam und informativ, mehr wäre aber dennoch wünschenswert gewesen. Gerade im Hinblick auf die koreanische (oder vergleichbare internationale) Special Edition, die reichlich Hintergrundinformationen zum Koreakrieg liefert, mutet das deutsche Set recht mager an. Trotzdem ist das Enthaltene sehenswert und überzeugt in seiner Gesamtheit (Steelbook Sonderverpackung, Booklet).
Fazit
"Brotherhood" ist ein Meisterwerk und zu Recht der erfolgreichste Kinofilm aller Zeiten in Korea. Regisseur und Drehbuchschreiber Kang Je-gyu inszeniert ein Kriegsdrama, das zu gleichem Maße feinfühlig und drastisch die Auswirkungen des Krieges zeigt. In einer Familiengeschichte verpackt, wird die ganze Grausamkeit und Unmenschlichkeit des Krieges ungeschönt auf den Zuschauer losgelassen, ohne sich dabei plakativ oder patriotisch zu zeigen. Weiterhin kommt der Film ohne jegliche Wertung aus, was im emotionalen Genre des Kriegsfilms eine weitere Besonderheit darstellt. Die technisch perfekte 2DVD Limited Edition aus dem Hause e-m-s brilliert mit herausragender Bild- und Tonqualität und kommt zudem in schicker Sonderverpackung daher. Ausnahmslos ein Meisterwerk, das in jede Filmsammlung gehört!
- Redakteur:
- Martin Przegendza