Wal-Mart - Der hohe Preis der Niedrigpreise
- Regie:
- Robert Greenwald
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The High Cost Of Low Price
1 Review(s)
22.06.2007 | 16:44Wal-Mart ist der weltweit größte Einzelhandelskonzern, der vor allem in den USA, inzwischen aber auch in vielen anderen Ländern die Landkarte mit zahllosen riesigen Einkaufsmärkten überzieht. Dass man nicht nur mit tollen Preisen, guten Absichten und fairen Methoden an die Spitze der Weltwirtschaft gelangt, dürfte einleuchten. Doch viel zu selten werden die ganz großen Unternehmen mal kritisch unter die Lupe genommen.
Dieses Ziel hat sich die hier vorliegende Dokumentation gesetzt: Sie will aufdecken, wie Wal-Mart mit Staat, Konkurrenz, Kunden und Mitarbeitern umgeht. In loser Reihenfolge widmet sich die Doku von Regisseur Robert Greenwald daher den Erfahrungsberichten von Mitarbeitern, lokalen Einzelhändlern und anderen Wal-Mart-Geschädigten. Dass die Zusammenfassung hierbei eindeutig die negativen Seiten in den Vordergrund rückt, ist beabsichtigt. Somit ist das Werk - in "bester" Michael-Moore-Tradition - tendenziös, gefärbt und einseitig. Es soll ganz gezielt der Ruf des Kommerz-Giganten geschädigt werden und so werden Zitate der Firmenführung außerhalb des Zusammenhangs den negativen Erfahrungen der "Zeugen" gegenüber gestellt, so dass sich ein besonders zynisches Bild von der Konzernleitung ergibt.
Hier soll von Seiten des Rezensenten gar nicht angezweifelt werden, dass Wal-Mart nicht immer fair spielt. Dass mit Lohndumping die Angestellten klein gehalten werden, dass ganz klar Politik und Propaganda gegen die Gewerkschaften gemacht wird, und dass der Großkonzern liebend gern den lokalen Einzelhändler und den Tante-Emma-Laden ausbluten lässt. Das wird sicher oftmals zutreffen und von den Geschäftsführern auch beabsichtigt sein. Dass allerdings - wie von den Machern suggeriert - zum Beispiel Schwarze und Frauen generell diskriminiert werden sollen, lässt sich auch anhand der dargestellten tragischen Einzelfälle sicher nicht verallgemeinern.
Zudem ist zu erwähnen, dass in Sachen mangelnder Sozialleistungen der Konzern nur so weit geht, wie ihn die amerikanischen Gesetze gehen lassen. Der Filmemacher wirft Wal-Mart unter anderem vor, dass der Konzern seinen Mitarbeitern keine mit deren Niedriglöhnen finanzierbare Krankenversicherung zur Verfügung stellt, und deshalb viele der Angestellten auf Sozialhilfe (Medicaid) angewiesen seien, was den Steuerzahler jährlich Milliarden koste. Sicher, das mag nicht nobel sein von Wal-Mart. Doch im Endeffekt nutzt der Konzern lediglich die Möglichkeiten, welche ihm das liberalistische Wirtschaftssystem gibt: Zwingt man den gewinnorientierten Unternehmer nicht per Gesetz, seinen Angestellten die Sozialversicherung zu gewähren, so wird er es nicht tun.
Das Problem der Dokumentation ist daher über weite Strecken, dass sie nicht so ganz zu erkennen scheint, oder eben nicht laut sagen will, dass der "böse" Wal-Mart meist nur so weit geht, wie es ihm der amerikanische Traum von der freien Marktwirtschaft gestattet. Dabei sind Rücksichtslosigkeit und Profitgier an der Tagesordnung, keine Frage. Doch was bringt die Kritik an den Symptomen, wenn die im System begrabenen Ursachen nicht kritisiert werden. Bleibt nicht die Logik auf der Strecke, wenn sich der am Wal-Mart zugrunde gegangene Einzelunternehmer sagt: "Ich glaube an die Freie Marktwirtschaft. Ich glaube an Amerika.", und der nächste: "Aber Wal-Mart ist kein amerikanisches Unternehmen, sondern ein chinesisches Unternehmen mit amerikanischen Bossen."? So richtig es sein mag, die Machenschaften eines Großkonzernes wie Wal-Mart aufzudecken und anzuprangern, so sehr kann der Schuss nach hinten losgehen, wenn man sich zu offensichtlich tendenziös verhält und es versäumt, die Ursachen im Hintergrund zu beleuchten. Denn das Aussterben der amerikanischen Innenstädte, der Bankrott der kleinen Shops in Downtown und die fehlende soziale Absicherung der niedrigen Lohngruppen liegt mit Sicherheit nicht allein am Wal-Mart, auch wenn Robert Greenwald und seine Crew uns das glauben machen wollen.
Dennoch ist und bleibt die Dokumentation ein interessanter Hintergrundbericht, der notorischen Globalisierungsgegnern und Kritikern des Kapitalismus viel Wasser auf die Mühlen liefern wird. Auch könnte er uns Deutsche mal dazu bringen im großen Stil darüber nachzudenken, ob bei unseren Großdiscountern die Billigpreise nicht auch ähnlich teuer erkauft sind wie über dem großen Teich.
Der Film kommt in den Sprachen Deutsch und Englisch, wobei die deutsche Version teilweise Voice-Over und leiseren, aber erkennbaren Originalton hat, teilweise im Original mit deutschen Untertiteln daher kommt, was mir im Endeffekt gut gefällt, da es immer schön ist, wenn die Originalstimmen hörbar bleiben.
Soundformat: Dolby, DTS
Bildformat: PAL
Sprache: Deutsch, Englisch
Regionalcode: 2
Bildseitenformat: 16:9
FSK: ab 12
Spieldauer: 100 Minuten
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle