Wassup Rockers
- Regie:
- Larry Clark
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
1 Review(s)
12.07.2007 | 14:08Story
South Central, Los Angeles: Sieben Jugendliche hispanischer Herkunft entziehen sich den Bandenkriegen des Ghettos und der hasserfüllten Kultur ihrer afroamerikanischen Mitbürger. Ihre Obsession gilt den Skateboards und ihrer Punk-Rock-Band, die jede freie Minute ihrer Freizeit einnehmen. Als sich eines Tages die Gelegenheit bietet, mit einem geliehenen Wagen nach Beverly Hills zu reisen, lediglich um dort zu skaten, werden sie mit den üblichen Vorurteilen konfrontiert. Ihr Auto wird beschlagnahmt und die hochnäsigen Menschen im Nobelviertel Los Angeles trauen ihnen nicht über den Weg.
Als sie sich schließlich gegen die Obrigkeiten stellen und noch mit feindlichen Gangs konfrontiert werden und schmerzhaft erfahren, dass sie aufgrund ihrer Vorlieben und Herkunft keine Akzeptanz finden, realisieren sie, dass die Flucht aus South Central recht leicht ist. Dorthin zurückzukehren bedeutet indes häufig, die Gepflogenheiten des Ghettos hinzunehmen. Dabei wollten die Jungs nur skaten, Punk-Rock spielen und ihren Spaß haben ...
Meine Meinung
Streifen, die sich mit dem Leben in amerikanischen Großstadtghettos, insbesondere mit dem in South Central, beschäftigen, gibt es mittlerweile zuhauf. Manche sind dabei ziemlich hart (“Menace To Society“), manche wiederum richtig komisch (“Next Friday“), und doch besitzen sie alle auf eine ganz bestimmte Weise individuelle Klasse, weil sie mit ihrer Darstellung der Thematik aus dem Standard-Repertoire der amerikanischen Filmfabrik herausragen.
Mit den Gegebenheiten im Ghetto beschäftigt sich nun auch Larry Clark in seinem neuen Film "Wassup Rockers“ und auch er nähert sich der Sache von einer neuen Seite. Der Regisseur schließt nämlich die Gangbildung sowie die knallharten Auseinandersetzungen unter dem dunkelhäutigen Teil der Bevölkerung aus und widmet sich stattdessen einer anderen Randgruppe der amerikanischen Gesellschaft. Aus der Sicht ganz gewöhnlicher Latino-Kids, die sich mit dem Rest ihrer Homies aus dem Viertel nicht arrangieren wollen und sich nicht auf 'Teufel komm raus' anpassen möchten, beschreibt er den Alltag zwischen Armut, Arbeitslosigkeit, Prostitution und Verwahrlosung. Zwar stehen die jugendlichen Jungs oberflächlich über den Dingen und setzen sich außer mit ihren Skateboards und ihrer Musik nur selten mit ihrem eigentlichen Befinden auseinander, leiden aber insgeheim schon an einer dezenten Depression ob ihrer Herkunft und ihrer Zukunftsaussichten. Dies versuchen sie durch den zweckfreien Lustgewinn ihrer Freizeit auszugleichen und auch zu kompensieren, doch immer wieder wird ihnen verdeutlicht, dass sie fast ausschließlich Losertypen sind, denen es nicht nur an Akzeptanz, sondern vor allem auch an ehrlicher Zuneigung fehlt.
Auf ihrem Trip nach Los Angeles werden sie dann zum ersten Mal mit der knallharten Realität konfrontiert. Ihre Erscheinung als Sonderlinge wird ihnen bewusst, die fehlende Toleranz zumindest von Seiten der Gesetzeshüter unwiderruflich bestätigt. Zwar gelingt es ihnen auf Anhieb, einige Mädels für sich zu begeistern, doch deren Freunde steigen alsbald hinter die einmaligen Liebschaften der Latinos und greifen ein. Und schon ist der erste von vielen Eklats geboren, der lediglich auf das Erscheinungsbild und den Stand der Latinos zurückzuführen ist – nicht jedoch auf Aspekte der Menschlichkeit und Gleichberechtigung.
Clark hat ein ziemlich interessantes Bild von sieben äußerlich unterprivilegierten Kids gezeichnet und eine recht unspektakulär aufgemachte, dafür aber um so authentischere Dokumentation erschaffen. Man bekommt das Ghettoleben mal ganz anders vermittelt, mal gar nicht dramatisch oder gar bewusst sozialkritisch, sondern schlicht und einfach auf den ganz normalen Alltag dieser Jungen bezogen. Mal abgesehen davon, dass ihr Trip nach Beverly Hills mit einigen Besonderheiten gespickt ist, die vielleicht nicht gerade dem normalen Tagesablauf entsprechen, erfährt man viel über grundsätzliche Lebenseinstellungen, die Motivation am echten Leben teilzunehmen sowie Moralvorstellungen und Erfahrungen, die man in South Central und Umgebung macht – und dies zudem auch oft noch unbewusst humorvoll.
Kritisch hingegen muss man die Aufteilung des Streifens betrachten. So vertendelt man zum Beispiel in der ersten Dreiviertelstunde zu viel Zeit mit Szenen aus dem Proberaum der Band und eher belanglosen Dialogen untereinander. Dies mag zwar aus dokumentarischer Perspektive realistischer erscheinen, mindert aber definitiv die Motivation, längere Zeit an "Wassup Rockers“ teilzuhaben. Auch die teils überlangen Darstellungen der Skateboard-Künste hätte man sicherlich zugunsten solcher Ereignisberichte, wie sie während des Aufenthalts im Nobelviertel mit verschärftem Tempo Schlag auf Schlag folgen, kürzen können. Denn erst dort beginnt der Film so richtig, erst dann begreift man, was Clark überhaupt darstellen möchte, wie die Intention bzw. der Grundgedanke cineastisch umgesetzt wird. Und erst dort versteht man, was South Central, Los Angeles bedeutet – innerhalb und außerhalb des Ghettos.
Schade ist, dass der insgesamt sehr ansehnliche, sehr interessante Mix aus Spielfilm und Dokumentation in der deutschen Aufarbeitung ziemlich katastrophal ist, wobei dies in erster Linie auf die Synchronisation zielt. Nicht nur, dass die Synchronstimmen unter aller Kanone sind, auch die eingedeutschten Anglizismen gehen auf keine Kuhhaut und versprühen alles, nur nicht Glaubwürdigkeit. Vielmehr wird der Eindruck vermittelt, hier würden einige Laien ihre Parts selber nicht so ernst nehmen und bei Chips und einem Bier ihre Passagen einsprechen. Nach wenigen Minuten sieht man sich gezwungen, zum englischen Originalton zu wechseln, was sich andererseits aber auch grundsätzlich bei einem Streifen aus diesem Genre empfiehlt.
Dementsprechend ist der Ton auch völlig inakzeptabel, leider aber auch im amerikanischen Original, wo vieles wegen des undifferenzierten Sounds (im Kombination mit dem scharfen Latino-Slang) untergeht. Ansonsten gibt es nichts zu beanstanden. Das Bild beschreibt die beklemmende Atmosphäre mancher Szenen ebenso gut wie das gesamte Flair der verschiedenen Stadtteile. Ein paar Specials wären zwar nicht schlecht gewesen, aber im Grunde genommen sprechen die meisten Passagen inhaltlich Bände.
Fazit
“Wassup Rockers“ ist ein recht guter Querschnitt durch die Ghettolandschaft von Los Angeles und den Problemen, Vorurteilen und Eigenarten, die das Leben in einer gesellschaftlichen Randgruppe im ach so offenherzigen Amerika mit sich bringt. Sieht man mal von der eher mangelhaften Sprachaussstattung und einzelnen Längen zu Beginn des Films ab, ist Clarks Werk, das im Übrigen Sharon Stone als ausführende Produzentin in Aktion zeigt, ein recht ansehnlicher, mitunter trauriger und - ohne offenkundige Inszenierungen – bewegender Streifen aus einem finsteren Landstrich der Westküste der Vereinigten Staaten. Wer die Materie grundsätzlich liebt, sollte “Wassup Rockers“ also keinesfalls verpassen.
- Redakteur:
- Björn Backes