11:14 - Elevenfourteen
- Regie:
- Greg Marcks
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA / Kanada
- Originaltitel:
- 11:14
1 Review(s)
22.06.2007 | 17:16Kleine, fiese Independent-Streifen, die noch dazu von Nobodys inszeniert werden, verlassen Nordamerika gemessen an der Runterkurbelfrequenz der dortigen Filmindustrie beschämend selten. Die Null-Risiko-Mentalität ist erschreckend. Ab und an gelingt es einem aufstrebenden Regisseur aber doch, den Verantwortlichen Kohle für sein Erstlingsprojekt aus dem Kreuz zu leiern, ohne die Kreativität dafür verschachern zu müssen. 2005 gehörte Rian Johnson zu den Glücklichen. Sein doppelbödiger Neo-Film-noir "Brick" gab im vergangenen Jahr auch deutschen Zuschauern wieder etwas Hoffnung in den US-Filmemacher-Nachwuchs.
Zwei Jahre zuvor war ein Mann namens Greg Marcks in den Kreis der vielversprechenden Talente aufgestiegen. Leider hat er seinem Debüt, der Thrillerkomödie "11:14", noch keinen neuen Streifen folgen lassen. Auf der faulen Haut hat er dennoch nicht gelegen. Zuletzt war er als Schauspieler in David Lynchs "Inland Empire" zu sehen, was beweist, dass er Kontakt zu den richtigen Kreisen hält. Und bei einem Dreh mit dem großen David Lynch wird Marcks einiges aufgeschnappt haben, das ihm auf seinem weiteren Regie-Weg von Nutzen sein wird. Einen besseren Lehrer wird man nicht finden.
Angeblich kann sich der durchschnittliche US-Amerikaner nur 179 Sekunden am Stück konzentrieren, weshalb beispielsweise Songs, die im Radio gespielt werden sollen, nicht länger als drei Minuten (das höchste der Gefühle sind drei Minuten und dreißig Sekunden) sein dürfen. Betrachtet man darüber hinaus die Filmbranche und die alljährlichen zweihundert Million Dollar teuren Sommer-Blockbuster aus Hollywood, ist man geneigt, das als Fakt in Stein zu meißeln. Die Nettohandlungszeit überspringt die Drei-Minuten-Hürde in den seltensten Fällen, die restlichen zweieinhalb Stunden sind uninteressante CGI-Effekte, "Oh Shit!"-Dialoge, Sonnenbrillen-Discount-Coolness und ganz viel "Bumm!" ohne Sinn. Leicht konsumierbar, keine Frage, aber die Übelkeit setzt schon vor dem Ende ein. Dieser ganze Bläh-Kram fehlt in "11:14" und wird durch Spaß am Kino ersetzt. Kassenschlager adé, hallo guter Film!
Zugegeben: "Bumm!" macht es auch in Greg Marcks' Film – zweimal sogar, um genau zu sein. Allerdings macht es nicht "Bumm!", um ein großes "Bumm!" und vielleicht auch noch ein kleines "Peng!" zu haben, sondern um die Handlung in Gang zu setzen, die erklärt, warum es um exakt vierzehn Minuten nach elf zu zwei Autounfällen kommt. Durch Rückblenden nimmt das Puzzle Stück für Stück Gestalt an. Detailreich, teilweise lakonisch wie bei den Coen-Brüdern und mit viel schwarzem Humor durchsetzt, werden die Schicksale mehrerer Menschen miteinander verknüpft, wobei jede Figur zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Um jedes Glied der Ereigniskette wahrzunehmen, sollte man aufmerksam bleiben, allerdings wurde es einem selten so einfach gemacht, voll bei der Sache zu sein, wie hier.
Der Film hat ein hohes Tempo, extrem gutes Timing und bestens aufgelegte Schauspieler, denen man abnimmt, dass sie Fans der Story sind. Anders wäre es auch kaum möglich gewesen, die damals bereits mit einem Oscar für "Boys Don't Cry" dekorierte Hilary Swank für einen Low-Budget-Streifen zu gewinnen. Neben ihr verblassen aber auch die unverständlicherweise immer noch nicht richtig durchgestarteten Rachael Leigh Cook (ja, die aus der Teenie-Grätsche "She's All That") und Shawn Hatosy (u. a. "The Faculty") keineswegs. Und sogar Tanzbeinschwinger Patrick Swayze reißt sich genau wie zwei Jahre zuvor in Richard Kellys "Donnie Darko" mächtig am Riemen. Alles zum Wohl des Films.
Essenzielle Fragen werden in "11:14" aufgeworfen und deutlich beantwortet. Warum sollte man nicht aus dem Seitenfenster eines fahrenden Kleinbusses pinkeln? Welche Folgen kann Sex auf 'nem Friedhof haben? Und was passiert, wenn man sich auf eine Frau einlässt, um die man besser einen großen Bogen gemacht hätte? Hinschauen, amüsieren, aber auf keinen Fall nachahmen.
- Redakteur:
- Oliver Schneider