Stirb langsam 4.0
- Regie:
- Len Wiseman
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Action
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Live Free or Die Hard
3 Review(s)
05.06.2008 | 15:544.0 erregte hektische Betriebsamkeit in der Fangemeinschaft des normalsten Superhelden der Welt. Sollte John McClane tatsächlich mit Hightech aufgerüstet in die Riege der hundert Techno-Supermänner gerückt werden? Ein Opfer an den Zeitgeist - die ewig lockende Zielgruppe der Vierzehn- bis Zwanzigjährigen? Man bedenke: Als die Ältesten dieser so heftig umworbenen Zielgruppe geboren wurden, hatte John McClane schon Jahre zuvor ein ganzes Hochhaus und natürlich seine Frau gerettet, und der Bösewicht wurde noch nicht von Severus Snape gemimt, sondern von einem allseits anerkannten Charaktermimen namens Alan Rickman. Teil zwei und drei reihten sich ja noch relativ flüssig ein, wenn auch unter dem heftigen Gemurre der Fanbasis, doch allein der Titel des vierten Teils sorgte für einen handfesten Skandal.
Bis der Film dann letztendlich herauskam und sich die Welt erneut in John McClane verliebte. Denn was man zu sehen bekam, war kein hochtechnologisierter Streifenbulle, sondern ein McClane, der menschlicher nicht sein könnte. Am besten beschreibt sich McClane noch selbst, als er zu seinem Schützling mitten im Film meint: "Deine Frau verlässt dich, deine Tochter hasst dich, und du kommst abends nach Hause, um wie so oft alleine vor deinem Essen zu sitzen".
Das ist blutige Selbsterkenntnis, aber auch angebracht, denn McClanes Leben sieht wirklich alles andere als rosig aus, als er in ein neues Abenteuer kracht: Als er für das FBI einen Hacker abholen soll, stolpert er mitten in eine Exekutionsmission für selbigen, und nach einer stilechten und wie gewohnt spektakulären Ballerei schafft er es, den Jungen in Sicherheit zu schaffen. Vorerst. Denn im Laufe des Films bekommt er es mit fiesen Cyber-Gangstern zu tun, die natürlich voll aufgerüstet sind und nicht weniger als die amerikanische Zivilisation im Würgegriff halten. Die Offiziellen sind so überfordert wie ahnungslos, und mit Hilfe des jungen Computerfreaks schafft McClane es auf recht altbackene aber charismatische Art und Weise, sich immer weiter in Richtung finale Gegenüberstellung zu ballern.
Der vierte Teil der "John McClane gegen alle!"-Quadrologie funktioniert im Prinzip wie die drei Teile zuvor: ein Held, der keiner sein will, schafft es, die "amerikanischen" Tugenden Familie, Aufopferungsbereitschaft und Patriotismus aufrechtzuerhalten, während die Offiziellen grandios an der Brillanz der Gegner scheitern.
Apropos Gegner, apropos Brillanz: Timothy Olyphant ist mit seiner Rolle des frustrierten, aber entschlossenen Supertechnofieslings perfekt besetzt, und es ist immer wieder eine Freude, ihm dabei zuzuschauen, wie er McClane immer mehr Steine in den Weg legt und immer wieder damit scheitert. Allein die Gegenüberstellungen zwischen ihm und McClanes Tochter sind auch nach dem fünften Mal noch amüsant zu verfolgen.
Über die Rolle des flaumbärtigen Hackers Matt Farrell kann man sich streiten, und einige sehr strapazierende Momente in dem Film sind darauf zurückzuführen, dass er es nicht schafft, die Aufmerksamkeit, die er erhält, auch zu nutzen. Ansonsten ist die Besetzung Kraut im Gemüsegarten und eh nur darauf getrimmt, die jugendliche Zielgruppe ins Kino zu locken (McClanes Frau wurde gegen McClanes hübsch anzusehende, aber vollkommen überdreht gespielte Tochter ausgetauscht) oder um McClane die nötigen Einsatzpunkte zu geben - das war's.
Kein großer Griff der Filmgeschichte, sicherlich nicht, aber einfach nur konsequent in der Geschichte der Reihe, und damit absolut kein Kritikpunkt. Die Negativpunkte, die mir schon beim ersten Sehen aufgefallen sind, sind an einer Hand abzuzählen:
1. John McClane streitet sich mit Farrell über CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL, und Farrell dreht dabei total ab. Absolut unauthentisch, denn kein normal denkender Mensch würde CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL als Schrott bezeichnen!
2. In der Tradition der "Die Hard"-Serie gibt es immer wieder beinharte Unlogiken in dem Film, die einem quasi ins Gesicht brüllen. Zum Beispiel: Das komplette Funk- und Mobilfunknetz ist tot, alle Kommunikationskanäle sind zusammengebrochen, und in einem aufgebrochenen Auto schafft es Farrell dennoch, die Notrufzentrale zu erreichen?
3. Die Schreddereinlage im Serverkühlturm – bitte was?
4. Kevin Smith als Warlock – der Mann sollte den Mund einfach nicht aufmachen dürfen.
5. John McClane vs. Kampfjet – irgendwann ist es auch mal gut.
Blendet man diese Aspekte aus, macht der Film vor allem eines: Spaß. Denn auch wenn man hier keine brillanten Spezialeffekte - vom obligatorischen Bumm-hier und Bang-da mal abgesehen - und neuartigen Kunstgriffe des Films entdeckt, ist "Stirb Langsam 4.0" ein lupenreiner Actionfilm der klassischen Machart, auch wenn er in heftig viel Silizium und Plastik gekleidet wurde.
Für Fans der Reihe ein absoluter Pflichtkauf, für Freunde des guten Actionkinos sowieso, und für alle anderen eigentlich auch. Weil: John McClane!
- Redakteur:
- Michael Kulueke
Action-Oper: Der Cop und der Billionendieb
Der New Yorker Cop John McClane freut sich schon auf die Pensionierung, aber das Schicksal hat ein anderes Programm für den Nationalfeiertag am 4. Juli vorgesehen. Wie immer zur falschen Zeit am falschen Ort, gerät er mitten in einen Anschlag von Cyberterroristen, die das Versorgungs- und Kommunikationsnetzwerk der USA lahmlegen. Ein mysteriöser Hacker namens Gabriel hat seinen Anschlag generalstabsmäßig durchgeplant, aber dabei eine Kleinigkeit übersehen: John McClane. Denn der ist noch biologische Wetware. Doch wir wissen: Beim Spiel "Stirb langsam" geht es darum, wer am härtesten ist und als Letzter stehenbleibt.
HINWEIS: Dieser Bericht beruht auf der Originalfassung. Die deutsche synchronisierte Fassung kann davon abweichen.
Filminfos
O-Titel: Live Free and Die Hard (USA 2007)
Dt. Vertrieb: 20th Century Fox
Filmstart Germany: 27.6.2007
FSK: ab 16
Länge: ca. 129 Minuten
Regisseur: Len Wiseman
Kamera: Simon Duggan
Drehbuch: Mark Bomback, basierend auf dem Artikel "A Farewell to Arms" von John Carlin
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Bruce Willis (Lt. Det. John McClane), Justin Long (Matthew Farrell), Timothy Olyphant (Gabriel), Maggie Q (Mai), Winstead (Lucy McClane) u.a.
Mehr Info: http://www.stirblangsam4.de
Handlung
Es ist der frühe Morgen des Nationalfeiertags am 4. Juli, als John McClane mal wieder Ärger mit seiner Tochter Lucy hat, die inzwischen auf ein Washingtoner College geht. Die junge Frau (Winstead) weiß nicht genau, zu wem sie gehört: zu McClane, den sie ablehnt, oder zu ihrer Mutter Bonne Gennero, die nie da ist. Inzwischen gehen woanders seltsame Dinge in den Computersystemen der Stadt vor, und deshalb erreicht ihn ein Hilfeersuchen des FBIs. Er soll einen jungen Hacker namens Matthew Farrell (Long) ins mobile Einsatzzentrum bringen, das von Michael Bowman (Cliff Curtis) geleitet wird.
Kaum hat McClane die Wohnung Farrells betreten, wird diese auch schon beschossen. Sieben andere Hacker wurden bislang getötet, und Farrell soll Nr. 8 werden. Französisch quasselnde Terroristen ballern McClane die blauen Bohnen um die Ohren, der sich in gewohnter Manier zur Wehr setzt. Zu guter Letzt zerlegt eine versteckte Bombe das Apartment des Junghackers. Um Haaresbreite entkommen die beiden den Terroristen.
Ein amerikanischer Terrorist mit dem Namen Thomas Gabriel (Olyphant) hat mit seinem Hackerteam inzwischen die Kontrolle über die Verkehrssteuerung Washingtons übernommen. Doch das ist nur Phase 1 seines generalstabsmäßig ausgetüftelten Plans. In Phase 2 legt er die Kommunikations-Infrastruktur lahm, in Phase 3 die Energie- und Wasserversorgung. Doch wozu das alles? Dies sind nur Manöver, um vom wahren Ziel abzulenken: die Konten aller US-Bürger, US-Firmen und der Regierung, die in einem einzigen Rechenzentrum gesichert sind, abzuräumen.
Ständig verfolgt von den Terroristen, getäuscht von verkleideten FBI-Leuten, nichts ahnenden Heimatschutzagenten und anderen hilflosen Hohlköpfen, versucht McClane sein Leben und das seines Schützlings zu retten. Der junge Mann muss bald einsehen, dass der Virus, den Thomas Gabriel so destruktiv einsetzt, aus seinem, Farrells, Kopf stammt. Er hat etwas wiedergutzumachen.
Als Gabriel McClane endgültig aus dem Spiel nehmen will, lässt er kurzerhand dessen Tochter Lucy entführen. Das hat aber lediglich den Effekt, dass ihm McClane noch mehr auf die Pelle rückt. Mal sehen, ob auch ein Cyberterrorist das Spiel "Stirb langsam" bis zum Ende durchstehen kann.
Mein Eindruck
Die Kamera ist immer ganz nah dran am Action-Geschehen, und das verleiht den mitunter ziemlich rasanten Szenen eine fesselnde Wirkung, die keinen Zuschauer unberührt lässt. Diese Verfolgungsszenen oder Schusswechsel (meist in Kombination) wechseln mit langsamen Sequenzen ab, so dass der Film einen deutlichen und wohltuenden Rhythmus hat. In den ruhigeren Passagen wird viel erklärt, um dem Zuschauer - vertreten durch das "alte Eisen" McClane - einen Überblick darüber zu liefern, was eigentlich los ist.
~ Cyberwar: Hacker als Schurken ~
Was los ist: Dies ist elektronische Kriegsführung, wie sie bereits im Serbienkrieg anno 1992 und 2007 gegen Estland eingesetzt wurde. Mit modernsten Knowhow gelingt es den amerikanischen Cyberterroristen, in die Steuerungsnetzwerke für Telekommunikation, Energieversorgung und Verkehrskontrolle einzudringen. Sogar das digitale Fort Knox der Informationsgesellschaft, die National Security Agency NSA (vgl. dazu Dan Browns Thriller "Digital Fortress" alias "Diabolus"), ist nicht vor der Eroberung sicher. Vor diesem Hintergrund ist die Versionsnummer 4.0 im Titel durchaus gerechtfertigt. Doch keine Bange: Was hier auf den Bildschirmen gezeigt wird, ist für die meisten Zuschauer nichtssagend. Hauptsache, sie verstehen die Warnung "Zugriff verweigert" und dergleichen.
~ Hacker als Helden ~
Auch John McClane ist im digitalen Zeitalter eine Art Fußgänger geblieben, aber im Fall des Falles rekrutiert er einfach ein "Kid" aus der Hackerszene. Dies ist naheliegenderweise zunächst Matt Farrell, der wie ein junger Keanu Reaves mit Dreitagebart aussieht. Ein zweiter Hacker ist Warlock, der sich inmitten seiner nostalgischen Star-Wars-Puppen und -Poster eine "Kommandozentrale" aufgebaut hat. Wenn alle Netze zusammenbrechen, wie kann man dann noch in die Ferne kommunizieren? Per CB-Funk! Und Warlock ist wahrscheinlich der letzte Mohikaner, der noch so eine Konsole besitzt. Er stellt für McClane ausnahmsweise - er hasst Cops - die Verbindung zum FBI her. Der Grund: Es geht um Lucys Leben.
Das FBI
... spielte in den drei bisherigen "Stirb langsam"-Streifen eine eher unrühmliche Rolle. Im ersten und besten Film traten hier verhinderte Vietnam-Cowboys auf, die ihr Hirn zu Hause gelassen und es durch das Lehrbuch ersetzt hatten. Diesmal jedoch spielt das FBI nicht den Deppen der Nation, wohl aber den vom Heimatschutzministerium verarschten Musterknaben. Michael Bowman (Cliff Curtis) ergreift die Inititiative, weil er immer noch durchblickt - nicht zuletzt dank McClanes Input. Aber auch er muss einsehen, dass er ohne Telefon und Satelliten aufgeschmissen ist. Wenigstens funktionieren noch ein paar Helikopter und Leitungen.
~ Die Schurken im Stück ~
... sind auch diesmal hinter dem grünen Gott Mammon her. Doch anders als in Teil 1 wird kein Hochhaus gestürmt, keine Bundesbank ausgeräumt wie in Teil 3 und erst recht kein General freigepresst. Der schnöde Zaster liegt wie gesagt in den Computern der NSA und lässt sich früher oder später auf elektronischem Wege abräumen. Der Reichtum der gesamten Nation passt auf einen einzigen Datenspeicher von Handtellergröße.
Zunächst dachte ich, dass die bösen Jungs alle aus Europa kämen, eine Art Söldnertruppe wie in Teil 1, denn schließlich kann man den Franzosen als aufrechter Amerikaner nicht mehr trauen: Sie wollten weder nach Afghanistan noch in den Irak. Doch falsch gedacht. Der führende Kopf der Bande ist ein bodenständiges Erzeugnis des militärischen Sicherheitsapparates der USA selbst. Thomas Gabriel ist ehemaliger Chefprogrammierer, wurde aber geschasst und gedemütigt, seines Lebens und seiner beruflichen Perspektiven beraubt. Jetzt hält er sich für den "good guy". Dabei lügt er sich in die Tasche, wie bald klar wird: Er ist auch nur ein Dieb. Ein Billionendieb.
~ Alles Handarbeit? ~
Die Propaganda von 20th Century Fox behauptet, die Stunts in diesem Film seien alle realistisch gedreht worden. Für die allermeisten gilt dies auch. Sie steigern sich sukzessive wie ein Erdbeben auf der Richter-Skala. Kaum ist Farrells Apartment zerlegt worden, befinden sich Farrell und McClane auf den Straßen, wo die Automobile nur so ineinander krachen. Der nächste Action-Höhepunkt ist eine Verfolgungsjagd bis in einen Straßentunnel hinein - alles Handarbeit wie behauptet. In einem weiteren Höhepunkt - der Film bewegt sich in Rhythmen auf jeweils einen weiteren Höhepunkt zu - fliegt ein komplettes Heizkraftwerk in die Luft: für Pyromanen sicherlich gerechtfertigter Anlass für einen Orgasmus. So etwas hat man zuletzt in "Batman" anno 1989 gesehen.
Doch es gibt eine Szene, die mir völlig übertrieben scheint, weil sie direkt aus "Terminator 2" oder "True Lies", also zwei James-Cameron-Filmen, stammen könnte. McClane steuert gerade einen riesigen Truck, als sein Gegenspieler durch Täuschung einen Luftwaffenbomber auf ihn ansetzt. Es ist dieser Kampfjet, der mir so unglaubwürdig erscheint, dass er höchstwahrscheinlich direkt aus dem Computer stammt. Die Maschine saust wie ein Senkrechtstarter durch die Streben eines typisch amerikanischen Autobahnkreuzes von gigantischen Ausmaßen, feuert die ganze Zeit seine Raketen und Bordwaffen ab, doch McClane lebt (natürlich) immer noch. Schließlich hüpft McClane sogar noch auf den in der Luft stehenden Jet, wie es Schwarzenegger einst in "True Lies" vormachte. Mit "Handarbeit" hat das nichts mehr zu tun, wohl aber viel mit Modellen, Green Screen-Aufnahmen und CGI.
In einer weiteren Szene wird dreist bei "Jurassic Park 2: The Lost World" abgekupfert. Jeder kennt die ellenlange und superspannende Szene, als sich die "Guten" in ihrem Wohntrailer befinden und dieser von zwei T-Rexen über eine Klippe geschoben wird. Das folgende Drama findet in dem senkrecht über dem Abgrund hängenden Wohnwagen statt. Der Abgrund wird in "Stirb langsam 4.0" durch einen Fahrstuhlschacht ersetzt und der Wohnwagen durch einen modernen Jeep.
~ Bruce Willis ~
Der Star dieser ganzen Veranstaltung ist natürlich der Mann, mit dem die Show steht oder fällt. Bruce Willis hat zwar einiges an Fältchen zugelegt, aber nichts an Muckis und Glatze nachgelassen. Auch sein Humor ist ganz der alte: trocken und tiefgekühlt.
Es gibt nur eine Szene, in der er wirklich alt aussieht, nämlich dann, als ihn die asiatische Hackerin Mai (Maggie Q) nach Strich und Faden mit ihren Kungfu-Künsten durch ein Büro prügelt. Da segelt Herr Willis doch recht unelegant durch die Möblierung (u. a. wertvolle Computer). Auch auf seine Faustschläge alter Schule hat seine Gegnerin immer eine Antwort parat, die meist in einem Handkantenschlag besteht. Dass er sie dennoch besiegen kann, hat er mehr seinem Glück und der Hilfe seines Schützlings zu verdanken als eigenen Fähigkeiten. Aber sei's drum: Die Action sieht gut aus. Aber Maggie Q hat mich in dieser finalen Szene ihres Abgangs sehr beeindruckt.
~ Generationen ~
Matt Farrell wie auch Mai und Thomas Gabriel gehören der neuen Generation von Computer-Whizzkids an. Dadurch haben sie ein echtes Problem mit einem solchen Fossil wie John McClane. Der findet doch tatsächlich noch die Hits der guten alten Bands wie Creedence Clearwater Revival obercool. Natürlich haben Jung-Punks wie Farrell noch nie von solchen Kifferbands gehört. Er liefert sich mit McClane herrliche Wortgefechte zu diesem Thema. Bruce Willis legt bei diesen Kabbeleien Würde und Weisheit an den Tag.
Dass aber auch Hacker auf kindliche Weise nostalgisch sein können, belegt der Hacker Warlock (ich bin gespannt, wie die deutsche Synchro diesen Namen übersetzt; er bedeutet so viel wie Hexenmeister und Zauberer). Seine "Kommandozentrale" ist wie gesagt mit Star-Wars-Reliquien vollgestopft. Dass seine CB-Funkfrequenz auch noch die Nummer 66,6 trägt, ist ein weiteres Indiz auf die absichtsvolle Überlagerung der tristen Hackerrealität durch die stilisierende Fantasiewelt von Zauberei und Sternenkrieg.
McClane fühlt sich hier gleich wohl, obwohl nicht das Jahr 1977, als "Star Wars" in die Kinos kam, seine Ära ist, sondern eher das Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre. Interessanterweise ist es nur McClane, der den "Fake", den die Cyberterroristen inszenieren, als fiese Täuschung erkennt. Alle anderen glauben an das, was ihnen die Maschinen ihnen signalisieren und zeigen.
~ Helden ~
Aber was ist denn nun ein "Held"? McClane, von Farrell als solcher tituliert, wehrt ab: Er ist von seiner Frau geschieden, seine Tochter will ihn nicht mehr sehen, vom Staat gab's nur einen Orden und ein Schulterklopfen, aber ansonsten kämpft er bloß noch um seine Rente (im Film ist das der US-spezifische 401-Pensionsfonds) und die Abzahlung seiner Hypothek. Nicht viel Heroismus, oder?
Aber McClances Argument zieht noch immer. Wenn sonst keiner das tun will oder kann, was getan werden muss, dann muss eben der einspringen, der dazu willens und in der Lage ist. Zu solchen Aufgaben gehören vor allem: die Rettung von unschuldigen Leben und - in Amerika ganz wichtig - des hart erworbenen Wohlstandes der Normalbürger. Hey, schließlich wandern ja die Leute aus aller Welt in die USA ein, um es hier zu etwas zu bringen, oder? (Und unter ihnen waren auch jede Menge Deutsche.) Unter den Normalbürgern befindet sich auch ein gewisser John McClane, und er wird alles daran setzen, sich sein Held nicht wegnehmen zu lassen.
Am Schluss wird auch aus dem verantwortungslosen Virus-Erfinder Farrell ein Held. Das war nicht selbstverständlich. Aber es rettet McClane und seiner Tochter das Leben. Der Stab des Heldentums ist weitergegeben worden.
~ Humor ~
Es gab jede Menge zu lachen in diesem Film, und der Saal scheute sich nicht, dies lautstark kundzutun. (Nur der Hund bellte nicht mit.) Verantwortlich sind nicht zuletzt McClanes trockene, coole Sprüche, sondern auch eine leise Ironie, die in den Gegensätzen zwischen den Generationen zu Tage tritt. Aber es gibt auch bittere Ironie, die mich zum Lachen brachte. So etwa jene Szene, als der FBI-Einsatzleiter Michael Bowman herausfindet, dass ihn das Heimatschutzministerium nicht für würdig befunden hat, ihm ein megawichtiges Staatsgeheimnis anzuvertrauen, dass nämlich sämtliche Finanzdaten der USA in einem einzigen Computer der NSA gesichert werden. Begründung: "You don't have the payrate." Zu deutsch: Dieses Geheimnis kommt nur solchen Leuten zur Kenntnis, die genug Geld verdienen. Das ist der ultimative Zynismus des Systems.
Unterm Strich
Ich hätte nie gedacht, dass die Serie "Stirb langsam" mal in der Liga von "Terminator" spielen würde. Aber ich hätte es kommen sehen sollen. Die Schauplätze wurden von Episode zu Episode immer größer, der wiederzubeschaffende Schatz immer wertvoller, die Stunts immer waghalsiger, die Schurken immer europäischer.
Nun ist Schluss mit der Megalomanie, sollte man meinen. Dem ist nicht so. McClane rettet nichts Geringeres als den Zivilisationsstand und den versammelten Reichtum seiner ganzen Nation. Um das digitale Armageddon à la Terminator zu verhindern, fliegen Helikopter, Computer en masse, ein komplettes Heizkraftwerk und schließlich ein Kampfjet in die Luft. Wie schon gesagt, fand ich letztere Szene am unglaubwürdigsten, nicht nur wegen der CGI-Effekte. Hier macht es Willis einem gewissen Herrn Schwarzenegger nach. Dass Herr Willis ebenfalls in die Politik einsteigen will, um Gouvernator zu werden, dementiert der Schauspieler aber heftig (u. a. in der Wochenendbeilage der "Süddeutschen Zeitung" vom 23. Juni 2007). Staatstragend wäre Willis aber allemal.
Fazit: Der Streifen bietet jedem Actionfan hundertprozentige Befriedigung, ganz besonders auf der großen XXL-Leinwand. Wer sich auf Kritiker verlässt, die nur die ersten 20 Minuten sehen konnten (z. B. "TV-Spielfilm"), ist auf dem Holzweg. Ich fand mich sehr gut unterhalten und ärgerte mich nur über den breiten amerikanischen Akzent der Schauspieler Willis und Long (alias Farrell), aber alle anderen waren ausgezeichnet zu verstehen. Empfehlung: Jeder Actionfan sollte den Streifen gesehen haben. Der Rest kann zu Hause Pullover stricken.
- Redakteur:
- Michael Matzer
Kinostart: 27.06.2007
Hintergrund
"Stirb langsam" ("Die Hard") revolutionierte Ende der 80er das Actionkino. Jahrelang waren Actionhelden Stereotypen für Übermenschen, die scheinbar unverwundbar für das Gute kämpfen. John Rambo, aka Sylvester Stallone, dürfte exemplarisch für diese Actionheld Gattung sein ("Rambo" 1982).
Dies änderte sich mit John McClane (Bruce Willis). McClane war (und ist) kein Superheld in Menschengestalt. Er ist vielmehr ein ganz normaler Polizist, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist und sich für das Richtige einsetzt. Im Unterschied zu "Rambo" und Co. sieht man an ihm jedoch, dass beim Hobeln Späne fallen. Die Einstellung von McClane im schmutzigen, blutverschmierten weißen Unterhemd hat ebenso Filmgeschichte geschrieben wie sein Ausspruch "Yippieh-ka-yay, motherfucker!" ("Yippie-ka-yay, Schweinebacke!")
Der Film sollte noch zwei Sequels nach sich ziehen ("Stirb Langsam 2" (1990) und "Stirb Langsam - jetzt erst recht" (1995)). Nachdem Bruce Willis der Figur des John McClane abgeschworen hat, schlüpft er zwölf Jahre nach dem dritten Teil wieder in seine Paraderolle.
Handlung
John McClane (Bruce Willis), mittlerweile Inspektor beim New York Police Departement (NYPD), hat schon bessere Zeiten erlebt. Seine Frau hat sich von ihm getrennt, seine Tochter will nichts mit ihm zu tun haben. Der Ruhm alter Tage scheint vergessen. Zudem wird er mitten in der Nacht von seinem Chef zu einer Personenüberführung abkommandiert. McClane soll den jungen Hacker Matt Farrell (Justin Long, "Voll auf die Nüsse") von Brooklyn nach Washington DC bringen.
Doch McClane ist einmal mehr zur falschen Zeit am falschen Ort. Kaum in der Wohnung des Hackers angekommen, wird er von einer paramilitärischen Gruppe angegriffen. Es gelingt ihm nur knapp, mit Farrell zu flüchten.
Wie sich schnell herausstellt, hat Farrell zusammen mit sieben weiteren Hackern unbemerkt einer terroristischen Vereinigung geholfen, die mit Hilfe eines digitalen Großangriffs die komplette Infrastruktur der USA lahmlegen wollen. Sechs der Hacker wurden bereits getötet.
Pünktlich zum amerikanischen Unabhängigkeitstag (4. Juli) attackieren die Terroristen die Computersysteme der Ostküste. Behörden und staatliche Institutionen fallen aus, auf den Straßen herrscht Verkehrschaos. Die moderne Onlinegesellschaft steht vor einem Großbrand.
Nur gut, dass es in diesen digitalen Zeiten noch analoge Helden wie John McClane gibt ...
Kritik
Yippie-ka-yay, Schweinebacke!
Früher war alles besser ... Wer hat diesen Satz nicht zu hören bekommen? Aufs Actionkino trifft dieser Spruch aber durchaus zu. Ende der Achtziger bis Mitte der Neunziger wurden noch massenhaft Autos demoliert, gegen Wände gefahren und über Rampen geschleudert. Die Helden von damals kämpften noch mit Fäusten, ehe sie zur Schusswaffe griffen. Schießereien waren noch Schießereien (egal ob Hongkong oder Hollywood), Kugeln tanzten förmlich Ballet. Wenn es krachte, explodierte irgendwo wirklich etwas. Die Action war handgemacht, die Stunts greifbar, das verbeulte Blecht echt.
Doch das Actionkino hat sich seit "Stirb langsam" (1988) und Konsorten sehr stark verändert. Stunts werden vor dem Blue Screen gedreht und anschließend mit computergenerierten Bildern (CGI) vervollständigt. Menschen tauchen in Zeitlupe unter Kugeln weg oder laufen Wände entlang. Sie schweben durch die Luft, als könnten sie fliegen, und vollführen Dinge, welche die Erdbeschleunigung vergessen machen. Am Computer lassen sich die verrücktesten Dinge bewerkstelligen.
Die Auswirkungen auf den Actionfilm waren immens. Kein Ballerfilm ohne "Bullet Time" (Zeitlupe), keine Actionszene ohne ausladende CGI-Effekte. Schauspieler hängen an Drahtseilen, Filmsets ähneln dem Zirkus. Viele behaupten, der traditionelle Actionfilm sei tot ...
... doch Totgesagte leben länger! "Stirb langsam 4.0" ist ein Actionkracher der alten Schule, mit allen Vorzügen des digitalen Zeitalters.
Len Wiseman ("Underworld") hat es geschafft, das Flair der alten Filme ins Jahr 2007 zu transportieren und mit der heutigen Zeit zu verbinden, ohne dass dies dabei aufgesetzt wirkt. Er spielt dabei wie in "Underworld" mit Farbverfremdungen, welche die Atmosphäre des Films zu jederzeit wunderbar unterstützen. Anfangs überwiegen die Blautöne, im Verlauf neigt sich die Farbpalette hin zu erdigen Tönen. Auch die Kameraarbeit zeigt sich auf der Höhe der Zeit. Schnelle Schnitte, Handkameraaufnahmen, ausgefeilte Perspektiven und eine durchgehende Dynamik prägen die Optik.
Ihr wird auch viel abverlangt. In den 129 Minuten des Films passiert derart viel, dass es einer Hundertschaft an Kameras bedurft haben muss, um alles adäquat einzufangen. Bereits nach zwei Minuten explodiert das erste Haus, nach 15 Minuten wird eine Wohnung fachgerecht in ihre Einzelteile zerlegt und nach 30 Minuten sind zig Straßenzüge verwüstet. Keine Frage, Action wird in "Stirb langsam 4.0" ganz groß geschrieben.
Aber die Figur des John McClane hat noch eine andere Seite, die ähnlich konsequent wie die Action gezeigt wird. Das Großmaul früherer Tage hat sich mit dem Alter zu einem Zyniker erster Klasse entwickelt. Jeder Actionszene folgt ein cooler Spruch, eine doppeldeutige Bemerkung oder eine abschließende "punch line".
Doch auch McClanes unfreiwilliger Partner, Hacker Matt Farrell, sorgt für den einen oder anderen Lacher. Die Beziehung zwischen den beiden zeigt wunderbar den immerwährenden Generationenkonflikt, lässt aber Raum für Charakterentwicklung. Das Wechselspiel der zwei gestaltet sich wie ein Yin und Yang zwischen digital (Farrell) und analog (McClane). Man wird angesichts der Bedrohung durch die Cyber-Terroristen förmlich dazu verleitet, Farrell als Kopf und McClane als Muskel zu betrachten.
Während McClane also den gewohnten (wenn auch zynischeren) Actionhelden gibt, muss Farrell erst in seine (Helden-)Rolle wachsen. Dieser Prozess macht einen großen Reiz aus und sorgt aufgrund seiner zahlreichen Verweise auf die anderen Teile der Serie für deftige Lacher.
Ohne gute Antagonisten kann es aber keine strahlenden Helden geben. Doch auch diese Rollen sind bestens besetzt. Timothy Olyphant (den meisten bestens aus der Serie "Deadwood" bekannt) glänzt als Oberbösewicht Thomas Gabriel, perfekt unterstützt durch Maggie Q (Mission: Impossible III).
Betrachtet man die Story losgelöst von all der Action, kommt man zu dem Schluss, dass hier der weitaus bessere "16 Blocks" vorliegt. Auch in diesem Film soll der Protagonist (dort ebenfalls von Bruce Willis gespielt) einen Gefangenen eskortieren, was viele bewaffnete Menschen zu verhindern versuchen. Die Geschichte von "Stirb Langsam 4.0" ist jedoch vielschichtiger, temporeicher und besser durchdacht. Alleine das Szenario durch die Cyber-Terroristen (das Skript basiert auf dem Artikel "A Farewell to Arms" von John Carlin) ist überaus real und erzeugt allein schon aus diesem Grund ein gehobenes Maß an Spannung.
Gut, es gibt die eine oder andere Länge (das enorme Tempo der ersten Stunde kann nicht über die Gesamtdauer gehalten werden), was in Anbetracht der ausladenden Actionszenen aber locker zu verkraften ist. Auch jene Actionszenen dürften den einen oder anderen stören, da manches wirklich exorbitant überspitzt ist. Die aus dem Trailer bekannte Auto-fliegt-in-Hubschauber-Szene steht stellvertretend hierfür.
Für den wahren Actionfan dürfte zudem zu viel Story im Mittelteil vorhanden sein. "Stirb langsam 4.0" ist kein reiner No-Brainer, die Handlung unterliegt einer gewissen Logik. Maßgeblich für den Spaß ist das jedoch nicht. John McClane und seine Aktionen, bzw. Reaktionen stehen klar im Mittelpunkt, alles andere ergibt sich.
"Stirb langsam 4.0" ist der Film geworden, den sich Actionfans seit 1995 wünschen. Es kracht, es knallt, es wird geschossen, geschlagen und getreten. Sprüche werden gedrückt, Lacher produziert. Man staunt, man lacht. 129 Minuten Achterbahn und Actionkino der Extraklasse.
Fazit
Der Kinosommer schien schon (wie der meteorologische) verregnet. Mega-Blockbuster wie "Spider-Man 3" und "Fluch der Karibik 3" konnten die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Das Gesetz der Fortsetzung trat einmal mehr in Kraft (mehr Action, mehr Story, mehr, mehr, mehr ...) und präsentierte dem Zuschauer (überspitzt ausgedrückt) Multi-Millionen-Dollar-Müll. Kein Charme, kein Esprit, kein Herz.
Auch "Stirb langsam 4.0" wartet mit "mehr, mehr, mehr ..." auf, verbindet dieses "Mehr" aber mit alten Tugenden und belebt damit ein tot geglaubtes Genre wieder. Nach langer Zeit flimmert somit wieder ein reinrassiger Oldschool-Actionfilm über die Leinwand, den sich so viele Menschen gewünscht haben. Diese Wiederbelebung geht Hand in Hand mit dem Charakter des John McClane, wohl der Action-Heroe schlechthin. Bruce Willis präsentiert sich besser als in seinen besten Tagen und sorgt dafür, dass der Zuschauer über zwei Stunden in einer adrenalingeladenen Action-Achterbahn allererster Güte mitfährt.
Intellektuelle und Anspruchsgucker schauen hier tief in die Röhre. Die Rechnung lautete von jeher: "Stirb langsam" = Action. Und genau das wird hier in bester Manier geboten.
http://www.stirblangsam4-derfilm.de/
- Redakteur:
- Martin Przegendza