Königin der Verdammten, Die
- Regie:
- Michael Rymer
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA / Australien
- Originaltitel:
- Queen of the Damned
1 Review(s)
26.12.2004 | 05:23Anne Rices Vampirromane zelebrieren die morbide, barocke Erotik des Todes. Dieses Feeling wollte wollte man wohl zunächst auch in der Verfilmung des gleichnamigen Rice-Romans realisieren. Das ist leider gründlich daneben gegangen: Es wurde eine Rockoper draus.
Filminfos
Originaltitel: Queen of the Damned, 2001, DVD: 02.10.2002
FSK: ab 16 Jahre
Länge: 97 Minuten inkl. Abspann (Originalfassung 101 Minuten, spanische Fassung sogar 104 Minuten)
Regisseur: Michael Rymer
Drehbuch: Scott Abbott & Michael Petroni nach den Vampir-Chroniken von Anne Rice
Musik: Linkin Park, Marilyn Manson u. a.
Darsteller: Aaliyah (Königin Akasha), Stuart Townsend (Lestat), Lena Olin (Maharet) u.a.
Produzent: Jorge Saralegui
Handlung
Den braven Vampir Lestat (Tom Cruise spielte ihn in "Interview mit einem Vampir") hält's nach ein paar läppischen Jahrhunderten schon nicht mehr in seiner gemütlichen Gruft. Voll Tatendrang schließt er sich einer Rockband an - er war ja schon immer musikalisch veranlagt, als Geiger etwa. (Es wird nicht deutlich gemacht, ob seine Mitmusiker seinem Blutdurst zum Opfer fallen; sie sehen stets recht lebendig aus.)
Als Sänger einer Rockband versetzt Lestat - MTV sei Dank - die lebende und untote Welt gleichermaßen in Erstaunen und fordert alle Vampire heraus: Er hat schließlich das Gesetz des Schweigens und Verbergens gebrochen, indem er sein Coming-out öffentlich zelebrierte und verkündete.
Szenenwechsel. Die junge Jessica gehört dem Talamasca-Orden an, der Vampire studiert, sich aber weder mit ihnen einlässt noch sie bekämpft. Als MTV-Junkie hat sie offenbar an Rockstar Lestat einen Narren gefressen und will ihn kennen lernen - wohl, um sich von ihm beißen zu lassen: Wie mag es wohl sein, als Vampir zu leben? Ihr fällt sein Tagebuch in die Hände, das der gewissenhafte Talamasca-Bibliothekar aufbewahrt hat. Ihm dieses zurückzugeben, wäre ja eine gute Gelegenheit, ihn zu treffen. Vor einem Londoner Vampirklub rettet Lestat ihr Leben, macht sich aber vor dem fatalen Biss aus dem Staub. Jessie weiß schon, dass sie ihn wiedersehen kann: auf seinem nächsten Konzert im Death Valley.
Rückblende. Aus Lestats Tagebuch erfahren Jessie und wir, dass Lestat bei einem sehr alten Vampir namens Marius Aufnahme gefunden hatte, in einem noblen Schloss am Mittelmeer. Ihre liebste Freizeitbeschäftigung war das Aussaugen von Zigeunern, allerdings zeigt Lehrling Lestat noch Gewissens- (ähem) -bisse.
In den untersten Gewölben des Schlosses stößt er auf zwei Statuen: Akasha und ihr Gatte Enkil sind laut Legende die allerersten Vampire gewesen. Der übermütige Lestat erweckt mit seinem furiosen Geigenspiel den lebensecht wirkenden Marmor der Akasha-Statue zum Leben. Als er von Akashas Blut trinkt, empfängt er Visionen ihrer unzähligen Opfer - und fällt ob solch starken Stoffes in Ohnmacht. Als Marius ihn weckt, ist Enkils Statue zerstört und Akasha verschwunden.
In der Gegenwart taucht nun die "Königin der Verdammten" in jenem bewussten Londoner Vampirklub auf - wohl auf der Suche nach ihrem Lieblingsfan Lestat. Von Italien nach Britannien kam sie nicht per Ryan Air, sondern mit Eigenantrieb: Alle echten Vampire können fliegen! (Und die Spezialeffekte zeigen überdeutlich, wie das aussieht: nämlich wie im Comic.) Im Klub demonstriert sie an den Gästen ihre überragende Fähigkeit zur Zerstörung untoten Gewebes: Alle Opfer gehen in Flammen auf.
Dann macht auch Akasha (sehr sinnlich gespielt von der verstorbenen Popsängerin Aaliyah) einen Abstecher nach Nevada, ins Death Valley. Sie hat Lestat zu ihrem künftigen Mitregenten über die Welt auserkoren. Mit dem so frisch Beförderten will sie die Sterblichen Mores lehren und schließlich vernichten. (Dass dieses Vorhaben sie letztlich zwingen wird, entweder zurück in die Gruft zu gehen oder sich einen anderen Planeten zu suchen, scheint sie in ihrem Machthunger nicht zu beirren.)
Jessicas leibliche Mutter Maharet (Lena Olin) lebt unweit des Death Valley auf einer Art Hacienda für Untote. Das missratene Töchterlein taucht nach Lestats spektakulärem Konzert (Marius und etliche Erzfeinde treten in Erscheinung) bei ihr auf: Lestat ist statt mit ihr doch lieber mit Akasha zusammen. Maharet ist sich mit Marius einig, dass Akasha & Lestat bekämpft werden müssen.
Als jenes schreckliche Pärchen schließlich bei Maharet und ihren "guten" Vampiren auftaucht, kommt es zum unvermeidlichen Showdown: Hier rauchen aber nicht die Colts, sondern die Eingeweide. Spezialeffektfreunde kommen voll auf ihre Kosten.
Und Jessica? Wird die Vampirologin am Ende selbst Vampirin? Wer's herausfinden möchte, muss sich den Film antun.
Die DVD
Bildformat: 2.35:1
Tonformate: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Englisch Deutsch, Spanisch
Untertitel: Englisch, Deutsch, Spanisch
Extras:
Cast & Crew
Kommentar der Filmmacher
Geschnittene Szenen mit Kommentar
Dokumentationen: a) Interviews über die Musik, das Konzert und den Score; b) Remembering Aaliyah (filmischer Nachruf); c) Behind the scenes: Creating the Vampires - Fliegen, Make-up, Visuelle Effekte
Lestat-Musikvideos: Redeemer, Forsaken, System
Musikvideo von Static X: "Cold"
Club Reel: a) Extended Concert Version eines Songs, b) Full Concert Version eines anderen Songs
Gag Reel: spaßige, daneben gegangene Szenen
Galerie von Standfotos
Kino-Trailer
Web-Zugang
Mein Eindruck
Der Film brachte an der Kinokasse nicht ganz das erhoffte Blockbusterergebnis. Um dafür die DVD umso erfolgreicher zu machen, hat das Studio alles draufgepackt, was der VIVA-Web-Generation gut und teuer zu sein scheint: Videos, Making-ofs, Outtakes, Trailers, Standfotos - you name it. Das macht den Hauptfilm aber keineswegs besser.
"Tommy bei den Untoten" könnte das Spektakel auch heißen, das uns als Märchen aus der Rice-Küche aufgetischt wird. Von der Kindergarten-Psychologie einmal abgesehen, scheitert der Film sowohl in seiner aufdringlichen Gothic-Musik als auch in seinem Hauptdarsteller. Stuart Townsend, der ursprünglich den Aragorn im "Herrn der Ringe" spielen sollte (nicht auszudenken; er wurde nach Hause geschickt), führt sich als eine Art gewissenloser, aber dafür umso lustvollerer Rockgott-Ersatz auf. Als Byron-Verschnitt (vernascht Zigeunerinnen am Strand, bis sie leblos zu Boden sinken) und Wiedergänger aus dem 18. Jahrhundert tut er sich mit einer Göttin zusammen, die wohl an die selige Kleopatra erinnern soll, die sich jemand als eine Mischung aus Tempelhure und Bauchtänzerin vorgestellt hat.
Gegen diese zwei Glamour-twins wirken die anderen Figuren, allen voran Maharet und Marius, richtig uncool. Zufällig entwickeln sie sich aber auch zu den Sympathieträgern des Films. Das dürfte wohl nicht so ganz in der Absicht der Macher gelegen haben. Aber immerhin dienen sie dazu, den verführten Vampir Lestat wieder auf den rechten Weg zurückzuführen. Maharet ist stolz auf ihren - an die Wand der Hacienda gemalten - Stammbaum. Wozu hat man schließlich so edle Vampirgene? Wie eine Aristokratin aus Frankreich oder dem alten Rom ist sie dem weiblichen Emporkömmling Akasha gegenüber feindlich eingestellt. Gut für den Rest der Welt: Wir werden vor der Vernichtung bewahrt.
Diese Aristokratenhaltung aber führt das Rockstargehabe Lestats ad absurdum. Statt einer von uns zu sein, stellt er sich nun über uns, da er ja besser weiß, was gut für uns ist. Das ist zwar uncool, führt ihm aber Jessica, selbst Aristokratentochter Maharets, in die Arme (und die Beißerchen). Merke: Willst du Vampir und Aristo sein, lass die Skrupel sein und mach den Hals frei.
Die DVD
Wer den Film mag, kommt bei der DVD auf seine Kosten. Das Übergewicht an Musikinhalten ist sicher kein Zufall: Videos bis zum Overkill. Auch der Soundtrack aus Gothic Metal und traditionellem Score wird haarklein erklärt - vor allem, wie toll das sei und wie dankbar man sich für dieses Experiment fühle. Kann also gut sein, dass die DVD zur Hälfte eher eine OST-CD ist! [OST: Original Soundtrack]
Die Filmemacher haben nicht allzu viel über ihre Spezialeffekte sowie fliegende Vampirdarsteller an Drähten à la "Matrix" zu erzählen. Wie uns der Regisseur von "Blade 2" erzählt, ist diese Drahtästhetik inzwischen völlig out. Eingeführt im Hongkong-Kino à la "Tiger & Dragon", wurde es in "The Matrix" (1999) perfektioniert und seither zillionenfach kopiert. Wenn hier also Vampire fliegen, dann ruft dies lediglich noch ein müdes Lächeln hervor. Einmal dachte ich sogar, Baron Harkonnen vorüberflattern zu sehen, aber das muss eine Halluzination gewesen sein, als ich vorübergehend in Halbschlaf versank. Als sich das Supervampirpärchen in der Wanne suhlte - die Rosenblätter waren noch von "American Beauty" übrig - ging bei mir endgültig die Klappe runter.
Fazit
Anne Rice muss gut für die Rechte bezahlt worden sein, sonst hätte sie diese Verfilmung ihrer Vampir-Chroniken verbieten lassen. Sei's drum: Freunde von Spezialeffekten und Märchenkino kommen auf ihre Kosten. Die DVD liefert Klangvolles, wenn auch nicht viele Infos.
Webseite: http://www.queenofthedamned.de
- Redakteur:
- Michael Matzer