Spawn - Director's Cut
- Regie:
- Dippé, Mark A. Z.
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Action
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Spawn
1 Review(s)
10.03.2005 | 10:08Abseits von dem ganzen Spider-, Super- und Batman-Overkill hebt sich "Spawn" zusammen mit "The Crow" dadurch ab, dass diese Gothic-Storys eine eher tragische Hauptfigur in düsterer Zukunft pflegen und nicht wirklich dem klassischen Bild des Superhelden mit blitzendem Colgate-Lächeln entsprechen. Beide Protagonisten sind zudem wandelnde Tote und das Hauptmotiv Rache. Spawn basiert auf Todd McFarlanes Anfang der 90er höchst erfolgreicher Comicserie, sodass eine Verfilmung 1997 schon fast zum Pflichtprogramm avancierte. Im Kino war der Streifen nicht sehr erfolgreich und blieb im Gegensatz zu Brandon Lees Krähe und seiner eigenen Comic-Vorlage trotz aller Buntheit erschreckend blass. MAWA/VCL verlegte den Film 1998 für damalige Verhältnisse schon recht schnell auf DVD. Vom Mainstream blieb sie bislang fast unbemerkt.
Zur Story
Wir befinden uns in einer nahen Zukunft, in der große Firmen das Sagen haben, was so abwegig und fern ja eigentlich gar nicht ist. Al Simmons ist ein verdammt guter Profikiller, der in Diensten einer global operierenden Firma die Drecksarbeit erledigt und nicht nur sein Chef Jason Wynn ist von seinen Qualitäten sehr überzeugt, sondern auch eine ganz andere Macht – nein, nicht die Mafia oder irgendein Konkurrenzunternehmen, sondern die Hölle in Gestalt des Dämonenfürsten Malebolgia höchstpersönlich. Die Einzige, die nicht die leiseste Ahnung hat, was der gute Al so "beruflich" treibt, ist seine Frau Wanda, diesem Umstand wird später noch eine besondere Bedeutung zukommen.
Malebolgia hätte ganz gerne einen neuen Offizier und Heeresführer für seine Armeen der Unterwelt, die anderen wurden von den himmlischen Heerscharen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder dezent ausgeknipst oder gingen anderweitig von der Fahne. Für die vakante Planstelle hat Malebolgia sich (wir ahnen es bereits) den Al ausgesucht. Doch die Hölle wäre nicht die Hölle, wenn das einfach so ZACK! passierte, man hat ja einen schlechten Ruf zu verlieren und dementsprechend wird das Ganze geschickt und nichtsdestoweniger böse eingefädelt. Simmons Chef ist nämlich ein kleiner Möchtegern-Weltberrscher und bastelt an einem fiesen Virus mit Namen "Heat-16", das mit einem Schlag die Hälfte der Menschheit auslöschen kann.
Es sei denn, man tritt als Regierung seiner tollen Allianz bei und kauft sein Gegenmittel. Allerdings dealt dieser umtriebige Patron schon länger mit der Hölle, meint aber, ER würde die Fäden ziehen. Ein Trugschluss. Hätte er Goethes "Faust" gelesen, wüsste er, wie der Hase wirklich läuft, wenn man sich mit solch durchtriebenen Vertragspartnern einlässt. Die Idee von mehreren Milliarden potenziellen Toten gefällt dem Höllenfürsten natürlich, das bedeutet ein Anschwellen seiner Armeen aus armen Seelen ins Unermeßliche und eröffnet ihm DIE Chance, endlich den Mächten des Lichts gehörig den Marsch zu blasen. Was ihm fehlt, ist eben ein SPAWN – also schmiedet er zusammen mit Simmons' Chef ein Mordkomplott, damit er der Seele Als habhaft werden kann.
Dieser tappt natürlich in die Falle, ausgerechnet bei seinem buchstäblich "letzten Auftrag", denn Al hat eigentlich die Schnauze voll vom Killen. Es kommt, wie es kommen muss: Cheffe schickt seinen ehemals besten Mann wirklich zur Hölle, ohne zu wissen, dass Malebolgia sich nun die Hände reibt, weil er Al dort ein Angebot macht, ihn zurück zu seiner geliebten Frau zu schicken und Rache nehmen zu können ... Für den lächerlichen Preis seiner Seele (nee, is klar) und dem Versprechen, als Offizier seine Armeen gegen Gottes Streitmacht zu führen. Al willigt ein, doch Malebolgia betrügt ihn, indem er fünf Jahre vergehen lässt, bevor er Al wieder zurück in die Welt der Lebenden schickt, während Al (nun ein mächtiger Hell-Spawn mit allerhand üblen Fähigkeiten) meint, er wäre nie weg gewesen.
Der Schock kommt aber recht schnell: Er ist mit einem entstellten äußeren Erscheinungsbild gesegnet, sein bester Kumpel hat seine Frau inzwischen geheiratet und eine Tochter gezeugt. Tja, und sein sauberer Chef bastelt immer noch an der Weltherrschaft. Simmons/Spawns aufkeimender, maßloser Zorn lässt den Höllenfürsten freudig in die Hände klatschen, denn je mehr Menschen Al auf seinem Rachefeldzug tötet, desto dichter werden die Reihen seiner Armeen. Spawns Seele und Versprechen hat er zwar, trotzdem beginnt Spawn gegen seinen neuen Herrn zu rebellieren, denn SO hatte er sich sein höllisches Arbeitsverhältnis dann doch nicht vorgestellt. Auch er hätte vorher besser mal Goethe studiert ...
Meinung
Diese Pakt-Mit-Dem-Teufel-Story ist die leicht verdaulich anmutende Ami-Version von Goethes "Faustus", die auch diverse Elemente von "The Crow" sowie ansatzweise "Batman" kombiniert, was das Flair anbelangt. Leider hat man es im Film nicht geschafft, das geniale Timbre und die tragische Tiefe der Comics rüberzubringen und sich stattdessen darauf beschränkt, ein buntes Comic-Action-Spektakel mit teils lustigen aber auch überzogen witzigen Sprüchen zu produzieren. Spawns Mentor Cogliostro (ein Ex-Spawn aus dem Mittelalter) beispielsweise taucht erst viel später in der Comic-Serie auf, hier jedoch hilft er Al, quasi von Anfang an bis zum unvermeidlichen (und vorhersehbaren) Showdown, mit seinen neu gewonnenen Höllenkräften umzugehen und sie gegen seine Peiniger (sprich zum "Guten") einzusetzen - ein Master Yoda für Arme. Der Spruch kommt im Film übrigens auch vor.
Gut gemacht, aber an den Zynismus des Originals nicht ganz herankommend, ist der neidische Konkurrent von Spawn – der "Violator" – in seiner menschlichen Erscheinungsform ein fetter, bösartiger Clown. Die beiden beharken sich oft deftig, was für zwei hochrangige Höllenwesen ziemlich sinnlos ist, denn töten können sie einander nicht wirklich, was aber im Film unter den Teppich gekehrt wird, damit‘s dramatischer aussieht – so verkommen diese Scharmützel zu einer reinen Trickschlacht, die insbesondere Kennern der Comics sauer aufstoßen dürfte. Der Clown hat auch ständig irgendwelche blöden Sprüche auf Lager und ist der ungekrönte Gaglieferant des gesamten Films, einige davon sind sogar tatsächlich lustig.
Wo wir grade bei den Tricks sind: Im Großen und Ganzen kann man zufrieden sein; zwar ist die Figur und die Maske des Spawn nicht hundertprzentig doch immerhin akzeptabel umgesetzt, was für einige der Tricks nicht gilt, da sieht man die Computeranimation und die Blue-Box-Effekte überdeutlich, was arg an der Glaubwürdigkeit rüttelt. Andere Animationen und optische Effekte sind dagegen wieder astrein gelungen. Wie sich diese Diskrepanz in der handwerklichen Ausführung erklären lässt, darüber kann man nur spekulieren. Mir scheint, als hätte man unter Zeitdruck arbeiten müssen, so dass für die Postproduction entweder keine Zeit mehr da war, oder aber dass am Ende das Budget aufgebraucht war. Immerhin zeichnen sich George Lucas' Mannen von ILM für die Visuals verantwortlich und denen unterlaufen solche Fehler in der Regel nicht.
Insgesamt ist der Film von der Atmosphäre her ein wenig zu bunt und doch steril für meinen Geschmack geworden, es wird viel gemorpht, was aber storytechnisch korrekt ist, trotzdem hält man sich nicht besonders an die Vorlage, sondern packt die Figuren aus etwa drei Dutzend Comics zusammen und jagt sie durch den Mixer. Hätte man sich auf die ersten 15 Hefte beschränkt, wäre bestimmt ein schlüssigeres Werk dabei herausgekommen. Andere wirklich wichtige Personen der Handlung werden hingegen vollkommen fallen gelassen oder fast bis zur Unkenntlichkeit angepasst (Terry – Als bester Kumpel – ist beispielsweise ein Schwarzer, wie Al selbst, doch im Film hat man nen Weißen draus gemacht). Alle teils groben Fehler im Vergleich mit der Ursprungsgeschichte hier aufzulisten, wäre müssig und so will ich es bei diesen wenigen exemplarischen bewenden lassen.
Die Musik ist dank Graeme Revell und namhafter Gothic-, Wave-, Punk- und Metal-Musiker (Marilyn Manson, Metallica, The Prodigy u.v.a.) wieder mal ein Highlight, genauso wie schon bei "The Crow", auch die Kulissen und die Kamerafahrten sind nicht zu verachten – manchmal trifft der Film wirklich die "richtige" Atmosphäre, vor allem bei Wideshots der sinistren City oder den etwas stilleren, besinnlicheren Momenten der Geschichte. Leider reißen einen dann wieder die leicht nach Slapstick riechende Action und manche konstruiert wirkenden Sprüche aus dem kuscheligen Düster-Flair.
Schauspielerisch hab ich eigentlich nichts zu mäkeln, alle Figuren sind zwar etwas stereotyp ausgefallen, dafür kann man die Darsteller aber nicht unbedingt zur Rechenschaft ziehen, mehr gab das Script offensichtlich nicht her. Negativ ist mir nur Martin Sheen ("Apocalypse Now" u. a. - Der Papa von Charlie Sheen) ins Auge gefallen. Nicht dass er unbedingt schlecht spielt, er ist nur eine Fehlbesetzung, weil er irgendwie zu brav für einen Erzbösewicht wirkt – diese fiese Rolle will ich ihm irgendwie schon wegen seiner Optik nicht ganz abkaufen.
Das andere Ende der Skala bilden der Violator-Clown (John Leguizamo) mit seinen teils köstlich sarkastischen Einlagen und der ruhige, weise Cogliostro (Nicol Williams), dicht gefolgt von Michael Jai White als Al/Spawn. Diese drei sind ordentlich besetzt, wenngleich auch nicht unbedingt oscarreif. Die 16er und die 18er Fassung unterscheiden sich nur geringfügig und in knapp 2 Minuten Lauflänge, herausgeschnitten hatte man einige Gewaltszenen, die dem Selbstzweck dienten, aber ansonsten recht unspektakulär sind – Spawn und der Violator bluten als Höllenbewohner eh GRÜN und das bringt die BPjS ansonsten nicht auf die Palme.
DVD & Bonusmaterial
In Anbetracht der Tatsache, dass der Silberling schon etwas betagter ist und immerhin fünf Jahre auf dem Buckel hat, sollte man eigentlich ein wenig gnädiger sein, doch trotzdem weist er kleinere Macken auf. Distributor Mawa/VCL hatte ohnehin früher den Ruf, sehr spartanisch mit den Möglichkeiten einer DVD umzugehen. So auch hier: Das größte Manko ist das Fehlen der englischen Tonspur und irgendwelcher Untertitel, immerhin hat man die Wahl zwischen DD 5.1 und einfachem 2.0 Stereo – Das abstinente DTS erwähne ich erst gar nicht.
Der Sound ist jedoch sauber abgemischt und gibt kaum Anlass zur Kritik. Wenn sich auch die eigentlichen Surroundeffekte im Film auf ein Minimum beschränken, kann man vom Klang her wirklich nicht meckern. Das Bild hat streckenweise mit Farbkompression zu kämpfen, was sich in Artefakten bei großen Farbflächen - wie bei nächtlichen Szenen oder Nebel - deutlich zeigt. Das ist bei einem Film, der hauptsächlich im Düsteren spielt, natürlich nicht so schön. Zusätzlich scheint das automatische Angleichungssignal für das Bildschirmformat irgendwie nicht durchzukommen (oder ist nicht vorhanden), weder mein Fernseher noch mein PC-Monitor schalten von selbst (wie sonst üblich) auf das korrekte, optimale Breitbild-Format um.
Der Film ist zwar in Widescreen 1,85 : 1 anamorph, doch muss ich bei beiden "gewaltsam" per (Player- bzw- TV-)Menü entweder Pan&Scan oder Letterbox-Modi erzwingen, ansonsten sieht das Bild ziemlich gequetscht aus, als wäre der gesamte Cast kollektiv in eine Müllpresse geraten ... Hat man das einmal erledigt, ist das Bild aber okay, sieht man von der zuvor erwähnten Einschränkung gelegentlicher, leichter Artefaktbildung und Farbkompression mal ab.
Das Menü zur Auswahl der DVD-Features ist hübsch animiert, soundmässig untermalt und auch übersichtlich gestaltet, hier habe ich, was die technische Ausführung angeht, auch nix zu maulen. Die Sektorisierung ist mit 25 Kapiteln auch mehr als ausreichend, klar strukturiert und somit leicht zu bedienen. Das Bonusmaterial ist etwas flau; zwar finden sich zwei komplette Musikvideos (Marilyn Manson - "Long Hard Road To Hell" und The Crystal Method - "Can't You Trip Like I do?"), die beide nicht schlecht sind, weder von der Musik noch von der Qualität her, doch der Rest beschränkt sich auf Textversionen von Produktionsnotizen und der Biographien der Mitwirkenden.
Ein richtiges Making-of oder Cutscenes sind darin nicht enthalten. Das mag ganz interessant sein zu lesen und gerade die Bios / Filmographien halte ich immer für wichtig, doch so recht vom Hocker reißt mich das Bonusmaterial wirklich nicht, da kann es noch so toll animiert angeboten werden. Wenn der Inhalt nicht stimmt, nutzt die schönste Verpackung nichts. Audiokommentar? Nicht doch! Auf einem Silberling, bei dem nicht mal der O-Ton vorliegt, braucht man daran erst gar nicht denken.
Fazit
Zu viel von der Genialität des Grundmaterials wurde dem Konsum- und Vermarktungswahn geopfert, damit eine für die breite Masse verdauliche Story dabei herauskommt. So entstand eine leider nur mittelmäßige Gut-gegen-Böse-Geschichte, die anstatt auf Tiefe eher auf knallige Action, Tricktechnik und überzogenen Slapstick-Humor setzt, wobei allerhand der düsteren, faustischen Atmosphäre der Vorlage auf der Strecke bleibt. Ein typischer, cinematographischer Schnellschuss, um noch vom Beliebtheitsgrad der Comics zu profitieren und diese merkantil auszuschlachten, bevor deren Stern sank. Betrachtet man den Film losgelöst vom Original, bekommt man erträgliches Popcorn-Kino mit ein paar netten Tricks (das coole Outfit Spawns hat schon was) und Sprüchen geboten. Anspruch sollte man aber lieber nicht erwarten, für 'nen entspannten Videoabend kann man die Scheibe dennoch getrost immer wieder mal rauskramen. Die FSK-18-Fassung hat gegenüber der 16er keinen besonderen Mehrwert zu bieten, die DVD-Features sind auf beiden Versionen sehr schwach geraten und schöpfen die Möglichkeiten nicht im Entferntesten aus.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
Original-Titel : "Spawn"
Nach den Comics von Todd McFarlane
Ersterscheinungsjahr & Land: 1997 / USA
Label: Mawa / VCL (1998)
Genre: Comic-Adaption / Gothic Action
Lauflänge: ca. 94 Minuten
Version & Altersfreigabe: Director’s Cut / FSK 18
Bildformat: Widescreen 16 : 9 (1,85 : 1 anamorph)
Sound: Dolby Digital 5.1 und 2.0 - nur Deutsch (!)
Produktion: Clint Goldman
Regie: Mark A. Z. Dippé
Musik: Graeme Revell, Diverse (Punk- u. Metal-)Interpreten
Darsteller u. a.: Michael Jai White (Al Simmons/Spawn), Martin Sheen (Jason Wynn), John Leguizamo (Violator-Clown), Nicol Williamson (Cogliostro/Ex-Spawn)
- Redakteur:
- Jürgen Pern