A Tale Of Two Sisters
- Regie:
- Kim Ji-Woon
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Horror
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Janghwa, Hongryeon
1 Review(s)
24.10.2005 | 07:00Knarzende Holzdielen; leere Korridore; Türen, die sich langsam öffnen; Wind, der die Seiten eines am offenen Fenster liegenden Buchs umblättert …
Story:
Die Schwestern Su-Mi und Su-Yeon, die seit dem Tod ihrer Mutter in einer Heilanstalt waren, werden von ihrem Vater abgeholt und in das an einem abgelegenen See liegende Elternhaus gebracht. Am Eingang werden die Mädchen bereits von ihrer Stiefmutter erwartet, die sie bis aufs Blut zu hassen scheinen. Es dauert nicht lange, da passieren merkwürdige Dinge in dem alten Landhaus …
Kritik:
"A Tale Of Two Sisters" ist ein grandioser Film, so viel sei gleich am Anfang schon gesagt. Der Streifen balanciert dabei auf einem schmalen Grat zwischen psychologischem Horror und Drama, und es ist Regisseur Kim Ji-Woon hoch anzurechnen, dass ein derartiges Unterfangen, nämlich beide Genres gleichberechtigt zu behandeln, nicht scheitert. Souverän werden alle Klischees – sowohl die eines Horrorfilms als auch die eines Dramas – ausgelassen, und stattdessen glaubwürdige Situationen geschaffen, die zudem schauspielerisch absolut überzeugend mit Leben gefüllt werden. An vorderster Stelle muss hier Lim Su-Yeong erwähnt werden, die total in der Rolle der Su-Mi aufzugehen scheint, und das Kunststück fertig bringt, auf den Zuschauer verletzlich UND bedrohlich zugleich zu wirken; aber auch Mun Geun-Jeong, die Darstellerin der Su-Yeon, sowie die den Vater bzw. die Stiefmutter verkörpernden Kim Kap-Su und Yum Jung-Ah legen ihre Figuren alles andere als trivial an. Speziell der leicht märchenhafte Charakter der bösen Stiefmutter wird weitaus tief greifender und vor allem unvorhersehbarer entwickelt, als man das aus ähnlich gelagerten Filmen kennt.
Die Personenkonstellation ist es auch, aus welcher der Streifen viele seiner Stärken zieht. Die beiden Schwestern sehen sich einem Vater gegenüber, der mit der Situation, einziges leibliches Elternteil zu sein, total überfordert ist und zudem zwischen seinen Töchtern und seiner neuen Frau steht. Su-Mi und Su-Yeon ziehen sich folglich total zurück, wobei die jüngere Su-Yeon in ihrer älteren Schwester einen Mutterersatz sucht. Su-Mi nimmt ihrerseits diese Rolle an und stellt sich bei Konfrontationen mit der Stiefmutter immer schützend vor ihre Schwester. Allein eine Szene, in der sich Su-Mi und ihre Stiefmutter in der Küche gegenübersitzen und beide versuchen, sich gegenseitig einzuschüchtern, ist das Geld für diesen Film schon wert. Aber wie eingangs erwähnt, sind diese dramatischen Elemente nur ein Teil des Films, denn es gibt ja noch die Horrorkomponente – und diese ist nicht minder fesselnd. Einige der hier zu beobachtenden Schockmomente stehen auf einer Stufe mit dem in dieser Hinsicht – ja, das ist wohl überlegt – für mich besten Film aller Zeiten, "Ju-On" von Takashi Shimizu. Das Grauen kriecht also langsam den Rücken des Zuschauers hoch, bis dieser nur noch mit offenem Mund dasitzt. Solche völlig ohne plakative "Buh"-Effekte auskommenden Filme bringt Hollywood seit über zwei Dekaden nicht mehr auf der Reihe.
Was zur dichten Atmosphäre des Films zusätzlich beiträgt, sind die wirklich stimmungsvollen Kamerafahrten durch die Korridore des Landhauses, die in warmen, aber trotzdem sehr düsteren Tönen gehaltene Farbgebung des Films sowie die grandiose, sehr sparsam eingesetzte Musik. Das alles wird von Regisseur Kim Ji-Woon mit fast schon beängstigend gutem Timing an den richtigen Stellen des Streifens platziert. Virtuos!
Auch für die Story des Films nimmt sich der Regisseur genau die Zeit, die es braucht, um alles für den Zuschauer interessant zu halten. Was die Geschichte des Films eigentlich ist, wollt ihr wissen? Nun, das verrate ich nicht. Nur eins noch: Solltet ihr denken, ihr wisst, was kommt, vergesst es. Ihr wisst es nicht!
Ganz große Filmkunst!
- Redakteur:
- Oliver Schneider