House of Wax
- Regie:
- Collet-Serra, Jaume
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- House of Wax
1 Review(s)
30.10.2005 | 09:06Die Freunde Carly, Jared, Paige, Blake und Dalton leben in einer Kleinstadt im US-Staat Louisiana. Sie möchten ein Footballspiel in einer weit entfernten Stadt besuchen. Ihre größte Sorge ist zu diesem Zeitpunkt der sechste Mitfahrer: Carlys Bruder Nick ist ein Feuerkopf, der schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten und auch sonst nicht gerade umgänglich ist.
Eine unterwegs eingeschlagene Abkürzung lässt unsere Reisenden in einer Einöde stranden. Man beschließt, die Nacht zeltend zu verbringen, wird von einem mysteriösen Truckfahrer geängstigt und muss am nächsten Morgen entdecken, dass einer der Wagen einen unerwarteten Motorschaden aufweist. Aber Rettung ist nahe, wie ein freundlicher, zufällig des Wegs einher kommender Abdecker erläutert: Der Flecken Ambrose liegt praktisch gleich um die Ecke und Tankwart Bo Sinclair werde sicher gern helfen. Carly und Wade machen sich auf den Weg.
Ambrose erweist sich als ungemütlicher Ort, der an eine Geisterstadt erinnert. Es dominiert das düstere "House of Wax", ein Wachsfigurenkabinett, das gänzlich aus dem besagten Material gefertigt und mit unheimlich lebensecht wirkenden Figuren besetzt wurde. Hier hat die Künstlerin Trudy Sinclair einst Großartiges geleistet, wie Sohn Bo, der Tankwart, später stolz berichtet. Schweigsam wird er, als Carly ihn nach jenem "Vincent" fragt, dessen Signatur die meisten Ausstellungsstücke ziert. Wenig später lockt er Wade in eine Falle, wo eben dieser Vincent, Bos missgestalteter Zwillingsbruder, ihn in seine Höhle verschleppt, wo er ihn wie schon viele "Besucher" von Ambrose tötet und mit heißem Wachs in eine seiner "Schöpfungen" verwandelt.
Auch Carly kann Bo - der eher noch verrückter als sein Bruder ist - sich schnappen. Ehe auch ihr der Garaus gemacht werden kann, treffen die anderen Freunde ein. Auf bizarre Weise bringen Bo und Vincent sie zu Tode. Nur Carly und Nick erweisen sich als skrupellos genug, die Brüder mit ihrer eigenen Waffe - brutaler Gewalt - zu schlagen. In den Straßen von Ambrose entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod, der spektakulär dort endet, wo auch alles begann: im gruseligen "House of Wax"!
Die Inhaltsangabe bringt es an den Tag: Weiterhin lebt Hollywood in tödlicher Furcht vor dem Übel namens "Originalität". An der Story liegt es denn auch keinesfalls, dass "House of Wax" so viel Spaß verbreiten kann. Die wurde aus jenem Schrank geborgen, der die Aufschrift "Teenyslasher" trägt und nur einen einzigen Ordner beinhaltet. Deshalb sei es mir gestattet, an dieser Stelle meine üblichen Schimpftiraden in dieser Richtung zu unterlassen. Konzentrieren wir uns auf die angenehmen Seiten dieses Horrorstreifens, die erfreulicherweise recht zahlreich sind.
In technischer Hinsicht kann sich "House of Wax" nämlich sehen lassen. Sicher, die Geschichte ist uralt und lässt auch im tumbsten Hohlkopf noch Wiedererkennen aufblitzen. Ebenfalls trifft zu, dass sie ohne jede Ironie erzählt wird, wie viele Kritiker klagen. Da stellt sich allerdings die Frage, ob Ironie unverzichtbares Element eines Horrorfilms ist. Seit "Scream" scheint dies Voraussetzung geworden zu sein, doch vergessen wir eines nicht: (Schwarzer) Humor ist eine Kunst, die nur wenige Menschen beherrschen - und sie arbeiten gewöhnlich nicht in diesem Genre. Nach der Flut "lustiger" Gruselstreifen, die in den letzten Jahren über uns kamen, ist es durchaus eine angenehme Abwechslung, einen Film zu sehen, der sich auf das Wesentliche beschränkt, ohne dies durch allerlei "künstlerische" Tricks bemänteln zu wollen. So sei hier denjenigen Kritikern zumindest leise widersprochen, die "House of Wax" als konventionelles Schnetzelfilmchen abtun möchten. Die Schaffung eines solchen war die Intention und auf diesem Niveau wurde der Job gut getan.
Einigkeit herrscht immerhin darüber, dass hinter "House of Wax" ein filmhandwerklich routiniertes und sehr begabtes Team steht. Die Kulissen sind eindrucksvoll. Neben dem Wachsfigurenkabinett wurde eine ganze Stadt errichtet, die dem Geschehen Raum bietet, sich zu entfalten. Gedreht wurde übrigens nicht vor Ort, d. h. in Louisiana, sondern aus Kostengründen in den "Warner Roadshow Studios" im australischen Queensland sowie in einem abgelegenen Städtchen namens Guanaba. Die Form der für die Handlung relevanten Gebäude orientiert sich auffällig an der modernistischen Architektur der 1930er Jahre und macht sich außerordentlich gut auf der Leinwand.
Ebenfalls über alle Kritik erhaben sind die Spezialeffekte. Das verblüfft nicht, wenn man weiß, dass "House of Wax" ein weiteres Produktion von "Dark Castle Entertainment" ist. Diese Firma bringt seit 1999 sauber hergestellte Horrorfilme wie "Gothika", "House on Haunted Hill" oder "Thirteen Ghosts" auf den Markt. Robert Zemeckis, selbst ein Genreregisseur klassischer Phantastik ("Zurück in die Zukunft I-III", "Der Tod steht ihr gut", "The Frighteners"), sorgt als Mitproduzent für Qualität. Das schließt nicht nur die Kulissen, sondern selbstverständlich auch die heutzutage unentbehrlichen CGI-Effekte ein. Diese sind in "House of Wax" sparsam oder besser ökonomisch aber klug gesetzt. Sie steigern sich im Verlauf der Handlung, bis sie im wahrlich furiosen zehnminütigen Finale in einem allmählich schmelzenden Wachshaus ihren bemerkenswerten Höhepunkt finden.
Wer als potenzieller Zuschauer nicht versehentlich zur kastrierten "FSK-16"-Version greift, wird zudem mit heutzutage recht drastischen Splattereffekten überrascht. Wie es sich für das Slashergenre gehört, sind diese absolut selbstzweckhaft, d. h. primär um ihres Schauwertes willen und entsprechend "liebevoll" sowie ohne Computertricks inszeniert. Wer sich daran nicht stört bzw. die comichafte Überzeichnung bei absoluter Realitätsferne erkennen kann & will, darf sich ohne schlechtes Gewissen uneingeschränkt unterhalten fühlen. Düstere psychische Abgründe bleiben ausgespart, "House of Wax" ist pure Unterhaltung.
Im informativen DVD-Rahmenprogramm und auch in den meisten Berichten über "House of Wax" heißt es übrigens, dieser Film sei ein (überaus freies) Remake des gleichnamigen Horrorklassikers von 1953 (dt. "Das Kabinett des Professor Bondi") mit dem großen Vincent Price in der Bo/Vincent-Rolle (sowie einem blutjungen Charles Bronson als Gehilfen des irren Meisters). Dem sei hinzugefügt, dass dieses "House of Wax" selbst bereits eine - sehr originalgetreue - Neuverfilmung war: 1933 entstand mit Lionel Atwill und Fay Wray ("King Kongs" weiße Frau) "Mystery of the Wax Museum", ein erstaunlich brutaler, sogar auf frühem Farbfilm gedrehter Horrorstreifen, der fast ein Vierteljahrhundert als verschwunden galt, bis er Ende der 1960er Jahre in einer Archivecke wiedergefunden wurde. (Solche und viele andere Geheimnisse lüftet William K. Evenson in seinem Prachtband "Klassiker des Horrorfilms", der leider bereits 1980 auf Deutsch erschien und wohl nicht mehr aufgelegt wird. Die weiteren Detailinfos zum 2004er "House of Wax" wurden den DVD-Features entnommen.)
"House of Wax" ist als typischer Teenieslasher nicht auf die Unterstützung ausgewiesener Schauspieler angewiesen. Diese müssen gut aussehen, damit sie sich in den obligatorischen verdrucksten Sexszenen nicht blamieren, gut laufen bzw. kreischen (weiterhin ein Job für die Mädels) und ansonsten möglichst eindrucksvoll sterben können. Nur so lässt sich u. a. das Mirakel erklären, dass Skandalnudel & Gelbstromverkäuferin Paris Hilton sich harmonisch in die Darstellerriege fügt, obwohl es ihr - die Featurette mit den verpatzten Szenen offenbart es unbarmherzig - nicht einmal gelingt, überzeugend weiter oben erwähnten Schreckenslaut zu produzieren.
Aber auch sonst ließen sich im Zusammenhang mit den Schauspielern böse Witze im Zusammenhang mit dem Filmtitel reißen. Das wäre indes zu einfach, denn im Rahmen der Story leisten diese anständige Arbeit. Echte Tiefe wird vor allem in den Anfangsminuten suggeriert (Wade will nicht mit Carly nach New York umziehen, Paige ist womöglich schwanger vom ahnungslosen Blake), fällt jedoch eher ungünstig auf und spielt im weiteren Handlungsverlauf auch keinerlei Rolle mehr. Da heißt es nur noch "Jump & Run" bis zum jeweils unseligen Ende.
Brian Van Holt zeigt immerhin Ansätze einer differenzierten Rollengestaltung. Sein Bo Sinclair überzeugt durchaus als zunächst harmlos und gleichzeitig bedrohlich wirkender Tankwart, während er später als irrer Meister seines Bruders und mindestens ebenso eifriger Mörder niemals den Grimassen schneidenden Hollywood-Wahnsinnigen gibt. Mit beeindruckender Bösartigkeit kneift er Heldin Carly beispielsweise eine Fingerspitze ab, während er nebenbei mit ihrem ahnungslosen Bruder plaudert. (Als Vincent Sinclair fällt Van Holt in einer zweiten Rolle dagegen nicht weiter auf - er trägt die meiste Zeit eine Maske und zeigt später eine wahre Schreckensfratze.)
Darsteller und Stab
Originaltitel: House of Wax
US-Erstaufführung: 6. Mai 2005
Deutsche Erstaufführung: 2. Juni 2005
Internet: http://www.houseofwaxmovie.com
Darsteller: Elisha Cuthbert (Carly Jones), Chad Michael Murray (Nick Jones), Brian Van Holt (Bo/Vincent Sinclair), Paris Hilton (Paige Edwards), Jared Padalecki (Wade), Jon Abrahams (Dalton Chapman), Robert Richard (Blake), Damon Herriman (Abdecker) uva.
Regie: Jaume Collet-Serra
Drehbuch: Chad Hayes u. Carey Hayes (nach einer Story von Charles Belden)
Produktion: Joel Silver, Robert Zemeckis, L. Levin, Susan Levin (für Warner Brothers/ Dark Castle Entertainment)
Musik: John Ottman
Kamera: Stephen F. Windon
Spezialeffekte: John Breslin
Ausstattung: Graham "Grace" Walker
Schnitt: Joel Negron
DVD
Anbieter: Warner Home Video
Release: 23. September 2005
Laufzeit: 108 min.
FSK/Rating: keine Jugendfreigabe, d. h. frei ab 18
Bilddformat: 16:9 (1.85:1) anamorph
Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, alle Dolby Digital 5.1
Untertitel:; Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte, Englische Untertitel für Hörgeschädigte
Special Features:
- Kinotrailer
- Kapitel-/Szenenanwahl
- Animiertes DVDMenü
- ca. 26 min. aus "House of Wax", kommentiert von den Schauspielern Elisha Cuthbert, Chad Michael Murray, Paris Hilton u. Jared Padalecki
- Dokumentation 1: Eingewachst: Die Entstehung des Sets
- Dokumentation 2: Das Haus aus Wachs
- Dokumentation 3: Produzent Joel Silver am Set
- Verpatzte Szenen
- Alternative Anfangsszene
- Trailer
Die DVD-Extras können sich buchstäblich sehen lassen. Vor allem die Dokumentationen 1 und 2 gestatten interessante Blicke hinter die Kulissen. Im Vordergrund steht dabei die schwierige Arbeit mit dem Material Wachs, das an sich wenig filmtauglich ist und von den FX-Spezialisten mit vielen Tricks gebändigt werden musste.
Zu erwähnen ist auch die alternative Anfangsszene: "House of Wax" sollte ursprünglich mit dem Überfall auf eine einsame Autofahrerin beginnen, die von Bo oder Vincent Sinclair auf extravagante Weise umgebracht wird. Leider fehlt eine Erklärung dafür, wieso diese Szene gestrichen wurde. Auf jeden Fall ist sie es wert, als DVD-Extra aufgenommen zu werden!
Recht enttäuschend dagegen sind die "Kommentare" der vier genannten Darsteller. Sie sitzen in einem Hotelzimmer und trinken Kaffee, während sie sich bestimmte Szenen und Patzer anschauen. (Als Zuschauer kann man beides verfolgen, denn die Leinwand bzw. der TV-Bildschirm wird geteilt.) Wirklich Interessantes haben sie nicht zu sagen; wenn etwas überrascht, dann Paris Hiltons relative Schweigsamkeit, die mit ihrem Image kaum in Einklang zu bringen ist: Als Schauspielerin wurde sie nur wegen des Auftritts in ihrem Home-Pornovideo angeheuert - das ist ihr sichtlich bewusst. Trotzdem kann sie nicht verbergen, wie stolz sie auf ihre Rolle ist, was sie erstaunlich menschlich wirken lässt.
- Redakteur:
- Michael Drewniok