Bread & Roses (Ken-Loach-Box)
- Regie:
- Ken Loach
- Jahr:
- 2000
- Genre:
- Drama
- Land:
- Großbritannien/Deutschland/Spanien
1 Review(s)
13.04.2006 | 21:36Bewegendes Sozialdrama: Kampf der Putzkolonne
Über Menschenschmuggler illegal in die USA eingereist, erhofft sich Maya (Pilar Padilla) dort ein besseres Leben, als sie es aus Mexiko kennt. Sie findet Unterschlupf bei ihrer Schwester in L.A., arbeitet in einer Bar und einem Putzunternehmen. Doch, wie alle anderen Emigranten der Putzfirma, wird sie schamlos ausgebeutet. Maya mag nicht kuschen. Sie schließt sich mit einem jungen Gewerkschafter (Adrien Brody) zusammen, um die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen abzuschaffen ... (Verlagsinfo)
In seinem ersten US-Film verbindet Regisseur Ken Loach ("Sweet Sixteen") das Thema Arbeitskampf mit privaten Schicksalen und Beziehungskonflikten: spannend, emotional und engagiert. Sein großartiges Darsteller-Ensemble krönt Oscar-Preisträger Adrian Brody ("Der Pianist", "King Kong").
Filminfos
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OT: Bread & Roses (Großbritannien/Deutschland/Spanien 2000)
Dt. Vertrieb: Eurovideo / Epix
Kinostart: 04.08.2001
DVD: 15.09.2005
Laufzeit: ca. 110 Min.
FSK: 12
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty ("Sweet Sixteen"; "My Name is Joe")
Musik: George Fenton ('Oscar'-nominiert für "Ghandi", "Schrei nach Freiheit"; "König der Fischer"; "Gefährliche Liebschaften")
Rollen / Darsteller:
Maya: Pilar Padilla
Sam Shapiro: Adrien Brody ("King Kong", "The Village", "Der Pianist")
Rosa: Elpidia Carrillo ("Gefühle, die man sieht ...")
Bert: Jack McGee ("Thirteen Days")
Simona: Monica Rivas
Ein Party-Gast: Ron Perlman
Handlung
Die erste Szene ist bereits aufwühlend. Mit Handkamera filmend, folgt das Kameraauge dem wilden illegalen Grenzübertritt einer Gruppe von Mexikanern in die USA. Hier erhofft sich Maya (Pilar Padilla) ein besseres Leben, als sie es aus Mexiko kennt. Nur ihre Schwester Rosa hat der Familie immer Geld geschickt, erst aus Tijuana, dann aus Los Angeles. Als Rosa am Absetzpunkt in LA zu wenig Geld vorweist, nehmen die Menschenschmuggler Maya zu sich nach Hause, wo sie die Restschuld abdienen soll. Doch sie trickst den Schmuggler aus und kann flüchten. Die Wiedersehensfreude mit Rosas Familie ist groß.
Doch statt sofort putzen gehen zu können wie Rosa, muss Maya erst in einer Bar kellnern. Als Rosa sie endlich zu Gebäude 646 in der Innenstadt mitnehmen kann, wird sie vor dem Eingang "geparkt" und sofort vom Wachmann wegen Herumlungerns blöd angemacht. Erst nach einer Weile – was sie hätte stutzig machen sollen – holt Rosa sie hinein. Nach einem kurzen Einstellungsgespräch mit dem ausbeuterischen Chef der Putzkolonne Perez darf Maya dann loslegen. Perez verlangt als Preis für ihre Einbürgerungspapiere ihren ersten Monatslohn.
Schon wenig später stürmt ein junger Mann (Adrien Brody) durch die Gänge, verfolgt vom Sicherheitsdienst. Maya versteckt ihn in ihrer großen Mülltonne. Er hat die Liste der neuen Mitarbeiter vom Schwarzen Brett geklaut. Sein Name ist Sam Shapiro. So stellt er sich vor, als er Maya in Rosas Haus besucht. Er ist Gewerkschaftsfunktionär, aber eher auf der Aktivistenseite. Maya findet ihn süß, aber Rosa, als Dame des Hauses, wirft ihn raus. Er bringe bloß Ärger ins Haus.
Wie recht sie hat, wird schon bald klar, aber ihre Gründe versteht Maya noch nicht. Als eine ältere Kollegin von Perez wegen einer Nichtigkeit gefeuert wird, ruft Maya Sam an, der eine geheime Gewerkschaftsversammlung einberuft. Sie sollen sich organisieren, sonst werden sie weiter ausgebeutet, ohne sich wehren zu können. Das bekommt Perez gesteckt und er will von Kollegin Berta wissen, wer die Anführer sind. Als sie sich solidarisch zeigt, wird auch sie gefeuert – nach 17 Jahren bei Angel Services. Maya, die ja dafür indirekt die Verantwortung trägt, muss von Sam getröstet werden. Morgens um drei. Manchmal zweifelt sie an seiner Motivation und seiner Berechtigung, sich für die illegalen Arbeiter einzusetzen. Aber sein Einsatz überzeugt sie letzten Endes doch.
Doch das Leben ist für beide Seiten nicht einfach. Sam bekommt wegen seiner Aktionen drei Anzeigen und Druck von seinem Vorgesetzten. Mayas Vater, ein Diabetiker, bricht auf einem fröhlichen Gewerkschaftsfest zusammen. Da keiner Krankenversicherung hat, ist die Finanzierung seiner Behandlung ruinös. Doch als Sam eine Party von Hollywoodanwälten platzen lässt, kommt es zur Katastrophe: Perez entlässt an die zehn Kollegen. Und als Maya aufmuckt, fliegt auch sie raus. Doch wer hat auch die Unschuldigen angeschwärzt? Wer ist der Verräter?
Kollegin Marina sagt, es war Mayas Schwester Rosa. Maya ist geschockt, fühlt sich verraten und stellt Rosa in deren Heim zur Rede. Nun erst erfährt sie die schreckliche Wahrheit, die für die Gründe für Rosas Verrat verantwortlich ist. Rosa musste in Tijuana fünf Jahre lang als Sexarbeiterin malochen, damit sie die Familie in Mexiko ernähren konnte – auch Maya. Rosa weiß nicht einmal, wie der Vater ihrer kleinen Tochter aussah – irgendein Freier. Um Maya den Putzjob zu verschaffen, musste sie auch Perez sexuell zu Diensten sein …
Weinend läuft Maya weg und begeht eine ziemliche große Dummheit …
Mein Eindruck
Der Arbeitskampf der Gebäudereiniger fand tatsächlich statt. Dazu ist im Film ein Video aus dem Jahr 1990 zu sehen, auf dem zu sehen ist, wie die Polizei die Demo der Aktivisten brutal niederknüppelt. Das sieht ziemlich furchterregend aus. Dass der Drehbuchautor Paul Laverty das Thema aufgriff, geht auf sein Erlebnis zurück, das er morgens um 2:30 Uhr in L.A. an einer Bushaltestelle hatte: Die Leute da redeten alle mit Akzent aus Mexiko, El Salvador, Guatemala, Nicaragua. Und da sie noch in ihren Arbeitsuniformen steckten, sahen sie aus wie eine nächtlich operierende Armee.
Das Drehbuch verwendete Loach für seinen ersten Film, den er in den USA drehte. Er verpflichtete wie stets vor allem Laiendarsteller, aber diesmal auch Oscar-Preisträger Adrien Brody. Dieser lernte dafür extra, wie man eine Gewerkschaftskampagne organisiert. Das Ergebnis seiner Bemühungen sieht auch relativ echt aus.
Das Budget war sicher nicht üppig, reichte aber allemal, um etliche Drehorte auszunutzen, darunter auch ein Polizeirevier. Dass er in Gebäude 646 drehte, ging den Eigentümern schwer gegen den Strich und sie drohten dem verantwortlichen Manager mit Rausschmiss. Hollywoodgrößen wie Ron Perlman ("Der Name der Rose", "Hellboy") haben sich wahrscheinlich kostenlos ablichten lassen. Löbliche Solidarität.
Der Kern der Story dreht sich immer um Maya Montenegro (Pilar Padrilla). Was die Story etwas verwirrend macht, sind ihre zwei gleichzeitigen Liebesaffären. Die zu Kollege Rubén ist platonisch und sie hilft ihm, das Stipendium für sein Jurastudium zu finanzieren. Doch die Liebe zu Sam Shapiro ist offenbar weit mehr als platonisch und führt zu romantischen Momenten. Doch nicht mit ihm ergibt sich ein Konflikt, sondern mit ihrer Schwester Rosa.
Man müsste schon ein Herz aus Stein haben, um nicht wie ein Hund mitzuleiden, als Rosa ihre Leidensgeschichte Maya an den Kopf wirft und sie damit fertig macht (uns auch). Dies ist ohne Zweifel der emotional stärkste Moment des Films – eine Art Scheidepunkt. Warum sich dann aber die entlassene Maya noch stärker für die Gewerkschaft engagiert, wird nicht thematisiert. Aber es wird bald auch so klar: Eine Demo agitiert für die Wiedereinstellung der Entlassenen. Ich darf verraten, dass dies auch gelingt. Und Sam ist entsprechend happy. Doch für Maya kommt die frohe Botschaft zu spät: Sie wird abgeschoben.
Im Vergleich mit dem ein Jahr später entstandenen "The Navigators" ist "Bread & Roses" geradezu ein Vulkan an Emotionalität, Aktion und Zuversicht. Der Titel rührt von dem Slogan der Demo her: "Wir wollen nicht nur Brot, sondern auch Rosen". Das ist ein Zitat von einem Textilarbeiterinnen-Streik in den USA des Jahres 1912. Inzwischen haben auch die amerikanischen Gewerkschaften begriffen, dass sie nur durch Organisierung auch der illegalen Einwanderer die Tarife für alle Arbeiter/innen verteidigen können. Der Beweis wird täglich an der US-mexikanischen Grenze erbracht, z. B. am Rio Grande.
In Cannes hat Ken Loach gefordert, auch die Welt der Arbeit zu filmen, und ich denke, er ist erhört worden. Man denke z.B. an Lars von Triers Filme "Geister", "Breaking the Waves" und vor allem "Dancer in the Dark". Offenbar hat der Appell etwas genutzt.
Die DVD
Technische Infos
Audio: Deutsch Dolby Digital 2.0; Englisch Dolby Digital 5.1, Englisch Dolby Digital 2.0
Bildformat: 1:1,66
Ländercode: PAL (2)
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Specials:
- Kino-Trailer
- Hintergrundinformationen
- EPIX-Trailer-Show
Mein Eindruck: die DVD
Dies ist ein bewegendes Sozialdrama, von Fernsehsendern wie der ARD bezahlt: Bild und Tonqualität sind darauf abgestellt. Das bedeutet nicht, dass das Bild minderwertig wäre. Es ist eben durchschnittlich, ebenso wie der Sound. (Nur die englische Fassung hat auch DD 5.1 vorzuweisen.) Als sehr notwendig erweisen sich die Untertitel. Es wird laufend, sogar mitten im Dialog, zwischen Englisch und Spanisch gewechselt. Leider stellen sich die Untertitel als keineswegs mit dem gesprochenen Wort übereinstimmend heraus. Der Zuschauer hat die Wahl, von was er sich am meisten verwirren lässt.
Einziges Extra der DVD sind die Hintergrundinformationen auf Texttafeln. Sie enthalten diverse Zitate, die ich oben erwähnt habe.
- Redakteur:
- Michael Matzer