Rache für meine Tochter
- Regie:
- Carl Jørgen Kiønig
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Norwegen
- Originaltitel:
- Salige er de som tørster
1 Review(s)
09.05.2006 | 09:23Hintergrund
"Rache für meine Tochter" basiert, wie auch schon der indirekte Vorgänger "Justitia - Blinde Göttin", auf einem Roman der norwegischen Erfolgsautorin Anne Holt (in diesem Fall: "Salige er de som tørster - Selig sind die Dürstenden"). Bei beiden Produktionen zeigt sich dasselbe Team verantwortlich, sowohl was den Cast als auch die Crew angeht. Im Gegensatz zu "Justitia - Blinde Göttin" lieferte Regisseur Carl Jørgen Kiønig hier keinen Vierteiler ab, sondern lediglich einen zweistündigen TV-Film.
Handlung
Eine fürchterliche Mordserie erschüttert Oslo. Jeden Samstag entdeckt die Polizei einen neuen Tatort, an dem sie literweise Blut vorfindet, jedoch keine Leiche. Zudem treibt ein Vergewaltiger sein Unwesen in der Stadt - die wehrlose Medizinstudentin Kristine Håverstad (Gjertrud L. Jynge) ist eines seiner Opfer. Die ohnehin schon überlastete Polizei sieht sich gezwungen, ihre Prioritäten umzuverteilen und einige Fälle bis auf weiteres ruhen zu lassen. Kommissarin Hanne Wilhelmsen (Kjersti Elvik) wird daher mit beiden Fällen gleichzeitig beauftragt. Zusammen mit Inspektor Håkon Sand (Lasse Kolsrud) macht sie sich auf, beide Fälle zu lösen. Dabei stößt sie nach einer Weile auf merkwürdige Zusammenhänge zwischen der Mordserie und der Vergewaltigung Kristine Håverstads. Ungeachtet dessen begibt sich Kristines Vater Finn (Nils Ole Oftebro) selbst auf die Suche nach dem Mann, der das Leben seiner Tochter zerstört hat. Er sinnt auf Rache für seine Tochter...
Kritik
Wie schon "Justitia - Blinde Göttin" findet sich auch hier wieder Carl Jørgen Kiønig auf dem Regiestuhl wieder. Dieses Mal inszeniert Kiønig jedoch einen TV-Film statt einer Mini-Serie, was ihm auch deutlich besser gelingt!
Hauptfigur ist mal wieder Anne Holts Romanheldin Hanne Wilhelmsen. Um sie herum scharrt sich das schon aus dem indirekten Vorgänger bekannte Team aus Håkon Sand und Karen Borg. Auch die weitere Crew ist bis in die kleinste Rolle mit den Darstellern aus "Justitia - Blinde Göttin" besetzt - sehr löblich!
Die Geschichte aus Anne Holts Feder weiß mal wieder durch ein interessantes Spiel auf mehreren Ebenen zu überzeugen. Dieses Mal verfolgt man die Handlung parallel aus der Sicht der Polizei rund um Hanne Wilhelmsen, aus der von Rechtsanwältin Karen Borg und aus Sicht des niedergeschlagenen Vaters Finn Håverstad. Man wird direkt zu Beginn mit drei parallel laufenden Szenen in die Handlung geworfen, ohne dabei zu wissen, wer die Protagonisten sind und warum die gesehenen Dinge geschehen.
Schnell wird dem Zuschauer klar, dass es sich bei "Rache für meine Tochter" nicht um einen Krimi im "Tatort"-Stil handelt. Die Polizei wird sehr realitätsnah gezeigt, hier fehlen die üblichen Übertreibungen und Stereotypisierungen, hier ist die Polizei überlastet, Fälle werden rational und nach Schema bearbeitet und Emotionen bezüglich der Fälle bleiben auf der Strecke. Dies zeigt sich wunderbar an Hand der Hauptfigur Hanne Wilhelmsen, die kühl und logisch agiert, dabei aber Probleme hat, Privates und Berufliches voneinander zu trennen. Auf Grund der vielen Überstunden bekommt sie Probleme mit ihrem Partner - ein Umstand, der sich durch den ganzen Film zieht. Immer wieder wird die polizeiliche Arbeit durch private Sorgen der Kommissare und Inspektoren unterbrochen, die die menschliche Seite der Polizeiarbeit beleuchten und dabei glücklicherweise ohne Stereotype auskommen. Vereinzelt schleichen sich an diesen Stellen einige Längen ein, die Handlung wirkt dadurch zu Teilen gestreckt und der Geschichte wird ein wenig Fahrt aus den Segeln genommen. Dafür zeigt sich der Film wie aus dem Leben genommen und fasziniert durch seine realistische Darstellung des Polizeialltags.
Es ist jedoch schwer diesen Film direkt als Krimi zu bezeichnen, da ungefähr die Hälfte des Films einem Drama gleicht, dessen Schwerpunkt auf dem Leid einer Familie liegt, deren Tochter vergewaltigt wurde. Leider schwächeln gerade hier die Darsteller ein wenig. Die Darstellerin des Vergewaltigungsopfers Gjertrud L. Jynge liefert eine sehr zwiespältige Leitung ab, da sie stellenweise durchaus gut ihre Rolle rüberbringt, teilweise jedoch zu dick aufträgt und ihren Charakter so unglaubwürdig aussehen lässt. Auch Nils Ole Oftebro, der Darsteller des Vaters, zeigt ein sehr ambiges Spiel. Er würde gerne dynamisch und entschlossen wirken, zeigt sich letztlich jedoch eher unbeholfen.
Dafür glänzen die bereits aus "Justitia" bekannten Schauspieler. Kjersti Elvik wurde für ihre Rolle der Hanne Wilhelmsen sogar mit dem norwegischen Filmpreis als beste Schauspielerin belohnt - dies sollte für ihre durchaus gute Leistung Beweis genug sein. Auch die bekannten Darsteller Lasse Kolsrud (Håkon Sand) und Anne Ryg (Karen Borg) wissen zu gefallen.
Glücklicherweise ist die Kameraarbeit deutlich besser, als sie es noch bei "Justitia" war. Hektische Schnitte und unnötige Kameraeinstellungen sucht man vergebens. Stattdessen inszeniert Regisseur Carl Jørgen Kiønig einen soliden Krimi, der visuell mit der deutschen "Tatort"-Reihe zu vergleichen ist. Ein großer Unterschied zum deutschen Krimi lässt sich jedoch in der Gewaltdarstellung und der Freizügigkeit des Films feststellen. "Rache für meine Tochter" hat einige sehr brutale Szenen, die durch ihre Realitätsnähe hervorstechen. Außerdem gibt es mehrere Liebesszenen zu sehen, die auf einfachste Art und Weise die Beziehungen der Hauptcharaktere aufzeigen.
Leider hat es sich Carl Jørgen Kiønig hier, wie schon bei "Justitia" nicht nehmen lassen, die Filmmusik beizusteuern. Und so erklingt hier ebenfalls die nervige Titelmelodie des indirekten Vorgängers, wobei sie nun deutlich weniger Verwendung findet - was zu begrüßen ist!
Die DVD
Die DVD ist leider nicht besonders gut gelungen. Das Bild schwankt zwischen durchschnittlich gut und mies, rauscht und hat mit Dropouts zu kämpfen. Zudem reichen die Farben von blass und graustichig, zu kräftig und natürlich. Auch der Kontrast schwank ähnlich stark. Die Bildschärfe ist leider konstant schlecht. Man kann Epix generell jedoch kaum einen Vorwurf machen, da der Film auf 16mm gedreht wurde - die genannten Kritikpunkte sind typisch für dieses Aufnahmeverfahren.
Auch beim Ton wird man enttäuscht! Konnte man bei der Mini-Serie "Justitia - Blinde Göttin" das Fehlen einer 5.1 Tonspur noch verkraften, wiegt das Fehlen bei diesem Spielfilm deutlich schwerer! Die Handlung hätte sehr gut von eingesetzten räumlichen Effekten profitieren können. So findet man hier lediglich 2.0 Surroundton wieder, sowohl im norwegischen Original als auch auf Deutsch. Die Tonspuren lassen sich dabei aber nicht während des Films wechseln - dies funktioniert nur im Hauptmenü! Klanglich bieten beide Spuren gut verständliche Dialoge und eine gute Musikwiedergabe, haben aber stellenweise mit einem leichten Hintergrundrauschen zu kämpfen.
Extras sind kaum vorhanden und dementsprechend dürftig. Neben der obligatorischen Trailershow und Texttafeln zu Cast und Crew gibt es noch eine Leseprobe aus "Selig sind die Düsteren" (13:08 Min.), dem Buch, das dem Film zu Grunde liegt.
Insgesamt wäre in allen Bereichen deutlich mehr drin gewesen - so reicht es nur zu unterem Durchschnitt.
Fazit
"Rache für meine Tochter" ist ein spannender Krimi, der mit vielen Elementen des Dramas spielt und den Zuschauer durch seine realistische Handlung und seine klugen Charaktere fesselt. Fans von "Tatort" und Co sollten hier unbedingt einen Blick riskieren, vorausgesetzt sie ertragen das gesteigerte Gewaltniveau dieses norwegischen Genrebeitrags. Die DVD ist technisch leider nur unterer Durchschnitt. Krimifreunde und Fans der Buchautorin Anne Holt sollten zugreifen.
- Redakteur:
- Martin Przegendza