Yakuza Graveyard
- Regie:
- Kinji Fukasaku
- Jahr:
- 1976
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Yakuza no hakaba: Kuchinashi no hana
2 Review(s)
28.07.2008 | 08:50Daten:
Regisseur:: Kinji Fukasaku
Drehbuchautor: Kazuo Kasahara
Darsteller:
Tetsuya Watari als Kuroiwa
Meiko Kaji als Keiko
In weiteren Rollen: Seizo Fukumoto, Takuzo Kawatani, Hideo Murota, Nagisa Oshima, Tatsuo Umemiya
Musik: Toshiaki Tsushima
Kamera: Toru Nakajima
Einführung:
Endlich bekommt man hier im Abendland Filmperlen zu sehen, die in Asien schon lange als Klassiker bekannt sind. Die Rede ist in diesem Fall von "Yakuza Graveyard", einem Film des japanischen Meisterregisseurs Kinji Fukasakuaus dem Jahr 1976. Dieser dürfte dem gut informierten Filmfreund spätestens seit dem umstrittenen "Battle Royale - Nur einer kann überleben" bekannt sein. Asiafilm-Kennern dürfte dieser Regisseur zudem noch von Werken wie "Battles Without Honor and Humanity" (1973), "Graveyard of Honor" (1975) und "Samurai Reincarnation" (1981) ein fester Begriff in der Filmlandschaft sein.
Rapid Eye Movies hat sich "Yakuza Graveyard" im Rahmen seiner "Nippon Classics"-Reihe angenommen. Ebenfalls von Fukasaku ist in dieser Reihe übrigens auch sein Film "Battles Without Honor and Humanity" veröffentlicht worden.
Die Handlung:
Die Handlung beginnt in Osaka, wo wie in ganz Japan Yakuza-Banden die Fäden der Macht in ihren Händen halten. Diese Machtverhältnisse sind bislang ausgewogen verteilt und dadurch eher unkompliziert gewesen, deshalb gab es für die Polizei auch nicht besonders viel zu tun und die Ordnungshüter waren bislang eher darauf bedacht, diese Verhältnisse so beizubehalten, wie sie bestehen. Das Gleichgewicht sorgte für Ruhe und Ordnung.
Doch die Zeiten sind gerade in finanzieller Hinsicht für die Banden sehr hart geworden, sodass sich die Organisationen neue Einnahmequellen erschließen müssen, um überleben zu können. Dabei kommen aber auch die Interessenbereiche der rivalisierenden Banden unweigerlich miteinander in Konflikt.
Der kleine Nishida-Clan hat sich eigentlich auf das Glücksspiel spezialisiert und macht dort auch gute Einnahmen. Der größere und machthungrige Yamashiro-Clan versucht nun gerade, in diesem Geschäftsbereich Fuß zu fassen, und will deswegen den kleinen Nishida-Clan zerschlagen - eine scheinbar leichte Beute. Die Polizei steht dem ganzen Treiben zunächst machtlos gegenüber, und ihre Führung entscheidet sich dafür, den überlegenen Yamashiro-Clan zu unterstützen. Durch diese Vorgehensweise soll möglichst bald wieder Ruhe in der Stadt herrschen.
Doch die Sache ist nicht so ganz einfach wie geplant, denn einer ihrer Ermittler hat seinen eigenen sturen Kopf und will nicht so recht mitspielen. Kuroiwa ist ein harter Bulle, der auch vor etwas ungewöhnlicheren Verhörmethoden nicht zurückschreckt. Beim Kampf gegen die verhassten Yakuza-Clans beginnt er immer mehr Sympathie für die kleine Gruppe der Nishidas zu entwickeln, und er verliebt sich sogar in Keiko, die Frau des im Gefängnis sitzenden Anführers. Dies bleibt natürlich auch seinen Kollegen bei der Polizei nicht verborgen, und als Kuroiwa sogar mit dem derzeitigen Anführer der Yakuza Brüderschaft trinkt, gerät die stabile Lage vollends ins Wanken ...
Kritik:
"Yakuza Graveyard" gilt unter Kennern der Materie als Meisterwerk und kann wohl als wegweisender Film des japanischen Kinos bezeichnet werden. Die Geschichte wird mit viel Schwung und mit einer äußerst dynamisch agierenden Kamera erzählt. Dabei wechseln sich harte Actionsequenzen mit ruhigeren Storyparts ab, sodass eine homogene Mischung entsteht, die perfekt zu unterhalten weiß und den Zuschauer zusätzlich nahe ans Geschehen rückt.
Fukasaku versteht es im Handlungsverlauf sehr gut, die Machtverhältnisse zwischen Polizei und Yakuza zu vermitteln - so, wie sie damals wohl wirklich an der Tagesordnung waren. In diese fragile Konstellation der Macht kommt dann der harte "Lonewolf" Kuroiwa als weitere Zutat hinein und bringt dadurch das Gleichgewicht zwischen Polizei und den Banden kräftig durcheinander. Schauspielerisch und technisch ist Fukasaku diese Darstellung der schwierigen Verhältnisse perfekt gelungen, sodass die harte Atmosphäre angemessen ins heimische Wohnzimmer transportiert wird.
Mir hat aber auch besonders das typische 70er-Jahre-Flair des Films gefallen. Eine Zeit, in der Cops noch harte Macho-Männer waren und die japanischen Autos eckige Klötze mit quietschenden Reifen - so ist zumindest die Darstellung der Ordnungshüter in den damaligen Filmen. Dazu passend gibt sich auch die 70er-Jahre-Musik.
Der Film lässt sich auch in nur ganz wenigen Worten beschreiben: hart, schnell, liebreizende Frauen und harte Machomänner. Alle diese Zutaten wurden von Fukasaku perfekt gemischt und virtuos inszeniert. Einfach klasse! Ein aufmerksamer Zuschauer kann übrigens viele Einflüsse aus "Yakuza Graveyard" auch in späteren US-Produktionen wieder erkennen.
Ich empfehle diesen Genre-Film aber sicherlich nicht jedem. Um an "Yakuza Graveyard" Gefallen zu finden, muss man schon ein gewisses Faible für 70er-Jahre-Yakuza–Copthriller oder Interesse für filmhistorisch wichtige Werke aus Asien mitbringen. Ich jedenfalls war im siebten Filmhimmel und bin begeistert!
Die DVD:
Wie immer ist Rapid Eye Movies bei dieser Veröffentlichung in keiner Weise etwas vorzuwerfen. Ein Digi-Slimpack mit umfangreichem Bonusmaterial erfreut auch bei "Yakuza Graveyard" den Käufer und zeigt, dass es auch heute noch Firmen gibt, die ihr Handwerk verstehen und echte Fans zu erfreuen wissen.
Besonders möchte ich die fast makellose Bildqualität hervorheben - immerhin sprechen wir hier von einem asiatischen Film aus den 70er Jahren. Nur die Schärfe zeigt sich manchmal nicht ganz optimal, alle anderen Bildwerte können vollkommen überzeugen.
Beim Ton ist die Sache ähnlich gelagert - bis auf die Tatsache, dass es 'nur' den O-Ton in DD 2.0 gibt. Diese Tonspur ist aber als sehr gut gelungen zu bezeichnen und die hervorragenden Untertitel lassen eine Synchronisation erst gar nicht vermissen.
Kommen wir nun zu den Extras. Hier haben die Jungs (und Mädels natürlich) von Rapid Eye Movies ebenfalls wieder ganze Arbeit geleistet. Im Digipack findet sich wie gewohnt ein Poster mit interessanten Hintergrund-Infos auf der Rückseite. Außerdem gibt es ein schickes Postkartenset für Sammler.
Auf der DVD ist neben dem Originaltrailer zu "Yakuza Graveyard" auch ein wirklich interessantes Interview mit Mark Schilling - einem internationalen Filmkritiker mit dem Fachgebiet Asiafilme - enthalten. Dieser erklärt im Zuge des Interviews nicht nur Hintergründe zu diesem Film, sondern auch Grundsätzliches zum asiatischen Kino der 60er und 70er Jahre. Wirklich sehr interessant.
Fazit:
"Yakuza Graveyard" ist ein Film, den sich Fans des asiatischen Genre-Kinos keinesfalls entgehen lassen sollten. Er kann bezüglich der filmhistorischen Bedeutung ohne Zweifel in einem Atemzug mit Kurosawas Werken oder Filmen wie "Lady Snowblood" genannt werden. "Yakuza Graveyard" ist ein wegweisendes Meisterwerk.
Ich habe mich prächtig unterhalten gefühlt und mit dem Genuss des Films ganz nebenbei auch noch etwas für meine filmhistorische Weiterbildung getan. Ein toller Film aus einer interessanten Zeit des japanischen Kinos. Hoffentlich schaffen es noch viel mehr solche Filmperlen in unser Heimatland.
- Redakteur:
- Detlev Ross
Im Zuge des in den letzten zehn Jahren angestiegenen Interesses am asiatischen Kino erlangte der japanische Regisseur Kinji Fukasaku durch sein Spätwerk, die Hardcore-"Lord Of The Flies"-Variante "Battle Royale", erstmals auch weltweit und außerhalb von Insiderkreisen Aufmerksamkeit. In dem gesellschafts- bzw. medienkritischen und sehr umstrittenen Film aus dem Jahr 2000 wird eine Gruppe von Schülern auf eine Insel verschleppt, wo sie sich einen Kampf bis aufs Blut liefern muss, da nur dem oder der letzten Überlebenden die Freiheit geschenkt wird. Trotz oder gerade wegen des Zündstoffs, den diese Geschichte bereithält, wurde der Streifen ein großer Erfolg und zog eine (deutlich schwächere) Fortsetzung nach sich, die gleichzeitig das Vermächtnis Fukasakus sein sollte. Im Jahr 2003 verstarb der Japaner, weshalb der Untertitel "Requiem" von der Realität eingeholt wurde.
Lange bevor der Regisseur diese Streifen realisierte, prägte er ein ganzes Genre entscheidend mit und avancierte dadurch zu einem der erfolgreichsten japanischen Filmemacher aller Zeiten, der auch künstlerisch auf eine Stufe mit einem Mann wie Akira Kurosawa zu stellen ist. In den siebziger Jahren nahm er sich des sogenannten Yakuza-Films an und führte diesen in eine neue Ära. Nachdem sich Fukasaku der vermeintlich schillernden Gangsterwelt angenommen hatte, waren die Zeiten der Glorifizierung endgültig vorbei. Er brachte die Machenschaften dieser Vereinigung ungeschönt und nüchtern auf die Leinwand und ließ keinen Platz für falsche Romantik. In den Werken des Japaners ist die Yakuza keine ehrenhafte Organisation. Die Mitglieder leben zwar nach bestimmten Kodizes, die ein verzerrtes Bild von Honorigkeit vorgaukeln, letztlich ist aber jeder nur auf seinen eigenen Profit aus und geht dafür über Leichen.
Einhergehend mit der Entmystifizierung dieser traditionsreichen Verbindung bekam auch die japanische Obrigkeit eine gehörige Breitseite ab. Korruption ist allgegenwärtig, und das Syndikat, das am besten bezahlt, wird in Ruhe gelassen. Schwarzweißmalerei wird man in Fukasakus Filmen dementsprechend absolut vergeblich suchen, was den Reiz seiner Werke jedoch nur erhöht.
Story:
Der abgewrackte Polizist Kuroiwa hat jeden Glauben in das Gesetz verloren. Er ist umgeben von Vorgesetzten, die tatenlos zusehen, wie die Yakuza-Kartelle Yamashiro und Nishida immer mächtiger werden. Im Gegensatz zu seinen Chefs, die sich sogar auf die Seite des Yamashiro-Klans schlagen, will Kuroiwa diese Entwicklung nicht teilnahmslos hinnehmen. Er versucht auf eigene Faust und mit einer selbstmörderischen Gleichgültigkeit, ein wenig Ordnung wiederherzustellen und gerät mitten in einen brutalen Bandenkrieg. Als er schließlich mit Iwata, dem Anführer der Nishida-Familie, Freundschaft schließt und sich zudem noch in Keiko, die Frau des inhaftierten Paten des Nishida-Klans verliebt, gerät er in einen tödlichen Interessenkonflikt.
Kritik:
"Yakuza Graveyard" ist düster und hoffnungslos. Das unterscheidet ihn nicht von anderen Werken des Meisters. Fukasaku ist eben Fukasaku. In der Welt des Japaners gibt es keine Instanz, die alles Ungemach abwenden könnte; keine Helden, die kugelsicher über den Dingen stehen; keine Typen mit antrainierter Coolness, die zwischendurch mal 'nen lockeren Spruch ablassen, damit sich Elfriede vor der Mattscheibe auf die Schenkel klopfen kann und Vatis Bier gleich doppelt so gut schmeckt. Fatalismus als Grundprinzip. Die Dinge sind unabänderlich. Anstatt dem Zuschauer Auswege aufzuzeigen, reiht der Japaner Sackgasse an Sackgasse. Diese liegen immer in dreckigen Vororten und beherbergen dreckige Gangster und noch dreckigere Polizisten.
Die Hauptfigur Kuroiwa ist einer dieser Gesetzeshüter. Von seinem mickrigen Gehalt kann er sich gerade mal eine heruntergekommene Ein-Zimmer-Wohnung leisten. Zudem verzockt er seine wenige Kohle auch noch bei illegalen Glücksspielen. Sein einziger Antrieb ist das Verlangen nach ein bisschen Gerechtigkeit und um dies zu erreichen, ist ihm jedes Mittel recht. Das Gesetz ist die Faust. Und damit lässt sich schnell ein Urteil fällen. Allerdings lebt er in einer Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt, woran auch seine Polizeimarke rein gar nichts ändert. Jederzeit muss er damit rechnen, auf jemanden zu treffen, der noch skrupelloser und abgebrühter ist als er selbst.
Dieser Mikrokosmos aus Gewalt und Korruption wird von Fukasaku in entsprechend düsteren Bildern eingefangen. Alles bleibt im Zwielicht, und es scheint nie richtig hell zu werden. Zeitweise kehrt der Japaner die Hektik dieser unwirtlichen Umgebung nach außen, indem er eine wacklige Handkamera einsetzt, die zumeist Kuroiwa auf der Jagd nach unterrangigen Yakuza-Mitgliedern begleitet. Am Ende steht aber jedes Mal die Einsicht, dass aller Einsatz vergeblich ist, da die Situation schon lange vollkommen außer Kontrolle geraten ist.
Obwohl sich Kinji Fukasaku in "Yakuza Graveyard" mit expliziter Gewaltdarstellung zurückhält – das ist bei dem 1975er "Graveyard Of Honor" noch etwas anders –, ist der Film letztlich nichts für schwache Nerven. Der durchgehend vorherrschende Nihilismus, kann phasenweise schon ziemlich runterziehen. Jeder kleine Hoffnungsschimmer – Kuroiwas Freundschaft zu Iwata und seine Gefühle für Keiko – wird letztlich wieder zunichte gemacht. Aber es ist gerade diese Konsequenz, die den Reiz des Streifens ausmacht.
Abschließend bleibt zu sagen, dass "Yakuza Graveyard" einen idealen Einstieg in die Welt des Kinji Fukasaku darstellt, da er all das beinhaltet, was den Japaner zu einem der einflussreichsten Regisseure seines Landes werden ließ. Wer nach dem Genuss des Films auf den Geschmack gekommen ist, sollte sich gleich anschließend mit der Maßstäbe setzenden fünfteiligen Leinwand-Serie "Battles Without Honor And Humanity" aus den Jahren 1973 und 1974 eingehender befassen. Wegweisend und essenziell!
- Redakteur:
- Oliver Schneider