Magic - Die Puppe des Grauens
- Regie:
- Attenborough, Richard
- Jahr:
- 1978
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
2 Review(s)
20.08.2006 | 10:10Hintergrund
13 Jahre bevor Anthony Hopkins mit "Das Schweigen der Lämmer" unsterblich wurde, hatte er unter Richard Attenborough eine Doppelrolle im 1978-er Psychothriller "Magic - Die Puppe des Grauens". Attenborough, der sowohl als Schauspieler ("Jurassic Park") als auch als Regisseur ("Die Brücke von Arnheim", "Gandhi", "Cry Freedom") große Erfolge feiern konnte, inszeniert mit "Magic" einen Film ganz im Zeichen von "Trau ohne Ende" oder "The great Gabbo". Mit Puppenhorror im Stile von "Chucky die Mörderpuppe" hat "Magic" nichts gemein.
Handlung
Corky (Anthony Hopkins) ist ein erfolgloser Magier. Es fehlt ihm nicht nur an Talent, sondern viel mehr auch an Selbstbewusstsein und Charisma. Erst als er sein Programm um eine Bauchrednerpuppe erweitert, kommt der große Erfolg. Seine Show läuft 28 Wochen und auch das Fernsehen lässt nicht lange auf sich warten. Alles scheint perfekt - doch der Schein trügt! Der Leistungsdruck droht Corky zu übermannen. Als sein Manager ihn auch noch zu einer routinemäßigen Untersuchung vor dem Vertragsabschluss mit NBC schickt, rastet Corky aus. Er flieht mit seiner Bauchrednerpuppe „Fats“ aus Manhattan zu seiner alten Jugendliebe. Dort untergekommen, flammen die alten Gefühle schnell wieder auf. Doch die beruflichen Probleme mit seinem Manager und der Ehemann seiner Jugendliebe machen ihm zu schaffen. In dieser kritischen Phase übernimmt Corkys Puppe die Überhand - mit fatalen Folgen…
Kritik
Nein, "Chucky die Mörderpuppe" geht anders. Obwohl der Titel "Magic - Die Puppe des Grauens" eine "Chucky"-ähnliche Handlung suggeriert, steht der Film ganz im Zeichen der klassischen Bauchrednerpuppen-Filme wie "Traum ohne Ende". Nicht der Horror eines beseelten Spielzeugs, sondern der psychologische Aspekt eines vom Leistungsdruck überforderten Magiers steht hier im Mittelpunkt. Hier brilliert Oscarpreisträger Anthony Hopkins in einer umwerfenden Doppelrolle.
Hopkins, der in der englischen Originalfassung auch die Puppe „Fats“ spricht, zeigt hier sehr glaubhaft und intensiv den Wandel des unsicheren Magiers zum schizophrenen Künstler, mit all seinen Konsequenzen. Dabei kommt zwar keine kontinuierliche Spannung auf, uninteressant oder gar langweilig ist "Magic" aber nie. Jede Szene mit „Fats“ sorgt für Kurzweil, seine Obszönitäten und Witze wissen durchaus zu gefallen. Corkys Aggressionen und Boshaftigkeiten nehmen immer mehr zu, während im Gegenzug „Fats“ mehr und mehr agiert. Dieses Pseudo-Zusammenspiel fesselt den ganzen Film über, gerade im Bezug auf die Konsequenzen für Corkys Umfeld. Sicherlich ist hier vieles vorhersehbar, zumal die Dramaturgie weit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Regisseur Attenborough zeigt jedoch auch einige schöne Kameraeinstellungen, wobei er keinen Hehl daraus macht, dass sein Fokus auf Anthony Hopkins liegt.
Dies zeigt sich deutlich am fast schon verschwenderischen Umgang mit den Nebendarstellern. Sowohl Burgess Meredith, der Corkys Manager spielt (bekannt aus "Rocky"), als auch Ann-Margret, die seine Jugendliebe Peggy verkörpert ("Cincinnati Kid",) rücken nie wirklich ins Zentrum der Handlung. Mit ein wenig mehr Geschick wäre hier inszenatorisch viel mehr drin gewesen. Das soll aber nicht heißen, dass ihre darstellerischen Leistungen schlecht wären - im Gegenteil, die sind, gerade was Burgess Meredith angeht, ausgezeichnet. Viel mehr ist der Film zu arg auf Anthony Hopkins zugeschnitten, der in fast jeder Szene zu sehen ist.
Leider ist "Magic" stellenweise ein wenig langsam. Spannungsgeladenen Momenten folgen zumeist eher langatmige Sequenzen, die der Dramatik mehr schaden, als dass sie ihr dienlich sind. Weiterhin sind die Kulissen zu bemängeln, die selbst für eine Low-Budget Produktion aus den 70-er Jahren nicht besonders hübsch ausschauen. Schauderhaft ist auch der Score von Altmeister Jerry Goldsmith, der sich hier wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat - glücklicherweise sollten in den folgenden Jahren großartige Kompositionen von ihm folgen. Was wiederum sehr zu gefallen weiß, ist das Design der Bauchrednerpuppe „Fats“. An Hopkins angepasst und immer in einheitlicher Kleidung, verstärkt sie den zentralen Aspekt des Plots und verkörpert mit zunehmender Filmdauer immer mehr das Böse in Corky. Alles in allem ist "Magic - die Puppe des Grauens" ein solider Thriller, mit einem schon damals groß aufspielenden Anthony Hopkins.
Die DVD
Das Bild liegt leider nur in 1.33:1 (4:3) vor. Grobe Verschmutzungen sucht man vergebens, dafür gibt es einige Dropouts. Wirklich scharf ist das Bild nie, auch die Farben sind eher blass. Die Detailärme wird durch den matschigen Schwarzwert noch erhöht. Dafür bleibt man von störendem Hintergrundrauschen verschont. TV-Niveau trifft es wohl am ehesten.
Der Ton reißt auch keine Bäume aus. Deutsch und Englisch stehen in DD2.0 zur Verfügung, wobei letztere Spur eindeutig zu empfehlen ist. Sie klingt im Vergleich nicht so verzerrt und dumpf, rauscht dafür aber stärker. Untertitel gibt es keine.
Ein 4-seitiges Booklet stellt das einzige Extra dar. Der abgedruckte Text ist recht informativ und liefert einige Hintergrundinformationen zur Produktion. Auf der DVD findet man außer einer Kapitelwahl nichts.
Außerdem sollte beachtet werden, dass die von Koch Media vertriebene FSK 12 DVD rund 8 Minuten geschnitten ist (neben Gewaltschnitten sind auch handlungsrelevante Dialoge betroffen!
Fazit
Trotz seiner dramaturgischen Schwächen weiß "Magic - Puppe des Grauens" zu gefallen und liefert solide Thrillerkost. Der toll aufspielende Anthony Hopkins garantiert hier für ein 96-minütiges Sehvergnügen. Wer Psychothriller mit einem Hauch Horror mag, kann hier trotz des Alters der Produktion zugreifen.
- Redakteur:
- Martin Przegendza
In vielerlei Hinsicht ist “Magic - Die Puppe des Grauens“ ein sehr geschichtsträchtiger Film, und das nicht nur wegen seiner mehrfachen Auszeichnungen. So zum Beispiel tritt der mit “Das Schweigen der Lämmer“ zum Superstar avancierte Anthony Hopkins in diesem Streifen zum ersten Mal in der Hauptrolle auf. Und auch Regisseur Richard Attenborough legte mit diesem Werk seine letzte echte Reifeprüfung ab, bevor er dann gut zwei Jahre später mit “Gandhi“ Weltruhm erlangte.
Story
Corkys erster Auftritt als Zauberer ist eine Katastrophe; mit seiner eigensinnigen Art kommt er beim Publikum einfach nicht an und an Ausstrahlung und Selbstvertrauen mangelt es ihm ebenfalls. Dann jedoch zieht er einen Trumpf aus dem Ärmel, mit dem er die Zuschauer doch noch begeistern kann: seine Bauchrednerpuppe Fats. Corky jedoch flüchtet aus der Stadt und vor seinem Agenten Green. Die Puppe übt nämlich langsam aber sicher mehr und mehr Druck auf den gescheiterten Magier aus und entwickelt sich schließlich zu seinem Alter Ego. Unterschlupf findet Corky zunächst bei seiner Jugendliebe, die auf ihrem Landanwesen ein sehr bescheidenes, unglückliches Leben mit ihrem Mann Duke führt. Genau während dessen Abwesenheit taucht Corky bei ihr auf, gewinnt rasch wieder ihr Herz und verführt sie – jedoch nicht aus Liebe. Fats hingegen ist mit der Situation überhaupt nicht einverstanden. Als dann eines Tages Green vor der Hütte auftaucht, in der Corky derzeit wohnt, zwingt die Puppe ihren Redner dazu, Green aus dem Weg zu räumen. Als dann auch noch der eifersüchtige Duke zurückkehrt und Corky zur Bedrohung wird, gerät die Situation außer Kontrolle…
Meine Meinung
Im Bereich des phantastischen Films gab es schon so einige Produktionen, in denen Bauchrednerpuppen die Hauptrolle übernahmen, dies jedoch vorwiegend in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Und ähnlich wie bei “Magic – Die Puppe des Grauens“ entwickelten sie meist ein Eigenleben, infolgedessen sich ihre schizophrenen Besitzer fast komplett unterwarfen. Nichts grundlegend Neues also. Und dennoch ist die Inszenierung von Richard Attenborough aus dem Jahre 1978 durchweg atemberaubend, in erster Linie wegen einem super agierenden Anthony Hopkins, dessen zerstörerisches Ego in der Rolle des Corky durchaus mit seinem späteren legendären Auftritt als Hannibal Lector zu vergleichen ist. Nur, dass die Persönlichkeit hier eine andere, im Grunde genommen ziellose, ist, die im Laufe ihrer Entwicklung ihr Handeln nicht mehr eigeninitiativ steuern kann.
Attenborough hat dabei eine sehr düstere, oft auch grausame Atmosphäre erschaffen, in der sich der stets aufgewühlte Corky alias Hopkins in einen zügellosen Rausch spielt, bei dem man nicht selten den Eindruck gewinnt, er habe sich bei den Dreharbeiten völlig verausgabt. Hopkins legt seine Seele in den Plot, spielt immer wieder beängstigend unberechenbar mit seiner Mimik und wandelt sein Erscheinungsbild fast im Sekundentakt. Gut, dies wird von seiner Rolle auch erwartet, aber es gibt wohl nur wenige Leute, die diesen Part so authentisch und überzeugungsstark hätten übernehmen können. Der Regisseur hat den gesamten Plot jedoch auch auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten; selbst die Puppe wurde rein optisch nach der äußeren Vorgabe Hopkins’ geschneidert, um den Part als Alter Ego des Hauptmimen noch wirksamer zu betreiben. Von den beängstigenden, tiefen Augen über die verschiedenen Grimassen bis hin zum manchmal unkontrollierten Redefluss wurde Fats seinem Gegenüber sehr originalgetreu nachempfunden. Und damit gelingt es Attenborough schließlich auch, dem zu dieser Zeit bereits erheblich vernachlässigten Subgenre entscheidende Impulse zu verleihen, die den Streifen rund 30 Jahre später unwiderruflich in die Position eines Klassikers pressen – und dies nicht nur wegen der prominenten Besetzung.
Es sind viele kleine Details, die aus dem recht standardisierten Thriller-Rahmen eine packende Story machen, bei der man zwar selbst immer meint, der Handlung einen Schritt voraus zu sein, sich aber letztendlich eingestehen muss, dass die Geschichte ebenso unberechenbar ist wie ihre genialen Darsteller. Unter Letztgenannten befindet sich übrigens auch Burgess Meredith, der in der Rolle des “Rocky“-Coaches in den ersten vier Verfilmungen des Boxer-Epos seine letzten großen Auftritte hatte, leider dann aber 1997 verstarb. Zusammen mit Anthony Hopkins gibt er in seiner relativ kurzen Einlage eine überzeugende Vorstellung ab und setzt so das i-Tüpfelchen auf einen Klasse-Film.
Die Aufarbeitung der DVD geht in Ordnung. Dem Bild fehlt es zwar speziell in den düsteren Szenen an Schärfe und ausgeprägten Kontrasten, aber für die Entstehungszeit von “Magic – Die Puppe des Grauens“ ist es okay. Vom Sound her betrachtet, hat der Streifen hingegen einiges zu bieten, wobei speziell in den von “Psycho“-ähnlicher Musik untermalten Passagen das Grauen vom alles in allem sehr guten 2.0-Surround-Sound sehr gut zur Geltung kommt. Extras gibt es aber leider keine, außer eben das von Koch Media bekannte Booklet mit den nötigen Hintergrundinformationen zum Film.
Fazit
Anthony Hopkins’ Debüt als Charakterschauspieler ist zu Recht ein Klassiker der Filmgeschichte, der jedoch in Deutschland – warum auch immer – bisher kaum Beachtung fand. Das Kinodebüt im März 1979 wurde nur mäßig besucht, was aber sicher auch daran gelegen hat, dass der Hauptdarsteller damals noch gänzlich unbekannt war. Dies sah beim kurze Zeit später erschienenen Zweitfilm “Der Elefantenmensch“ von David Lynch schon ganz anders aus... Wie auch immer, im Verbund mit dem preisgekrönten Regisseur Richard Attenborough hat Hopkins hier ein begeisterndes Werk abgeliefert, das einem auch mehrere Dekaden nach Erstveröffentlichung noch einige Schauer über den Rücken jagt. Nicht nur Fans des Schauspielers sollten daher unbedingt mal hereinschauen und sich von Bauchrednerpuppe Fats das Fürchten lehren lassen!
- Redakteur:
- Björn Backes