No Talk - Talkmaster zum Schweigen verdammt
- Regie:
- Uli Wilkes
- Jahr:
- 1998
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
22.05.2006 | 13:41Uli Wilkes stand im Jahre 1998 kurz vor seinem Diplom an der Kölner Medienhochschule, als er für seine Abschlussarbeit ein recht seltsames Projekt ins Leben rief. 30 Minuten lang sollten verschiedene Personen sich in einem Kreis zusammenfinden und dabei kein einziges Wort reden. Tatsächlich gelang es dem angehenden Absolventen damals, einige prominente Gäste für diesen einmaligen Versuch zu gewinnen, so dass selbst das WDR sich für das Projekt interessierte und es ein knappes Jahr später sendete. Immerhin folgten Leute wie Arabella Kiesbaur, Alfred Biolek und Roger Willemsen dem Ruf von Herrn Wilkes. Außerdem noch in der Schweigekammer: Jürgen Domian, Bärbel Schäfer und Giovanni di Lorenzo, allesamt sehr unschlüssig und nervös ob der Dinge, die auf sie zukommen werden.
Der Ablauf dieses Versuchs ist dementsprechend auch sehr interessant. Selbst souveräne Talkmaster wie Biolek und Willemsen müssen in den ersten Minuten mit ihrem Grinsen kämpfen und sich ein Losprusten verkneifen, wohingegen die beiden weiblichen Vertreter gar nicht wissen, wo sie hinschauen sollen, um die Zeit totzuschlagen. Just in dem Moment, in dem sich die Szenerie ein wenig entspannt hat, bekommen die sechs 'Insassen' Papier und Stift in die Hand und sollen dort ihre Gedanken notieren. Dies empfinde ich persönlich als ziemlich unglücklich, denn so werden sie zu sehr von der ursprünglichen Idee des Konzepts abgelenkt und bekommen nun etwas Greifbares, an das sie sich auch vehement klammern. Weitere zehn Minuten später werden sie wieder vor eine größere Auswahl aus Büchern und Zeitschriften gestellt, mit denen sie sich dann auch konsequent das gesamte letzte Drittel beschäftigen. Auch hier finde ich Wilkes' Idee nicht sonderlich glücklich, denn zum einen wird die Ruhe durch das Papiergeräusch getrübt und zweitens wird die stille Interaktion unter den vertretenen Personen so komplett durchtrennt.
Acht Jahre nach den Arbeiten an diesem Projekt wird das Experiment nun auch auf DVD veröffentlicht und gibt noch einmal einen Überblick über das halbstündige Ereignis aus dem Jahre 1998. Allerdings stellt sich mir schon vorab die Frage, wer für eine solche Dokumentation Geld ausgeben wird? Sicher, es ist in gewissem Sinne eine interessante wissenschaftliche Studie, aber den Leuten beim Schweigen zuzuschauen ist nur für ein paar Minuten spannend. Danach tritt ziemlich schnell die Langeweile ein, und sobald die Hauptfiguren mehr mit ihren Behilfsutensilien beschäftigt sind und die mimische Kommunikation aussetzt, kann man auch getrost ausschalten, schließlich passiert danach nichts Wichtiges mehr! Und da bringt mir auch die Option, mir die einzelnen Personen aus einem individuellen Blickwinkel anzuschauen, nicht viel.
Die DVD beinhaltet wohl noch einiges an sehenswertem Bonusmaterial, so zum Beispiel ein kurzes Vorwort des Initiators, der hier sein Vorhaben etwas näher erläutert und einige kurze Sequenzen nach dem Ablaufen der 30-Minuten-Frist, in dem die sechs Leute vorsichtig wieder zu reden beginnen. Aber wie gesagt; hierfür Geld ausgeben? Ich könnte es mir nicht vorstellen...
Ich möchte das Projekt allerdings gar nicht schlecht reden, denn es ist schon mal interessant, diese Prominenten in ihrer Unsicherheit zu beobachten. Nur sind hier manche Sachen falsch angepackt worden, die den Fluss zerstören. Aber davon mal abgesehen: 30 Minuten Stille kann ich mir auch mit einem kurzen Mittagsschlaf gönnen. Und danach geht es mir persönlich weitaus besser...
- Redakteur:
- Björn Backes