Ghouls, The – Cannibal Dead
- Regie:
- Chad Ferrin
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
28.05.2006 | 19:03Vor gar nicht mal so langer Zeit hatte der Horrorfilm noch einen etwas anderen Stellenwert als heutzutage. Genreklassiker wie "Cannibal Holocaust" oder "Dawn Of The Dead" wollten nicht nur unterhalten, sondern setzten sich darüber hinaus mit politischen und gesellschaftlichen Problematiken auseinander. Auch wenn ihr kritischer Überbau häufig oberflächlich und vorgeschoben wirkte, war die Berücksichtigung damaliger Diskurse – zum Beispiel die Angst vor globalem Kontrollverlust und die Sorge um das ökologische Gleichgewicht – nicht unwichtig für Produzenten und Regisseure. In vielen neueren Streifen fehlt der aktuelle Politik- und Gesellschaftsbezug. Das ist einerseits nicht sonderlich förderlich für die Bedeutung des Horrorfilms, andererseits aber auch gar nicht so dämlich, da es in heutigen (pluralistischen) Zeiten sicherlich schwieriger ist, diffuse Angstzustände auf ein paar allgemeingültige Formeln runter zu brechen.
”The Ghouls” steht erstaunlicherweise in der Tradition früherer Horrorfilme – ohne jedoch deren Format zu erreichen. Der Bildjournalist Eric Hayes ist ein Parasit. Er lebt vom Unglück seiner Mitmenschen. Je blutiger und skrupelloser seine Bilder sind, desto besser ist die Aussicht auf gute Bezahlung. Verbittert und gefühlskalt fährt er Nacht für Nacht durch die Ghettos von Los Angeles, immer auf der Suche nach Leid und Unglück. Seine zunehmende Gleichgültigkeit, bedingt durch maßlosen Drogenkonsum sowie durch die Tatsache, alles und jeden aus dem verzerrten Blickwinkel seiner Kamera zu betrachten, findet ihren Höhepunkt, als er die Tötung und das Verspeisen einer Frau filmt. Anstatt ihr zu helfen, lässt er die Täter gewähren. Gewissensbisse kennt Eric Hayes nicht. Im Glauben, die Story seines Lebens gefunden zu haben, stellt er sogar weitere Nachforschungen an, möchte mehr über die seltsamen Menschenfresser erfahren. Gemeinsam mit einem Arbeitskollegen sucht er nach den Kreaturen und wird in einem Kanalsystem schließlich fündig. Es sind Ghule, die im Untergrund leben und bei Einbruch der Dunkelheit an die Oberwelt kommen, um im Menschendschungel nach Nahrung zu suchen.
Subtilität scheint keine Stärke von Regisseur Chad Ferrin zu sein. Unmissverständlich macht er dem Zuschauer klar, dass nicht der Ghul, sondern der kapitalistische und sittenlose Mensch das eigentliche Monster ist. Während der Ghul lediglich tötet, um zu überleben, töten die Menschen (in diesem Falle passiv), um sich zu bereichern. Dass sich Chad Ferrin dazu entschied, auf billigem DV-Material zu drehen, mag zweierlei Gründe gehabt haben. Entweder er unterlag dem Irrglauben, auf diese Weise seinem Machwerk einen Hauch von Authentizität zu verleihen, oder ihm fehlte schlicht und ergreifend das notwendige Kleingeld, um in eine bessere Technik zu investieren. Lärmender Freejazz und Wackeloptik wollen gewiss ersteres suggerieren, täuschen aber keineswegs über die evidenten Mängel wie schlechte Darsteller, miserables Drehbuch und unterirdische Kameraführung hinweg. Mit den großen Klassikern hat ”The Ghouls” jedenfalls nicht allzu viel gemein, auch wenn er sie häufig und gerne zitiert.
Bild- und Tonqualität der DVD sind unterer Durchschnitt; die Synchronisation erwartungsgemäß ein schlechter Witz. Obwohl die Dialoge dadurch nicht an Substanz gewinnen, lohnt es sich, die englische Tonspur zu aktivieren; immerhin bleiben die unfreiwillig komischen Szenen somit in einem erträglichen Maß. Zur Ausstattung gehören die obligatorische Trailershow und eine Bildergalerie, was freilich ein bisschen mager ist. Dass ”The Ghouls” außerdem keine Jugendfreigabe erhielt und um knapp sieben Minuten gekürzt wurde, sollte ein weiterer Grund sein, einen Bogen um diesen Silberling zu machen.
- Redakteur:
- Marco Pütz