Rainy Dog
- Regie:
- Takashi Miike
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Gokudô kuroshakai
1 Review(s)
29.05.2006 | 10:37Hintergrund
Takashi Miike dürfte jedem Asia Filmfreund ein Begriff sein. Der 1960 geborene japanische Filmemacher ist sowohl für seine ausschweifenden Gewaltorgien, als auch für seinen schrägen Humor bekannt. Sein wohl bekanntester Film dieser Richtung (und mit zweifelhaftem Ruhm ausgestattet) ist der in Deutschland indizierte "Ichi The Killer". Dieser Film zelebriert mehr als alle anderen Miikes Hang zu den Extremen, schockiert und fasziniert zugleich. Zudem hat er in den gut 10 Jahren seines Schaffens an die 100 Filme gedreht - Drehzeiten von nicht einmal 30 Tagen sind bei Miike keine Seltenheit! Natürlich sind Cast und Crew auch an diese engen Zeitpläne gebunden, weshalb es bei Miike des öfteren vorkam, dass er mit einem ausländischen Team zusammengearbeitet hat. So bestand Miikes Crew bei "Rainy Dog" aus gerade einmal vier Japanern! Der Rest (inklusive des Kameramanns) kam aus Taipeh und Umgebung - dem zentralen Handlungsort des Films.
Handlung
Yuuji (Sho Aikawa) ist ein abgerannter, verstoßener Yakuza, der nach Taipeh ins Exil geschickt wurde. Ohne einen Menschen zu kennen und ohne ein Wort Mandarin zu sprechen, verdient er sich seinen Lebensunterhalt als Kleinganove und Laufbursche für die ansässigen Mafiabosse. Auftragsmorde und ähnliches stehen bei Yuuji an der Tagesordnung, die er auch ohne mit der Wimper zu zucken ausführt. Doch eines Tages bringt eine Frau - es wird wohl ein One-Night-Stand gewesen sein - ein Kind vorbei und bezeichnet Yuuji als Vater. Ohne seine Rolle anzunehmen, adoptiert er den stummen Ah Cheng, kümmert sich jedoch überhaupt nicht um den kleinen Jungen. Er begeht weiterhin Auftragsmorde für seinen Boss (sogar vor den Augen des Kindes!) und schlägt so die Zeit im verregneten Taipeh tot. Als sich jedoch die Angehörigen eines seiner Opfer mit seinem Boss zusammenschließen und sich an Yuuji rächen wollen, gerät der ansonsten so geordnete und langweilige Tagesablauf aus den Fugen. Zusammen mit einer auf dem Weg aufgegabelten Prostituierten und dem stummen Ah Cheng flieht Yuuji vor dem Killerkommando, mit seiner alten Heimat als Ziel…
Kritik
"Rainy Dog" ist ein sehr untypischer Miike. Diesem zweiten Teil seiner "Shinjuku Triad Society" (bestehend aus dem 1995-er "Shinjuku Killers", dem 1997-er "Rainy Dog" und dem 1999-er "Nihon Kuroshakai") fehlen nahezu alle Miikeschen Trademarks - so findet man in den 94 Minuten der Handlung weder großartige Gewaltorgien noch Miikes schrägen Humor. Auch die rasanten Kamerafahrten fehlen völlig und der Schnitt zeigt sich überraschend ruhig. In diesem Sinne handelt es sich also um einen sehr ungewöhnlichen Film, der in dieser Art nur schlecht mit Miikes anderen Gangsterfilmen zu vergleichen ist.
Kernelement dieses Films ist das Thema der Entfremdung, des Verlorenseins in einem fremden Land. Die größtenteils aus Taiwanesen bestehende Crew hat dem Regisseur sicherlich geholfen, diese Thematik in dem Film umzusetzen, da auch hier Verständigungsprobleme und verschiedenartige Auffassungen an der Tagesordnung waren. In erster Linie sieht man hier also einen heruntergekommenen Yakuza, der mehr wie eine John-Woo-Figur rüberkommt (Yuuji erinnert schon schemenhaft an den legendären Inspektor Tequilla) und den Charakter einer Takeshi-Kitano-Figur hat. Man sieht seinen Alltag mit allen schmutzigen Details, der Einsamkeit, der Langeweile und der täglichen Gewalt, jedoch auch die Abhängigkeit von seinem Boss und die Sehnsucht nach Japan zurückzukehren.
Dieser interessante Ansatz ist dabei auch noch sehr detailgetreu umgesetzt, was leider zur Folge hat, dass der Film über weite Strecken schlicht und einfach langweilt! Man erlebt zwar Yuujis Alltag mit, baut dabei jedoch kaum ein emotionales Verhältnis zu ihm auf, geschweige denn zu seinem untergejubelten Kind. Sicherlich kommt schnell Mitleid für den stummen Jungen auf, wirkliches Interesse am Verbleib und Überleben der zum Ende hin drei Protagonisten (Yuuji, Ah Cheng - der stumme Junge - und einer Prostituierten, die ebenfalls aus Taipeh und dem Regen fliehen möchte) hingegen nicht. Sicherlich kann man an der Ruhe und Bodenständigkeit des Films Gefallen finden, wirkliche Unterhaltung findet man hier jedoch nicht vor. Dafür ziehen sich zu viele Passagen zu stark, dafür ist das nahezu komplette Fehlen an Dialogen und Charaktertiefe zu eklatant. Auch hier kann man sagen, dass es vom Regisseur gewollt ist - Langeweile sollte aber nie ein Ansporn für einen Filmemacher sein!
Schnitt, Kamera und Darsteller sind allesamt sehr durchschnittlich, zeigen keine Besonderheiten und dienen einzig der Darstellung der Entfremdung und des Verlorenseins. Ab und an blitzt kurz Gewalt auf, überraschende Niederschüsse im Stile eines "Der Pate", die nüchtern, jedoch eindrucksvoll das Tagesgeschäft Yuujis darstellen und eine kurze, spannungsgeladene Abwechslung zur regnerischen Tristes der Haupthandlung liefern. Auch die Musik bleibt auf diesem Niveau, sprich: ganz ok, nichts besonderes und auf keinen Fall überragend!
Wie gesagt, in seiner schlichten, ruhigen Art, dem realitätsnahen Porträt eines Ex-Yakuza im Exil weiß "Rainy Dog" durchaus zu gefallen, dürfte bei dieser Betrachtung sogar als Meisterwerk angesehen werden - als Unterhaltungsfilm versagt er hingegen total. So bleibt es eine Frage der Einstellung, ob man mit "Rainy Dog" warm wird- keinstenfalls sollte man hier aber einen typischen Miike erwarten!
Die DVD
Oh je, das war wohl nichts! Das Bild (16:9 (1.85:1) anamorph) ist schrecklich unscharf, rauscht und zeigt einen mäßigen Kontrast. In dunklen Szenen ist nahezu nichts zu erkennen, auf die Detailebene sollte man sich hier absolut nicht beschränken! Auch die Farben bleiben eher blass. Insgesamt wirklich schwach und am unteren Ende der Bewertungsskala.
Der Ton (Deutsch DD5.1, Japanisch DD2.0 stereo) ist auch nicht viel besser. Während die 5.1 Spur trotz ihrer Kanäle keine Räumlichkeit bietet und mit einer durchschnittlichen Synchro aufwartet, ist der japanische Originalton deutlich lauter. Beide Spuren rauschen und wissen nicht so recht zu überzeugen.
Die Extras sind auch eher dürftig. Einziges echtes Extra ist ein 10-minütiges Interview mit Regisseur Takashi Miike, das wenigstens sehr informativ ausfällt. Weiterhin bietet die DVD von I-ON alle drei Trailer zur "Shinjuku Triad Society" und zusätzlich noch die übliche Label typische Trailershow.
Alles in allem also nicht wirklich gut! Übrigens wird die DVD in einem gut verarbeiteten Schuber ausgeliefert.
Fazit
"Rainy Dog" ist ein etwas anderer Miike, der zwar oberflächlich das typische Metier abdeckt, sich inhaltlich und stilistisch jedoch weit von seinen anderen Werken abgrenzt. Keine Gewaltexzesse, keine extremen Kameraspielereien oder ähnliche Stilmittel - einzig die ruhige, fast schon informative Darstellung eines abgebrannten Ganoven, der gerne nach Hause möchte. Filme dieser Art sind die Parade-Disziplin eines Takeshi Kitano ("Hana-Bi", "Brother"), der sowohl ruhige Charaktere als auch ruhige Bilder beherrscht und die Schönheit der Bilder mit kurzen, aber intensiven (Gewalt)Momenten in Kontrast setzt. Von einem Takashi Miike erwartet man hingegen andere Dinge, die er allesamt mit "Rainy Dog" nicht liefert. Die bei Kitano beschriebene Ruhe und Stille wollen sich nicht so recht mit dem Regiestil eines Miike verbinden, der Ansatz der Entfremdung, der Isolation, ist hier zu strikt aufgegriffen und zu eng umgesetzt. Es wird sicherlich viele Menschen geben, die diesem Film (unerwarteterweise) etwas abgewinnen können, da er für einen Miike gewagt anders ist. Der normale (Asia-) Filmfreund wird aber durch eine 94-minütige Handlung geschleift, die kaum Charaktertiefe, oder aufregendes bietet.
Definitiv Geschmackssache!
- Redakteur:
- Martin Przegendza