Devil's Rejects, The
- Regie:
- Rob Zombie
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
31.05.2006 | 11:02Hintergrund
2003 schockierte Rob Zombie mit seiner ersten Regiearbeit "Haus der 1000 Leichen". Seine kranke, psychopathische Killerfamilie, die Fireflys, die ohne ersichtlichen Grund Menschen folterte und quälte, war sicherlich nicht jedermanns Geschmack und stieß auf den Protest der Jugendschützer. War bei seinem Erstling die Gewalt noch arg überzeichnet und stellenweise Teil des dunklen, bösen Humors des Films, zeigt sich Zombies zweiter Film "The Devils Rejects" von einer ganz anderen Seite. Zwar stehen hier drei Charaktere des Erstlings im Mittelpunkt (unter anderem der schon zum Kult avancierte Captain Spaulding), diese agieren jedoch nicht mehr in einem an "Texas Chainsaw Massacre" angelehnten Film, sondern in einem waschechten Road Movie. Die Gewalt ist hierbei nicht übertrieben und geschönt, sie zeigt sich im Gegenteil von einer realistischen und grausamen Art, die fast schon in Richtung Exploitation geht. "The Devils Rejects" ist zwar das Sequel zu "Haus der 1000 Leichen", große Kenntnis des Vorgängers ist für das Filmvergnügen aber nicht vonnöten.
Handlung
Seit den Ereignissen von "Haus der 1000 Leichen" ist einige Zeit vergangen. Die über 1000 Vermissten haben natürlich die Polizei auf den Plan gerufen, die nun mit einem Sondereinsatzkommando vor dem Haus der mörderischen Familie Firefly steht. Die versammelte Familie lässt sich natürlich nicht so leicht verhaften und leistet mit allen Kräften vollen Widerstand. Bei der wilden Schießerei sterben einige Polizisten und Mutter Firefly wird verhaftet. Otis (Bill Moseley) und seine Schwester Baby (gespielt von Rob Zombies Frau Sheri Moon) gelingen jedoch die Flucht. Sie machen sich auf, ihren Vater Captain Spaulding zu treffen, um ihre gemeinsame Flucht vor dem Großaufgebot der Polizei zu planen. Leichen Pflastern ihren Weg, den Wahnsinn im Schlepptau.
Unterdessen plant Sheriff John Quincy Wydell (William Forsythe) die Jagd auf das mörderische Trio, das seinen geliebten Bruder auf dem Gewissen hat. Dabei geht auch Wydell nicht gerade zimperlich zur Sache und so kommt es, dass der Wahnsinn auf beiden Seiten Einzug erhält. Mit Hilfe eines lokalen Kopfgeldjäger-Duos (Kultstar Danny Trejo "From Dusk Till Dawn" und Profi-Westler Diamond Dallas Page) gelingt es ihm, die drei Massenmörder zu stellen und zum finalen Duell herauszufordern…
Kritik
"The Devils Rejects" ist entgegen aller Erwartungen ein realitätsnahes Road Movie geworden, fernab von überzeichneter Gewalt und krankem Humor. Rein stilistisch lässt sich das Ganze gut mit der Eröffnungssequenz von "From Dusk Till Dawn" vergleichen, in der sich die Gecko-Brüder Seth und Richie (George Clooney und Quentin Tarantino) ihren blutigen Weg nach Mexiko bahnen, bei "TDR" jedoch mit einer völlig anderen Intention. Auch die Fireflys streifen durch den Süden Amerikas und hinterlassen nach brutalen Überfällen massenhaft blutüberströmte Leichen. Hierbei zeigt sich die dargestellte Gewalt als äußerst realistisch, ist ungeschönt und stellenweise wirklich widerwärtig. Anders als befürchtet wird die Gewalt aber nicht stilisiert, oder gar gutgeheißen, sondern viel mehr eingesetzt um aufzuzeigen, wie grausam Menschen sein können und wie grausam Gewalt und ihr Resultat wirklich sind!
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass man während der 106-minütigen Filmhandlung niemals Mitleid mit Otis, Baby und dem Captain hat! Von Anfang an werden sie als unmenschliche Monster dargestellt, die nichts anderes im Kopf haben, als Menschen bis zu ihrem Tod zu quälen. Wirklich gelungen ist in dieser Hinsicht aber, dass die Protagonisten einer schönen Charakterentwicklung folgen, die im Verlauf der Handlung einiges an Hintergründen liefert und das nicht nachvollziehbare Handeln der Drei in Relation setzt. Aus den (stellenweise recht witzigen) Dialogen der drei Charaktere wird schnell ersichtlich, dass es sich bei den Fireflys eindeutig um Psychopathen handelt, die aus vollster Überzeugung handeln. Zu keinem Zeitpunkt wird auf Ängste, oder Zweifel hingewiesen, zu keiner Zeit zeigt Regisseur Rob Zombie sein psychopathisches Trio von einer menschlichen, rationalen Seite. Diese Charaktere sollen den puren Horror, das Widerwärtige, die Ausgeburt der Hölle darstellen und das tun sie auch. Sinnbildlich hierfür ist eine Folterszene in einem Motel: Um die Einwilligung zu einem Toilettengang zu bekommen, muss ein Opfer seine Schwiegermutter mehrfach schlagen und sich anschließend mit einem Kuss und den Worten 'I’m having fun' bei Baby bedanken. Dennoch wird in den seltensten Fällen explizite und ausschweifende Gewalt gezeigt, häufig schwenkt die Kamera weg und zeigt lediglich kurz das "Resultat". Der eigentliche Horror kommt durch die Gleichgültigkeit der Protagonisten, durch deren menschenverachtende Einstellung.
Im Kontrast dazu steht der (anfangs) bibelfromme Sheriff Wydell, der sich an die Fersen des Killertrios hängt. Er verkörpert die Rechtschaffenheit, bezeichnet sich als 'Gods arm of justice' und macht aus Überzeugung Jagd auf die Massenmörder. Dass auch er mehr und mehr dem Wahnsinn verfällt, ist der durchdachten und guten Geschichte aus der Feder Rob Zombies zu verdanken. So hat man zum Ende des Films beide Parteien im Wahnsinn vereinigt, sympathisiert aber dennoch mit dem irren Polizisten und empfindet ein wenig Genugtuung beim Wechsel der Machtverhältnisse. Dass sich das Blatt mehrfach wendet und die Handlung größtenteils nicht vorhersehbar ist, zeigt sich als weitere (unerwartete) Stärke des Drehbuchs. Auch in dieser Hinsicht muss man vor Rob Zombie den Hut ziehen - handelt es sich bei "The Devils Rejects" doch gerade einmal um seine zweite Regiearbeit!
Was den eigentlichen Stil des Films angeht, kann man einerseits Vergleiche zu Robert Rodriguez "From Dusk Till Dawn" ziehen, andererseits zu Wes Cravens "The Hills Have Eyes" und auch zu Oliver Stones "Natural Born Killers": heruntergekommene Häuser am Straßenrand der nicht enden wollenden Route 66, verblödete Hinterwäldler und die ausführlich beschriebenen Psychopathen. Zombies Augenmerk liegt allerdings beim Porträtieren der Massenmörder, er zeigt in erschreckenden Bildern das wahre Gesicht von Psychopathen wie sie in unserer Gesellschaft herumlaufen und bedient sich dafür - was die bildliche Umsetzung angeht - bei den oben genannten Filmen. Es entsteht ein krankes Filmerlebnis mit einem wirren Unterhaltungswert. Durch diesen Fokus erreicht Zombie das Ziel, Schrecken und Horror zu verbreiten, da man unweigerlich an Menschen wie Charles Manson denkt.
Die ungemein gute Musikuntermalung unterstreicht dies weiter. Anders als erwartet hört man weder Zombies eigene Musik noch treibende Klänge - dies würde zwar der Intensivierung des Blutbads dienen, nicht aber den Charakteren. Und so hört man 70-er Jahre Rock und Country, also eher ruhige und atmosphärische Titel, die aber zur Stimmung passen und eine eigene, kranke Note hinzufügen.
Um einen weiteren handwerklichen Punkt hervorzuheben, sein noch kurz die Schauspieler genannt, die allesamt eine gute Leistung abliefern. Allen voran steht natürlich Sid Haig, der Captain Spaulding verkörpert. Selten hat man solch einen kranken, widerwärtigen Clown auf dem Bildschirm gesehen, selten hat man sich so geekelt. Es war sicherlich nicht leicht, so einen unmenschlichen Charakter zu spielen, Haig meistert dies aber eindrucksvoll und überzeugt auf voller Länge. Aber auch Bill Moseley und Rob Zombies Frau Sheri Moon machen ihre Sache gut. Wirklich herausragend ist aber der Antagonist des Killertrios, William Forsythe (Sheriff Wydell). Sein Charakter nimmt die größte Entwicklung, was Forsythe eindrucksvoll darstellt. Der schleichende Fall in den Wahnsinn, die sich immer weiter steigernde Wut bis hin zur Vergeltung mit gleichen Mitteln - tolle Leistung!
Alles in allem wirkt "The Devils Rejects" nicht wie ein B-Movie (Budget: gerade mal 10 Mio. $), auch wenn der Film durch seine Inszenierung und seine Thematik eindeutig in diese Schublade gehört. Die Produktion kann sich somit wirklich sehen lassen.
Die DVD
Auch die DVD von Sunfilm kann sich sehen lassen! Das Bild (16:9 (1.85:1) anamorph) überzeugt durch gute Schärfe und Kontrast, hat lediglich Probleme mit dem Schwarzwert und stellenweise mit einem leichten Nachziehen. Das ständige Rauschen des Bildes ist hierbei einerseits auf das geringe Budget, andererseits aber auf die Intention Rob Zombies zu beziehen, der mit dem Rauschfilter und den vornehmlich braunen Tönen einen realistischen Look erreichen wollte.
Der Ton (Deutsch: DTS 6.1, Deutsch: Dolby Digital Surround EX, Englisch: Dolby Digital Surround EX) überrascht in erster Linie mit seinen 6.1 Kanälen. Im direkten Vergleich wirkt die DTS-Spur überflüssig, da sie kaum räumlicher und druckvoller als ihr 5.1 EX Pendant rüberkommt. Allgemein breitet sich der Score wunderbar im Raum aus und bedient alle Kanäle. Leider bleibt dies nahezu der einzige Einsatz der Rears, die lediglich während der Actionsequenzen und vereinzelt während der Haupthandlung Hintergrundgeräusche und direktionale Effekte liefert. Hier wäre mehr drin gewesen. Prinzipiell ist mal wieder die Originaltonspur vorzuziehen, da sie einen Tick mehr Räumlichkeit und die bessere Dialogwiedergabe liefert. Außerdem ist der Südstaatenakzent der Akteure mehr als stimmungsvoll und atmosphärisch. Optional sind deutsche Untertitel zuschaltbar.
Die Extras sind die Krönung dieser DVD! Rechnet man die beiden Audiokommentare hinzu, bietet diese DVD fast 400 Minuten an Extras!!! Im Mittelpunkt steht das äußerst informative und unterhaltsame Making Of "30 Days in Hell" mit einer Spielzeit von 145 Minuten. Hier erfährt man wirklich alles über die Entstehung des Films, kann tief hinter die Kulissen blicken und Rob Zombie in allen Details bei der Arbeit zuschauen. Weiterhin gibt es "Deleted Scenes", Pannen beim Dreh, ein Musikvideo, ganze Werbesendungen direkt aus dem Film, und, und, und... Stundenlanges Vergnügen rund um Rob Zombies zweiten Film, unterhaltsam, informativ und definitiv sehenswert!
Fazit
"The Devils Rejects" ist wahrlich harter Tobak, der vielen Leuten aufs Gemüt schlagen dürfte. Es wird Menschen geben, die diesen Film als kranken Müll abstempeln, der das Material nicht wert war, auf dem er gedreht wurde. Der harsche Einschlag ins Exploitation-Genre ist definitiv nicht jedermanns Sache, was aber nichts über die handwerkliche Qualität des Films aussagt. Der Film wirkt sehr durchdacht, die Regie ist für eine Zweitarbeit sehr gut und die Umsetzung weiß auch zu gefallen. War "Natural Born Killers" eine bissige Mediensatire voller Gewalt, so ist "The Devils Rejects" das Porträt der Gewalt im Allgemeinen. Hier soll man sich nicht mit den Charakteren identifizieren, nein, man soll von ihnen angewidert sein und ihr Handeln auf das Schärfste verurteilen. Rob Zombie stellt dies in drastischen Bildern dar, hat dabei in den Dialogen aber das Gespür, die richtigen Töne anzustimmen, um seine Botschaft unmissverständlich zu machen. Wieder einmal ein Film der polarisiert, glücklicherweise aber mit genügend Substanz um über bloßer Exploitation zu stehen. Wer die oben genannten Filme mochte und mit drastischen Bildern voller Gewalt, inklusive deren Auswirkung, klar kommt, sollte hier einen Blick riskieren.
- Redakteur:
- Martin Przegendza