Tears Of Kali (Special Edition)
- Regie:
- Andreas Marschall
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Horror
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
21.01.2007 | 17:56Hintergrund
Das Horrorgenre wird seit geraumer Zeit sträflich vom deutschen Film vernachlässigt. Während das Genre in Japan und den USA förmlich boomt, inszeniert lediglich Olaf Ittenbach ("Garden Of Love") deutsche Gruselkost. Doch langsam wandelt sich das Bild hierzulande. 2005 drehte der Filmstudent Daniel Stieglitz für gerade einmal 7.000 € seinen Schocker "happy end. - Jede Geschichte braucht ein Ende" . Schon ein Jahr zuvor wurde Andreas Marschalls Film "Tears Of Kali" abgedreht, der jetzt über e-m-s seinen Weg auf DVD gefunden hat. Immerhin mit einem Budget von 600.000 € ausgestattet, zeigt Marschall, dass auch Deutschland guten und harten Horror auf die Leinwand bringen kann.
Handlung
"Shakti"
Die Reporterin Tansul Yilmaz (Celik Nuran) recherchiert in einer psychiatrischen Anstalt für ihre nächste Geschichte. Sie hofft, neue Details im grausamen Mordfall „Samarfan“ zu finden. Hilfe erhofft sie sich von der mysteriösen Elisabeth Steinberg (Jandris Irena-Heliana), die sich vor Jahren selbst in die Klinik hat einliefern lassen. Ihre Verbindung zur ominösen Taylor-Eriksson-Gruppe - eine sektenartige Selbsthilfegruppe in Indien - scheint mit dem Mordfall verstrickt zu sein.
"Devi"
Dr. Steiner (Michael Balaun) ist ein anerkannter Psychotherapeut. Eines Tages kommt der junge Hooligan Robin Borg zu ihm, der unter Auflagen therapiert werden soll. Der uneinsichtige und drogenabhängige Skin will „aus seiner Haut fahren“. Nach einem brutalen Überfall auf einen Polen ist Dr. Steiner seine letzte Zuflucht vor dem Gefängnis. Doch Steiner führt nichts Gutes im Schilde, ist er doch ein ehemaliger Taylor-Eriksson-Absolvent. Nach einer Akupunktur-Massage wacht Robin im mit Planen abgedeckten Behandlungsraum wieder auf. Unter Hypnose stehend, greift er ferngesteuert zum Messer und setzt an ...
"Kali"
Edgar Cornelsen (Mathieu Carrière) ist ein bekannter Wunderheiler. Doch seit dem Tod seiner Tochter konnte er niemandem mehr helfen. Zum Scharlatan verkommen, versucht er händeringend, seine alte Kraft wieder zu finden. Bei einer seiner Sitzungen stößt er auf eine Frau, die eine schwere Last zu tragen hat. Es gelingt ihm, der Frau die Last zu nehmen. Leider handelte es sich dabei um den indischen Dämon „Kali“, der einen neuen Wirt sucht ...
Kritik
Horror aus Deutschland ist rar. Außer Olaf Ittenbachs wilden Splatter-Festen fristet das Genre ein Schattendasein. "Tears Of Kali" könnte das ändern. Ex-Illustrator Andreas Marschall inszeniert hier einen schaurigen und blutigen Episodenfilm, der durch eine interessante und botschaftsträchtige Rahmenhandlung zusammengehalten wird. Das Treiben der sogenannten Taylor-Eriksson-Gruppe Mitte der 80-er Jahre in Indien liefert die Grundlage für die drei Episoden des Films. Dort wurden Selbstfindungsexperimente mit dem Okkulten vermischt, was katastrophale Folgen hatte. Diese immer wieder eingestreuten Flashbacks überzeugen durch ihre dichte Atmosphäre und einen toll aufspielenden Peter Martell ("Der Hexentöter von Blackmoor") als Sektenführer Eriksson. Ruhige Kamerafahrten, schöne Licht/Schattenspiele und ein atmosphärischer Braunfilter machen die kurzen Momente dieser Flashbacks zu einem filmischen Genuss.
Betrachtet man die drei Hauptepisoden für sich, zeigen sich deutliche Qualitätsunterschiede. Die erste Episode "Shakti" hat sehr wegen ihrer Inszenierung zu kämpfen, da sich die beiden durchschnittlich spielenden Protagonistinnen knapp 30 Minuten ein Kammerspiel liefern, das viele Höhen und Tiefen hat. Im Verlauf werden viele Hintergrundinformationen zur Rahmenhandlung geliefert, die zu diesem Zeitpunkt jedoch zusammenhangslos im Raum stehen. Allein immer wieder kurz eingestreute Szenen im Super8-Stil sorgen für eine ansatzweise schauderhafte Atmosphäre. Nach langem Hin und Her greift der Horror nach fast genau einer halben Stunde. Der bis dahin sehr gelungene Score wechselt von mysteriösen, indisch angehauchten Tönen zu harten Metalklängen, was zwar an Horror-Altmeister Dario Argento erinnert, jedoch absolut nicht zum Geschehen passt. Nach einem blutigen Finale endet die Episode ohne direkt Aufschlüsse zu liefern.
"Devi", die zweite Episode, ist das eigentliche Highlight von Marschalls Arbeit. Man sollte nicht zu viele Worte verlieren, um diese Episode zu beschreiben, da sie von ihrem gemächlichen Tempo und ihrem radikalen Umbruch zur Mitte hin lebt. Lediglich zwei Darsteller kommen in der Episode vor, was dem Treiben eine deutlich intensivere Note verleiht. Man merkt regelrecht, wie der Psychiater seinen Patienten in die Enge treibt, um dann das pure Grauen zu erzeugen. Die dabei entstandenen Goreszenen sind klasse gemacht und sehr verstörend inszeniert. Der Schlag in die Magengrube sitzt, ohne allzu plakativ zu geraten. Die gute Kameraarbeit fängt zwar alles detailgetreu ein, bleibt aber durch den schnellen Schnitt nicht besonders lange bei einer Einstellung, weshalb sich noch ein ordentlicher Teil des Horrors im Kopf des Zuschauers abspielt. Was hier gezeigt wird, ist definitiv nichts für schwache Nerven und Mägen!
Episode Nummer Drei, "Kali", erinnert von der Art her sehr stark an den seit einigen Jahren sehr beliebten J-Horror. Die Böser-Geist-geht-umher-Geschichte ist nicht besonders innovativ und orientiert sich bei ihrer Inszenierung sehr stark an "Ringu" und Co. Sehr schnelle Schnitte zeigen das Monster je nur Bruchteile einer Sekunde, die Bedrohung lässt sich kaum bildlich ausmachen. Dafür werden zwei sehr gute Goreszenen geboten, wobei eine der beiden wieder durch sehr unpassende Gitarrenklänge akustisch zersägt wird. Trotz alledem hält sich ein gewisses Spannungslevel, was ein cleverer Twist, der die bekannte Taylor-Eriksson-Gruppe wieder ins Spiel bringt, ermöglicht. Alles in allem ist "Kali" die geradlinigste und konventionellste Episode, die zum Großteil vom sehr guten Protagonisten Mathieu Carrière ("Der Alte", "Arsène Lupin") getragen wird.
Zusammengenommen bietet "Tears Of Kali" solide Horrorkost, der das zusammen gewobene Episodenkonzept eine besondere Würze verleiht. In jeder Episode finden sich Detailmängel, deren Fülle aber erstaunlich gering bleibt. Die Darsteller sind im Großen ok, leisten sich phasenweise aber einige Ausrutscher nach unten. Dennoch kann man den zumeist unbekannten und unverbrauchten Gesichtern keinen großen Vorwurf machen, da sie sich redlich bemühen. Die Produktion kommt sehr professionell daher (sieht man mal von "Shakti" ab) und weiß mit einem guten Set- und Sounddesign zu überzeugen. Was jedoch besonders hervorsticht, sind die tollen Goreeffekte, die so einiges rausreißen! So bleibt selbst bei "Shakti", trotz der dramaturgischen und inszenatorischen Mängel, ein positiver Eindruck. Eine Szene zu Anfang wird sich aber wohl am tiefsten ins innere Auge des Menschen brennen: Zu Beginn der Rahmenhandlung sieht man eine splitterfasernackte Frau (Anja Gebel), die sich die Augenlider mit einer Nagelschere abschneidet, um der „inneren Dunkelheit“ zu entfliehen - wer so etwas vertragen kann, wird hier das Prädikat „Horror at it’s best“ vergeben!
Die DVD
Das Bild (1,85:1) ist unter dem Gesichtspunkt einer Independent-Produktion sehr gut! Der komplett in DV gedrehte Film hat eine gute Schärfe, die nur stellenweise verschwimmt und bietet kräftige, größtenteils verfremdete Farben. Die DV-Herkunft zeigt sich dann aber beim Kontrast, der ab und an deutlich zu steil ausfällt. Zudem sackt das Bild in dunklen Szenen ein wenig ab. Defekte sind nicht auszumachen, ein leichtes, aber nicht störendes Bildrauschen ist zu vernehmen.
Der Ton (Deutsch DD5.1) ist eigentlich sehr gut. Wuchtige Bässe und eine tolle Räumlichkeit sorgen für eine ordentliche Horroratmosphäre. Neben vielen Geräuschen breitet sich auch immer wieder der Score im Raum aus, vom tiefen Brummen des Subwoofers begleitet. Leider sind die Stimmen deutlich zu leise abgemischt, was es des Öfteren schwer macht, die Dialoge zu verstehen.
Und auch die Extras halten das Niveau. Mit "Der Kali Prozess" befindet sich eine komplette, nicht verwendete Episode auf der Bonus DVD, auch wenn diese qualitativ nicht mit den restlichen mithalten kann. Zudem gibt es Featurettes zur Weltpremiere in Brüssel und drei unkommentierte Behind the Scenes Clips. Weiterhin findet man noch ein aufschlussreiches Interview mit dem Regisseur und den Produzenten, die man zudem auch auf DVD 1 in einem Audiokommentar hören kann. Eine mit Musik unterlegte Bildergalerie rundet das dicke Paket ab. Außer den 2 DVDs befindet sich auch noch eine CD mit der Filmmusik in dem sehr hübschen Digipack. Auch an ein Booklet wurde gedacht - zusammengenommen ein fantastisches Package!
Fazit
"Tears Of Kali" ist ein echter Geheimtipp! Clever inszeniert und opulent eingefangen, überzeugen die drei (und eine halbe) Episoden mit einer dichten Atmosphäre und klasse Gore-Effekten. Menschen mit starken Mägen sollten ebenso einen Blick riskieren wie Horrorfreaks. e-m-s präsentiert das Ganze in einem technisch sehr guten Paket, das in allen Belangen hoch punktet. Für Sammler dürfte von Interesse sein, dass der Film in einem hochwertigen Digipack samt Soundtrack CD veröffentlicht wird. Eine tolle VÖ zu einem wahren Schocker!
- Redakteur:
- Martin Przegendza