Intruder, The - Der Eindringling
- Regie:
- Frank van Mechelen
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Belgien
- Originaltitel:
- De Indringer
1 Review(s)
26.01.2007 | 19:20Hintergrund
1996 schockierte der Fall Marc Dutroux die ganze Welt. Der zum Zeitpunkt seiner Verhaftung 40-jährige Belgier, wurde des sechsfachen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger überführt. Vier seiner sechs Opfer starben in Dutrouxs Gewalt, zwei der 8- bis 19-jährigen überlebten die grausigen Qualen. 2004 wurde Marc Dutroux zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Der Fall bewegte die Welt wie kein anderer und rückte das Land Belgien in ein grausiges Zwielicht. In Folge des Dutroux Prozesses wurden einige weitere Kindermissbraus-Fälle aufgedeckt, die das Land in eine noch tiefere Krise stürzten. Die schrecklichen Taten gingen auch an der heimischen Filmindustrie nicht spurlos vorbei. Frank van Mechelens Regiedebüt beschäftigt sich intensiv mit der jüngeren Geschichte Belgiens und avancierte zum meistgesehenen einheimischen Film.
Handlung
Das Leben des Notfallarztes Tom Vansant (Koen de Bouw) ändert sich von einem Tag auf den anderen schlagartig. Ohne jegliche Vorwarnung verschwindet seine Tochter Louise. Von der Ungewissheit gequält, verliert Tom seinen Job und sich selbst im Alkohol. Als er in einem Bahnhofscafe auf eine junge Ausreißerin trifft, scheint sich das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Er ist davon überzeugt, dass das Mädchen ihn zu seiner Tochter führen kann. Die Spur führt Tom in ein kleines Dorf in den Ardennen. In der kleinen Gemeinde wirkt er wie ein Eindringling, der die Schatten der Vergangenheit wieder ans Tageslicht bringt.
Kritik
Es muss nicht immer schlecht sein, wenn Klischees ihre Verwendung in Spielfilmen erhalten - in vielen steckt schließlich ein gutes Stück Wahrheit! Regie-Neuling Frank van Mechelen inszeniert mit "The Intruder - Der Eindringling" einen klassischen (Psycho-)Thriller, der die jüngere Vergangenheit Belgiens nutzt, um seine Geschichte zu transportieren. Durchweg mit einem starken Skript ausgestattet, erzählt er die packende Geschichte eines Vaters, der sein Kind verloren hat und alles versucht, um es zurückzubekommen. Dabei pendelt van Mechelen ständig zwischen Drama und Thriller, wobei er durchweg ein sehr langsames Tempo walten lässt. Dadurch entsteht eine intensive und sehr glaubwürdige Atmosphäre, welche dem Zuschauer die jüngsten Ereignisse der belgischen Kriminalgeschichte unverblümt, aber nie plakativ vor Augen führt.
Der intelligente und wendungsreiche Plot ist die zentrale Stärke des Films. Er gibt den Charakteren genug Freiraum, damit sie sich entfalten und entwickeln können, bleibt zu Teilen aber auch vage genug, um der Spannung keinen Abbruch zu tun. Gerade wenn man des Rätsels Lösung erahnt, überrascht das Skript mit starken Storywendungen, die das Gesehene auf den Kopf stellen und den Fokus völlig verrücken. Mehrfach rekapituliert man das bisher Geschehene, um sich auf den neuen Fokus einzustellen. Glücklicherweise verzichtet van Mechelen darauf, plakativ die letzten Kinderschänder-Fälle aufzurollen und auf Zelluloid zu bannen. Vielmehr schwimmen die grausamen Ereignisse um Marc Dutroux unterschwellig mit und stimmen einen leisen Protest an.
Mit Belgiens Topstar Koen De Bouw ("The Alzheimer Case") in der Hauptrolle konnte ein namenhafter und überaus talentierter Darsteller gewonnen werden, der dem Film eine weitere, sehr positive Note verleiht. Ganz im Stile eines Sean Penn spielt De Bouw eindringlich und intensiv, bleibt aber im Rahmen der Handlung zu jeder Zeit glaubwürdig. Dank seiner starken Leistung holt er alles aus dem Plot heraus, was dem Film eine fast schon beängstigende Realität verleiht.
Ein weiterer Clou von "The Intruder - Der Eindringling" ist der Klischee behaftete Kontrast des Großstädters und der Dorfbevölkerung. Was in vielen Filmen durch Inkonsequenz eher negativ auffällt, mausert sich im Verlauf der Geschichte hier zu einer der zentralen Stärken. In tollen Bildern wird das verschwörerische und in sich geschlossene Dorf von einer dunklen Seite gezeigt, die den auf den Protagonisten bezogenen Filmtitel mehr als rechtfertigt. Das Klischee der hinterwäldlerischen Dorfgemeinschaft wurde selten so konsequent und clever für einen Film genutzt wie hier.
Viel Negatives lässt sich nicht finden. Einigen wird das eher gemächliche Tempo des Films nicht allzu sehr zusagen, anderen das Fehlen von ausladender Actioneinlagen. Als einzig ernster Kritikpunkt ließe sich das Ende benennen, welches ein wenig konstruiert wirkt. Im Filmkontext wirkt es aber passend und vor allem glaubhaft.
Die DVD
Das Bild (2.35:1) überzeugt mit guten Werten in allen Bereichen. Die Schärfe ist gut - sehr gut, der Kontrast über weite Strecken tadellos, und auch der Schwarzwert leistet sich keine Schwächen. Die Farben sind kräftig, werden jedoch häufig durch einen Filter in erdige und blasse Töne verfremdet. Außer einem weniger auffälligen Hintergrundrauschen und einem vereinzelt auftretenden Blockrauschen in homogenen Flächen treten keine weiteren Bilddefekte auf.
Vom Ton (Deutsch DD5.1 & DD2.0, sowie Flämisch/Französisch DD5.1 & DD2.0) darf man auf Grund der Machart des Films nicht zu viel erwarten. Das Geschehen beschränkt sich auf die Front, lediglich einige Umgebungsgeräusche und der stimmungsvolle Score tönen aus den Rears. Selbiges trifft auch auf den Subwoofer zu, der über weite Strecken wenig zu tun hat. Großartige Unterschiede zwischen der deutschen und der Originaltonspur lassen sich nicht ausmachen. Der O-Ton ist auf Grund seines Sprachmixes (Flämisch/Französisch) aber definitiv der deutschen Synchronisation vorzuziehen. Die im O-Ton nicht ausblendbaren Untertitel sind jedoch weniger zeitgemäß!
Die Extras bestehen leider nur aus Textafeln, dem Trailer und Bildergalerien.
Fazit
"The Intruder - Der Eindringling" ist ein überraschend guter, atmosphärischer Thriller, der seine Stärken aus dem cleveren Plot (der auf wahren Begebenheiten beruht) und dem fabelhaft aufspielenden Hauptdarsteller Koen De Bouw bezieht. Die glaubhafte und realistische Geschichte zieht den Zuschauer tief ins Geschehen hinein und überrascht mit einigen unvorhergesehenen Wendungen. Ein komplexer und unbequemer Thriller, der Spannung bis zur letzten Minute garantiert. Ansehen!
- Redakteur:
- Martin Przegendza