Death Tunnel
- Regie:
- Booth, Philip Adrian
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Death Tunnel
1 Review(s)
29.01.2007 | 15:45Hart ist das Leben auch an einer Provinz-Universität im US-Staat Kentucky. Die durchaus hübsche, aber leider nicht “angesagte” Studentin Heather kann es kaum fassen, als sie auf einer Erstsemesterparty zusammen mit vier Geschlechtsgenossinnen ausgerechnet vom coolen Ritchie auserkoren wird, in den erlauchten Kreis der studentischen Hautevolee aufgenommen zu werden. Davor hat der selbsternannte Leithengst allerdings eine fiese “Aufnahmeprüfung” gesetzt. Das ahnungslose Quintett wird betäubt und denkbar leicht bekleidet in die finstere Ruine des alten Waverly-Hospitals geschafft. Fünf Stockwerke hat der gigantische, weit außerhalb der Stadt einsam gelegene, schon seit Jahrzehnten leer stehende Gebäudekomplex, der einen denkbar üblen Ruf besitzt, seit in den späten 1920-er Jahren der skrupellose Dr. Vangard mit der Hoffnung auf Heilung aus dem ganzen Land verzweifelte Patienten aufgenommen hatte, die an der “Weißen Pest” erkrankt waren, welche ihren Körper zerfraß und einen grauenhaften Tod verhieß. Doch Vangard war ein Betrüger, der Fördergelder unterschlug und dem so viele Patienten starben, dass er tief unter dem Hospital einen geheimen “Todestunnel” anlegen und die Leichen entsorgen ließ. 63.000 Opfer forderte die “Weiße Pest” allein in Kentucky, bis sie endlich verschwand - und Vangards Treiben offenbar wurde.
Seitdem soll es umgehen in der verfallenden Ruine, die Ritchie und seinen grenzdebilen Kumpels als idealer Ort erscheint, ihr Spielchen mit Devon, Elizabeth, Ashley, Tori und eben Heather zu treiben. (Achtung: Welches Wort ergibt sich, wenn man die Anfangsbuchstaben dieser Namen herauspickt?) Überall haben sie Überwachungskameras installiert, damit sie sich an der Angst ihrer Opfer weiden können. Alle Türen nach draußen sind verriegelt, fünf Stunden sollen die im ganzen Gebäude ausgesetzten Mädchen ausharren. Leider hat Ritchie nicht einkalkuliert, dass es wirklich spuken könnte im Waverly. Fünf Geister sind es, die sehnsüchtig auf die Gelegenheit gewartet haben, sich dafür zu rächen, was ihnen zu Lebzeiten angetan wurde. Sie jagen nicht nur die Mädchen, sondern beziehen auch Richie und seine Kumpels in ihr Treiben ein. Eine mörderische Flucht durch das albtraumhafte Labyrinth des Hospitals beginnt, die am einzigen möglichen Ausgang enden muss: dem Todestunnel, was natürlich den Geistern mit den zu erwartenden Folgen nicht lange verborgen bleibt ...
Kommentar
Nicht zehn kleine Negerlein, sondern fünf feine Mädelein stehen im Mittelpunkt der skizzierten Handlung, doch dieser Unterschied ist nebensächlich, denn der Plot ist identisch: Girl für Girl wird durch diverse Kulissen gehetzt und schließlich möglichst einfallsreich zu Tode gebracht. In einem aufgelassenen Krankenhaus (das seltsamerweise niemals ausgeräumt wurde und deshalb über einen hohen Bestand an Operationsbestecken oder formaldehydgetränkten Mutantenbabys verfügt) bieten sich da zahlreiche Möglichkeiten. Sie werden zumindest in der deutschen Fassung von “Death Tunnel” nicht gar zu blutig zelebriert, um so eine Freigabe schon ab 16 Jahren zu ermöglichen. (Die originale Lauflänge für die US-Version wird mit 97 min. angegeben; hier könnten der Schere also diverse hübsche Scheußlichkeiten zum Opfer gefallen sein.)
Besonders fesselnd ist dieses Konzept schon auf kurze Dauer nicht. Mit lobenswertem Einsatz versuchen die engagierten Filmemacher sowohl dies als auch ihre permanente Geldnot durch Einfallsreichtum auszugleichen. Unbezahlbar ist auf jeden Fall der Ort des Geschehens: Das Waverly-Hospital in Kentucky gibt es wirklich (s. u.). Als monströse neogotische Backsteinburg rottet es seit Jahren vor sich hin und bietet sich für einen Horrorfilm ohne nennenswertes Budget förmlich an, denn hier hat man alles gratis, was Schauder und Ekel einjagt. Verfall, Moder und Trostlosigkeit prägen die endlosen, düsteren Gänge und Säle des gewaltigen Komplexes, was vor allem angesichts der Geschichte dieses Ortes auf nervlich wankelmütige Zeitgenossen bedrückend wirkt.
Auf der anderen Seite ist das Waverly-Hospital eine riesige Schutthalde, und die Angst speist sich doch primär aus der Anwesenheit monumentaler Schimmelpilzfelder, schleimiger Wasserlachenbewohner oder nacktschwänziger Nagetiere. Dem suchen die hinter der Kamera omnipräsenten Boothes durch allerlei Filmtricks beizukommen. Gemeint sind damit - leider - nicht nur die einschlägigen Spezialeffekte, die das Auftauchen unschön anzublickender Geister oder den gewaltsamen Tod diverser Darsteller/innen optisch untermauern. Diese sind in reicher Zahl vorhanden, doch sie beschränken sich auf gute, altmodische Augentäuschungen, die sich meist ohne digitale Nachbearbeitung direkt vor bzw. in der Kamera realisieren lassen. Wird dieses Handwerk beherrscht, kann es immer noch unterhalten.
Freilich wagen es die Boothes nicht, sich auf ihre simple Story zu verlassen, sie entsprechend zu erzählen und zu bebildern. Ehrgeiz treibt die noch jungen Filmemacher an. Die Handlung läuft zweizügig an: Die fünf Mädchen irren schon durch das Krankenhaus, während Rückblenden nach und nach enthüllen, wie und warum sie dorthin kamen. Die Klärung ist diesen Aufwand nicht wert, doch das kann der Zuschauer verschmerzen. Sein (oder ihr) Verdruss setzt ein, wenn der Spieltrieb mit den Filmemachern durchgeht. Sie verfügen über modernes technisches Equipment, und das reizen sie in extenso aus. Nie wird ein Ereignis einfach nur “gezeigt”. Schon bei einer Fahrt durch einen dunklen Gang beginnt die Kamera zu fliegen, zu trudeln, zu delirieren. Was sie dabei aufgenommen hat, wird im Schneideraum buchstäblich zerhäckselt, sprunghaft neu zusammengefügt, künstlich abgedunkelt, farblich verfremdet, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten abgespielt. (Hätten die Macher nur ebensolchen Einsatz im Bereich der sog. “continuities” gezeigt; so kann man sich z. B. ein Spiel daraus machen, darauf zu wetten, ob die eigentlich barfuss agierende Steffany Huckaby alias Heather wieder einmal vergessen hat, vor dem nächsten Dreh ihre Schlappen auszuziehen ...)
Dadurch sollen die Zuschauer vermutlich dieselbe Orientierungslosigkeit verspüren wie die Darsteller. Klappt aber nicht, sondern nervt schon bald, weil es gar zu offensichtlich zum Einsatz kommt und auch nicht wirklich beherrscht wird. Den Rest Gruselspannung erledigt eine musikalische Untermalung, die sicherlich den Tatbestand der akustischen Umweltverschmutzung erfüllt. Heavy Metal-Rock setzt dröhnend ein, wenn man sich erschrecken soll - und man zuckt wirklich zusammen, denn der Selbsterhaltungstrieb des Menschen schließt die Sorge um die Funktionstüchtigkeit seiner Ohren ein. Selbstverständlich kommt auch der gute, alte Buh!-Effekt zum Einsatz, wenn aus dem Off Arme nach den angestrengt nach vorn starrenden Darstellerin greifen oder hinter einer Scheibe pestilenzhaft verunstaltete Geisterantlitze mit der Rasanz eines Kastenteufels erscheinen.
Ein Hauch von “Shining” kommt auf, wenn sich plötzlich herausstellt, dass die unfreiwilligen Insassen des Waverly-Hospitals quasi die Wiedergeburten einstiger Ärzte, Schwestern oder Patientinnen sind. Dieser Einfall wird ungeschickt eingebracht und bleibt im Grunde ohne Belang; die Handlung würde auch ohne ihn funktionieren (und womöglich in einem Finale enden, das mehr als die Ratlosigkeit darüber verrät, wie man zum Ende kommen soll).
“Death Tunnel” ist folglich kein Film, der den Einsatz talentierter oder wenigstens erfahrener Schauspieler erfordert. Also hat man es gar nicht versucht, sondern sich diverse Jungdarsteller angeheuert, die noch unbekannt und daher billig, aber körperlich gut gebaut sind. Die fünf Darstellerinnen chargieren in ihren Rollen schlimmer als deutsche Telenova-Knattermimen, und Jason Lasater fügt sich als Richie solidarisch ins Team. Kristin Novak (Ashley) legte man noch ein paar Dollar dazu, damit sie in einer billighorrorklassischen, d. h. für die Handlung absolut unsinnigen, Duschszene - welche Frau mit Verstand würde in einem verwarzten Loch wie dem Waverly ausgerechnet duschen? - ihren silikonverstärkten Busen blank zieht.
Nichts können die Darsteller für die nervenschädigende Synchronisierung. Kritisiert sei damit nicht, was gesagt wird - es handelt sich erwartungsgemäß um die genretypischen Worthülsen (“Was geht hier vor?”, “Lauf, sie kommen!”, “Geh’ dort bloß nicht hin!” usw.). Lauscht man dem O-Ton, schaffen es die Darsteller durchaus, diese glaubhaft ihren Mündern entweichen zu lassen. Vor allem Yolanda Pecoraro verfügt über eine angenehme, tiefe Stimme. In deutscher Sprache hört man dagegen nur allzu bekannte Routiniers im Eiltempo ihre Parts herunterhaspeln. Sämtliche Zwischentöne wurden nivelliert, Hysterie hieß die Parole im Synchronstudio.
Exkurs: Das Waverly-Hospital
Dieses Sanatorium ist wie gesagt real. Erste Gebäude entstanden 1908-1910. Sie dienten der Unterbringung von Tuberkulosekranken. Dieses ansteckende und daher gefährliche Leiden konnte vor der Entdeckung der Antibiotika nur behandelt, aber kaum geheilt werden. Wer die entsprechenden Symptome zeigte, wurde wie ein mittelalterlicher Pest- oder Leprakranker isoliert. Das Waverly stand deshalb stadtfern auf einer Hügelkuppe in einer fast unberührten Natur, die darüber hinaus die frische Luft garantierte, die von den Tuberkulosekranken geatmet werden sollte.
Waverly wurde in den 1920-er Jahren massiv vergrößert. Das im Film erscheinende Steingebirge entstand zwischen 1924 und 1926. Es bot Raum für mindestens 400 Tuberkulosepatienten. Die Sterblichkeit war hoch, und die Leichen wurden tatsächlich durch einen langen Tunnel abtransportiert. Der “Death Tunnel” diente jedoch vor allem zur Anlieferung von Lebensmitteln und Medikamenten, und die Angestellten des Krankenhauses benutzten ihn im Winter, um ihren Arbeitsplatz vom Fuß dieses US-amerikanischen “Zauberbergs” leichter zu erreichen.
Bis 1961 erfüllte das Sanatorium seinen Zweck. Inzwischen war die Tuberkulose heilbar, und Waverly wurde 1963 als “WoodHaven Medical Services” neu eröffnet. Später diente es als Altenheim für Krankenschwestern. 1980/81 schloss der Staat Kentucky Waverly. Der gewaltige Gebäudekomplex verwitterte und verfiel. Inzwischen hat ihn ein abenteuerlustiger Privatinvestor erworben. Er plant eine Nutzung als Tagungscenter und/oder Hotel - so genau weiß er es selbst nicht - und bietet Führungen durch die malerisch verkommenen Zimmerfluchten an. Willkommen sind außerdem Filmleute und Geisterjäger. Diverse Websites informieren über Waverly; beispielsweise bietet http://www.waverlyhillstbsanatorium.com Interessantes zur Geschichte. Wer Spukgeschichten liebt oder gar an sie glaubt, kann sich via www.underworldtales.com/waverly.html oder http://www.prairieghosts.com/waverly_tb.html unterhalten oder verdummen lassen. (Zum Film “Death Tunnel” gibt es übrigens eine eigene Website - ist leider nur eine Umsetzung von Werbung ins Medium Internet und daher uninteressant.)
Anmerkung: Wie man eine Monumentalruine nutzen und trotzdem eine fesselnde Geschichte erzählen kann, führt der schon 2001 entstandene Film “Session 9" eindrucksvoll vor, der im ehemaligen “Danvers State Insane Asylum” im US-Staat Massachussetts gedreht wurde. (Die Rezension findet der geneigte Leser übrigens ebenfalls auf dieser Plattform.)
Daten
Originaltitel: "Death Tunnel"
USA 2004
Regie: Philip Adrian Booth
Drehbuch: Christopher Saint Booth, Philip Adrian Booth, Shane Dax Taylor
Kamera: Philip Adrian Booth, Marcel Cabrera, Roberto Correa
Schnitt: Philip Adrian Booth
Musik: Christopher Saint (= Christopher Saint Booth)
Darsteller: Melanie Lewis (Devon), Yolanda Pecoraro (Elizabeth), Kristin Novak (Ashley), Annie Burgstede (Tori), Steffany Huckaby (Heather), Jason Lasater (Richie), Gary Wolf (Gio), Robyn Corum (Leah), Gill Gayle (Dozent), Brian Dyer (Dr. Vangard), Reenie Varga (Krankenschwester-Geist), Jilon Ghai (Mason), Jesse Bernstein, George W. Harr jr., B. J. Winslow, Joan Farrell, Laura Corum, Sarah Tilford, Lucy Cabrera, Annika Klein, Eric Rasper, Matt Young, Sean Penn u. a.
Anbieter: Sony Pictures Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 11. Juli 2006 (Verleih-DVD) bzw. 8. August 2006 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16:9 (1.78:1) anamorph
Audio: Dolby Digital 5.1 (deutsch u. englisch)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: ca. 90 min.
FSK: 16
DVD-Features
Zum Film wurden folgende Extras auf die DVD gebrannt:
-Kinotrailer - die Quintessenz aus 90 Minuten Film, der so gerafft wesentlich mehr verspricht als gehalten werden kann.
-“Making Of”: Die Regisseure/Drehbuchautoren sprechen über das, was sie eigentlich bewirken wollten, die fünf Hauptdarstellerinnen erläutern ihre Rollen, und alle zusammen versuchen den Zuschauern weiszumachen, dass es im Waverly-Hospital wirklich spukt; es werden sogar “authentische” Fotos von Geistern gezeigt, die während der Dreharbeiten “zufällig” aufgenommen wurden.
- “Death?Fashion”: Ausgiebig darf man die fünf ansehnlichen Darstellerinnen noch einmal in ihren knappen “Kostümen” bewundern.
- "Hinter den Kulissen": beliebige Fotos, die kein Mensch sehen will, aber es war halt noch Platz auf der DVD ...
P. S. Was Bild und Ton angeht, so lassen beide nach Ansicht eines Nontech-Zuschauers nichts zu wünschen übrig.
- Redakteur:
- Michael Drewniok