Endstation Sehnsucht
- Regie:
- John Erman
- Jahr:
- 1984
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- A Streetcar Named Desire
1 Review(s)
22.10.2007 | 14:51Story
Nachdem sie den Landsitz ihrer Familie aufgeben musste, reist die kultivierte Blanche DuBois in die Großstadt, um dort Zuflucht bei ihrer Schwester Stella zu finden. Diese hat in der Zwischenzeit den grobschlächtigen polnischen Einwanderer Stanley Kowalski geheiratet und erwartet ein Kind vom leidenschaftlichen Poker- und Bowling-Spieler. Als Blanche in New Orleans eintrifft, ist sie entsetzt, in welchen Zuständen Stella lebt.
Obwohl sie schwanger ist, lässt sie sich von Stanley verprügeln und akzeptiert all seine verachtenswerten Eigenschaften, weil sie ihrem Gatten sexuell vollkommen verfallen ist. Doch Blanche möchte das Schicksal ihrer Schwester nicht tolerieren und greift in die Beziehung ein. Gleichzeitig beginnt sie eine Affäre mit Stanleys Pokerkumpan Mitch, der ihr nach all den sorgenvollen Jahren Geborgenheit und Zuversicht schenkt. Doch Kowalski verabscheut die Schwester seiner Geliebten und setzt alles daran, sie wieder aus seinem Haus zu vertreiben. Alsbald entwickelt sich eine täglich schlimmer werdende Fehde zwischen dem gemeinen Kowalski und der geheimnisvollen Blanche DuBois – bis es bei der Geburt von Stellas Kind zum Eklat kommt.
Persönlicher Eindruck
"Endstation Sehnsucht" gehört zweifelsohne zu den berühmtesten Liebesdramen der Filmgeschichte. Niemand Geringerer als Marlon Brando verhalf dem einstigen Bühnenstück von Tennesse Williams im Jahre 1951 zu Weltruhm und sicherte ihm einen Platz in der Ehrenhalle Hollywoods.
Insofern trat John Erman mehr als drei Dekaden später ein schweres Erbe an, als er sich dazu entschloss, den Klassiker neu zu verfilmen bzw. die immer noch aktuelle Materie wiederzubeleben. Allerdings hatte der Regisseur von Beginn an keine guten Karten, da er in Treat Williams nur einen durchschnittlichen Vertreter in der Rolle des Brando-Nachahmers finden konnte. Es mag in der deutschsprachigen Version mitunter daran liegen, dass die Synchronisation nicht wirklich berauschend ist, aber insgesamt gelingt es Williams in keiner Phase des zweistündigen Melodrams, dem Schatten des ehrwürdigen Superstars zu entwischen. Zwar spielt er den Part des cholerischen Machos und herrschsüchtigen Alkoholikers mit einer gesteigerten Überzeugungskraft, jedoch ist sein Auftreten gerade in den direkten Konfrontationen mit der fabelhaft aufgelegten Ann-Magret alias Blanche eher unbeholfen und würdelos.
Von ganz anderem Kaliber sind indes die weiblichen Positionen, allen voran eben Ann-Margret, die ihre Rolle mit Leidenschaft und Hingabe annimmt und auch dementsprechend gewaltig umsetzt. Sie geht als leicht paranoide Lebedame Blanche DuBois vollends auf und meistert auch den Spagat zwischen Schizophrenie und Elegenz, dem ihre Filmpersönlichkeit zweifelsohne unterliegt. Beverly D'Angelo steht ihr diesbezüglich in kaum etwas nach, wenngleich Ann-Margret sie in der direkten Gegenüberstellung auf die Plätze verweist. Dennoch: Die femininen Darstellerinnen verleihen dem Streifen die zwischenzeitlich abhanden kommende Lebendigkeit.
Dennoch weist das Remake immer wieder einige Längen auf, sobald die Auseinandersetzungen zwischen Kowalski und DuBois in den Hintergrund geraten. Von ihrem ekstatischen Streit zehren die Handlung und auch die Dynamik der Geschichte, die wiederum in den eher emotionalen, gefühlvollen Szenen leider nicht an diese kurzweiligen Highlights anknüpfen kann. Natürlich ist die Affäre zwischen Blanche und Mitch auf lange Sicht Kraftfutter für den Fortschritt der Story, und gerade ihre merkwürdige Beziehung bietet auch den Kontrast auf zwischenmenschlicher Ebene, den diejenige zwischen Stella und Stanley nicht aufweisen kann, doch gerade hier lahmt die Erzählung ein wenig und lässt die anderweitig öfter spürbare Intensität deutlich vermissen.
Alles in allem kann man aber dennoch von einer unterhaltsamen Neuverfilmung sprechen, an die man zwar nicht den Anspruch stellen darf, in gleichwertiger Konkurrenz mit dem Original treten zu können, die aber dennoch über weite Strecken den Geist des Klassikers aus den Fünfzigern versprüht und ihn dank der tollen weiblichen Schauspielerriege auch am Leben hält. Auch wenn ich im Zweifelsfall definitiv den 51er-Streifen empfehlen würde, so hat die Zweitvariante aus dem Jahr 1984 trotz einiger markanter Schwachpunkte dennoch einen gewissen Reiz, vorwiegend ausgehend von Ann-Margret und Beverly D'Angelo.
Aufarbeitung
Die DVD-Fassung von "Endstation Sehnsucht" hält in technischer Hinsicht keinen nennenswerten Schwachpunkt bereit; das Bild ist ordentlich, wenn auch manchmal ein wenig körnig, insgesamt aber dennoch solide aufgearbeitet. Beim Sound sind Mängel lediglich bei der mäßigen Synchronisation und der sehr undifferenzierten Sprachabmischung festzumachen. Die Stimmen sind dennoch ausreichend verständlich, so dass dies nicht zum Problem avanciert. Auf Extramaterial muss man hingegen gänzlich verzichten. Die Trailer-Werbung für weitere e-m-s-Streifen fällt meines Erachtens jedenfalls nicht darunter.
Fazit
Ein Titel, der alles und nichts sagt: "Endstation Sehnsucht" ist weder Liebesschnulze noch schmalzige Schmonzette, allerdings auch nicht der berüchtigte Klassiker, der einst die Filmindustrie der Staaten revolutionierte. Die Produktion um Regisseur John Erman ist lediglich ein nettes Remake, an sich aber echt sehenswert, wenngleich schauspielerisch betrachtet noch ausbaufähig. Oder mit anderen Worten: Die Neuverfilmung hat genügend Potenzial für eine Empfehlung, indes zu wenig für überschwängliches Lob. Wer allerdings die Erstverfilmung mag, sollte sich Ermans Remake ebenfalls anschauen.
http://www.e-m-s.de
- Redakteur:
- Björn Backes