Haus der sieben Sünden, Das (John Wayne Collection #3)
- Regie:
- Tay Garnett
- Jahr:
- 1940
- Genre:
- Melodrama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Seven Sinners
1 Review(s)
05.06.2008 | 15:44John Wayne trifft Marlene Dietrich - das genügt?
Die überaus attraktive Sängerin Bijou (Marlene Dietrich) verdreht regelmäßig allen Männern den Kopf und provoziert mit ihren Auftritten Schlägereien im Publikum. Auch Marineleutnant Dan Brent (John Wayne) verfällt der schönen Blonden und lädt sie auf sein Schiff ein. Als er Bijou einen Heiratsantrag macht und ihretwegen seinen Dienst quittieren möchte, weiß diese nicht so recht, wie sie sich entscheiden soll: Ist sie bereit für den Hafen der Ehe? (Verleihinfo)
Es handelt sich laut Verleih um eine DVD-Premiere in digital restaurierter Fassung.
Filminfos
Originaltitel: Seven Sinners (USA 1940)
Deutscher Vertrieb: Koch Media
Erscheinungsdatum: 28.03.2008
FSK: ab 6
Länge: ca. 83 Minuten
Regisseur: Tay Garnett
Drehbuch: John Meehan nach einer Vorlage von Ladislas Fodor und Laslo Vadnai
Musik: Hans J. Salter
Darsteller: John Wayne (Dan Brent), Marlene Dietrich (Bijou), Oskar Homolka (Antro), Broderick Crawford u. a.
Handlung
Im Jahr 1940, also vor dem Kriegseintritt der USA, zieht die Barsängerin Bijou (Dietrich) mit ihren zwei Begleitern Sasha (Auer) und Eddie im Fernen Osten von Insel zu Insel, vor allem deswegen, weil sie nach den von ihren Auftritten provozierten Schlägereien regelmäßig ausgewiesen wird. Nach einem Rauswurf aus einer weiteren Kolonie sucht sie auf dem Dampfer Malacca einen weiteren Zufluchtshafen. Der anfänglich miesepetrige Schiffsarzt gibt ihren einen guten Tipp: die Insel Boni Kumba (ein Fantasiename). Diese liegt offenbar irgendwo zwischen Sumatra und Borneo. Allerdings gibt es einen Haken ...
Der Besitzer des "Hauses der sieben Sünden" kennt Bijou bereits zur Genüge, denn auch auf dieser Insel wurde sie vom Gouverneur bereits vor drei Jahren ausgewiesen. Leider hat der Caféhausbesitzer zu wenig Rückgrat, um Bijou das Auftreten zu verbieten. Auch ein gewisser Antro (Oskar Homolka) erinnert sich recht gut an Bijou und wirft ihr als Liebesbeweis gleich eines seiner Taschenmesser auf die Handtasche, haarscharf neben die Hand. Er ist äußerst eifersüchtig.
Die Auftritte Bijous werden ein voller Erfolg. Und auch bei den Offizieren der amerikanischen Flotte weiß sich die Sängerin gut in Szene zu setzen. Allerdings hat sie im Hafen die Aufmerksamkeit von Lt. Dan Brent (Wayne) erregt und fällt diesem immer positiver auf. Eigentlich soll er sich ja um die Tochter des Gouverneurs, Miss Henderson, kümmern, aber bei Bijous Anblick fällt ihm die Pflicht schwer.
So kann es nicht ausbleiben, dass Brent den Weg des eifersüchtigen Antro kreuzt und die beiden Gegner werden. Antro lässt ihn sogar bei seinen Ausflügen mit Bijou beschatten - Anlass zu ein wenig Kraftsport am unterlegenen Gegner. Nach einem Tanz mit Bijou auf dem Bordfest der Marine, bei dem Brent einen Eklat herbeiführt, kommt es im Haus der sieben Sünden endlich zum längst fälligen Showdown zwischen Antro und Brent, den Bijou bang beobachtet. Wird man sie auch diesmal ausweisen - oder läuft sie in den Hafen der Ehe ein?
Mein Eindruck
Die Hauptfigur ist ohne Zweifel Bijou, das Gravitationszentrum für die männlichen Planeten, die sie umkreisen. Doch Bijou selbst ist eine entwurzelte und getriebene Frau im Exil, die zwar Heimat sucht, doch denjenigen, der sie bietet - in diesem Fall Dan Brent -, in den Abgrund der Wurzellosigkeit, Unmoral und Randexistenz zu ziehen droht, den sie und ihre unmittelbare Umgebung bilden. Insofern ist Bijou eine Wiedergeburt der Lola aus "Der blaue Engel" (1930), Josef von Sternbergs Verfilmung von Heinrich Manns "Professor Unrat".
Und in dieser Rolle setzt sie diejenige aus dem Erfolgswestern "Destry rides again"/"Der große Bluff" aus dem Jahr 1939 fort, in dem sie die Figur des neuen Sheriffs (James Stewart) schwer in Versuchung führt - aber dann nachgibt und ihn heiratet. In "Haus der sieben Sünden" mündet die Versuchung nicht in den Hafen der Ehe, sondern in opferbereite Entsagung aus Liebe für Dan Brent. Der Navy-Offizier, gerade noch Opfer eines Eklat und bereit, seine Karriere zu opfern, kann in den Schoß der Marine zurückkehren, um seinem Land zu dienen. Auch das ist ein Statement über den Umgang mit Exilanten.
Die Story ist an sich so luftig wie ein Soufflé, so durchsichtig wie ein Negligee - und am Schluss doch so handfest zupackend wie ein Western. Nur dass diesmal das Ambiente recht opernhaft in das Umfeld von Puccinis "Madame Butterfly" verlegt ist, nach Südostasien. Von der Opernstory ist herzlich wenig übrig geblieben, doch immerhin lohnt es sich, einen Blick auf die Figuren zu werfen.
~ Die Figuren in zwei Lagern ~
Auf der einen Seite begegnen wir, wie erwähnt, den (mehr oder weniger) aufrechten Amerikanern und Kolonialherren in Südostasien. Auf der anderen Seiten finden wir die Entwurzelten, allen voran Bijou Blanche, die dem Schiffsarzt der "Malacca" in einem sentimentalen Moment von einer gescheiterten Hochzeit erzählt. Sie stammt offensichtlich aus Frankreich, wie ihr Nachname "Blanche" verrät (den sie dem Schiffsarzt nie verrät). Doch 1940 ist Frankreich von den Nazis überrannt worden, und schon zuvor mussten viele Menschen Europa verlassen, besonders natürlich Deutschland und seine Besatzungsgebiete, etwa Österreich.
Inzwischen haben sich der Kleptomane und Möchtegernzauberer Sasha (Mischa Auer) an sie gehängt sowie der tolpatschige Seemann Eddie, genauer: Edward Patrick Finnegan, der ihr meist nicht von der Seite weicht. Eddie findet am Schluss eine Stelle auf Brents Schiff. Auch Bijous Gegenspieler Antro ist ein Exilant, doch ein besitzergreifender, der gerne die Kontrolle hat. Am Ende hat er sie völlig verloren, nicht zuletzt durch Brents beherztes Eingreifen. Eine Schlägerei eröffnet den Film, und Brents Schlägerei beendet die Haupthandlung.
~ Literarische Vorbilder ~
Durch Schauplatz und Figuren erinnert der Film entfernt an den englischen Schriftsteller W. Somerset Maugham ("Des Menschen Hörigkeit"), aber auch an Erich Maria Remarque ("Im Westen nichts Neues", "Die Nacht von Lissabon"). Leider fallen die literarischen Qualitäten durch die Inszenierung fast völlig unter den Tisch und lassen sich allenfalls im wundervoll fotografierten Gesicht der Dietrich ablesen.
~ Das Traumpaar ~
Worauf sich die Zeitgenossen und sämtliche Filmhistoriker seit 1940 gestürzt haben, ist jedoch das Aufeinandertreffen zweier Hollywood-Stars wie Wayne und Dietrich im gleichen Film - der Auftakt zu einer zweijährigen Affäre und mehreren gemeinsamen Filmprojekten. Welche Parallelen: Nach mageren Jahren der B-Movies und Flops landeten beide in separaten Filmen Volltreffer, bevor sie sich im "Haus der sieben Sünden" begegneten. Dietrich reüssierte 1939 in "Destry rides again"/"Der große Bluff" und Wayne in "Stagecoach" ("Höllenfahrt nach Santa Fé", 1939), dem epochalen Westernklassiker von John Ford.
Allerdings stellt sich Wayne etwas ungelenk und linkisch an, obwohl er doch schon 80 Filme hinter sich hatte. Seine Dialoge wirken, wie so oft, hölzern, denn er musste sie ablesen und wortwörtlich wiedergeben. Das schrieb die Dietrich auch in ihren Memoiren, wie das Booklet vermeldet. Die Dietrich ließ wenig Gutes an ihrem Teilzeit-Lover, hatte sie doch gleichzeitig mehrere Affären in Hollywood, um zu bekommen, was sie wollte. Von dem Haudrauf, den das Titelbild suggeriert, ist jedenfalls nur am Schluss etwas zu sehen, von den Kanonenbooten hingegen überhaupt nichts. Lediglich Brents Schlachtschiff vom "Arizona"-Typ liegt malerisch hindrapiert im Hafen - etwas wenig Action in einem auch sonst wenig actionreichen Streifen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1.33:1 (4:3)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
- 16-seitiges Booklet
- Original-Kinotrailer
Mein Eindruck: die DVD
Innerhalb der John-Wayne-Collection entreißt Koch Media einige alte Streifen des Duke der Vergessenheit. Des Öfteren müssen sie dabei durch digitale Bearbeitung präsentabel gemacht werden, so auch hier. Das Schwarzweißbild sieht in der Regel ausgezeichnet aus, in hellen Szenen sogar geradezu märchenhaft schön, dann wieder düster und geheimnisvoll - ein Film voller Kontraste (Kamera: Rudolph Maté).
Der Ton kann damit leider nicht mithalten und liegt jeweils in DD 2.0 vor, was in der Praxis noch etwas weniger als Fernsehton bedeutet. Manchmal gingen kurze Wörter sogar unter, so dass ich meinte, kurz den O-Ton zu hören. Das war aber nicht der Fall, sondern dies liegt nur an der Synchronisation. Die englische Tonspur ist sowieso künstlerisch ausdrucksvoller, beispielsweise dann, als die Dietrich sagt: "I'm a baaaad influence".
Der Originaltrailer bringt natürlich nur englische Sprache und Zwischentitel. Die Bildqualität ist gut. Die Bildergalerie erfordert Durchklicken. Sie umfasst vierfarbige Filmplakate, aber schwarzweiße Standbilder aus dem Film, etwa 40 insgesamt. Dabei fiel mir auf, wie dynamisch die Motive sind. Sie zeigen viele der Streitszenen, in die Bijou verwickelt wird, und natürlich die Schlägereien.
~ Das Booklet ~
Sascha Westphal schrieb einen gewohnt kenntnisreichen Artikel für das Booklet, und ich habe einige seiner Infos oben verarbeitet. Leider kann auch er keine Besetzungsliste vorweisen, eine üble Unsitte in den Koch-Media-Booklets. Sehenswert sind auch die doppelseitigen Standfotos aus dem Film sowie das einfarbig dunkelbraune Poster auf der Rückseite. Es ergänzt das vierfarbige Poster, das die beiden Seiten der DVD-Box durchgehend schmückt. Offensichtlich versucht Koch Media, den Sammler mit solchen Schmankerln zufriedenzustellen.
Unterm Strich
Lange darf der Zuschauer darauf warten, dass etwas passiert. Es gibt zwar viele hübsche Momente, aber so etwas wie eine Handlung sieht eigentlich anders aus. Da ist viel Geplänkel zu sehen und viel menschliche Komödie. Zwei Schlägereien rahmen dieses Nichts von Handlung zwar ein, aber der Begeisterung von Sascha Westphal vermag ich mich nicht anzuschließen.
John Wayne wirkt neben der übermächtigen Präsenz von Marlene Dietrich geradezu nebensächlich. Es sind allein ihre Auftritte, die dem Streifen äußeren Glanz und innere Dynamik verleihen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Kinobesucher des Jahres 1940 sie besonders wegen ihrer guten Mitsing-Lieder sehen wollten. Dass Matrosen mitsingen würden, ist eh klar, wenn das bekannteste Lied den Titel "The Man's in the Navy" heißt (den man auch ironisch verstehen kann).
Das Bonusmaterial ist durch Booklet, Original-Trailer und Bildergalerie zwar ganz okay, aber eben völlig auf Sammler zugeschnitten. Der durchschnittliche DVD-Gucker dürfte mit anderem Material besser bedient sein.
- Redakteur:
- Michael Matzer