House of Cards - Das Original. Die komplette 2. Staffel
- Regie:
- Seed, Paul
- Jahr:
- 1994
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- House of Cards. To Play the King
1 Review(s)
24.03.2014 | 18:10König, Herr und Sklavin: eine verhängnisvolle Beziehung
Großbritannien bekommt einen neuen König. Dieser stellt sich mit seinen idealistischen Vorstellungen von einem sozialeren England offen gegen die konservative Regierung. Für Hardliner Francis Urquhart ist klar: Der aufmüpfige Monarch muss in seine Schranken gewiesen werden und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Ein erbitterter, schmutziger Kampf um Kopf und Krone beginnt... (Verleihinfo)
Die mit dem Primetime Emmy® und dem BAFTA preisgekrönte BBC-Produktion verfilmt den gleichnamigen Bestseller von Michael Dobbs, der selbst im Stab von Margret Thatcher gearbeitet hat. Die Mini-Serie diente zudem als Vorbild für die aktuelle US-Version von ,,House of Cards".
Filminfos
O-Titel: To Play the King; House of Cards Season 2 (GB 1994)
Dt. Vertrieb: Pandavision (www.pandastorm.com)
VÖ: 25.03.14
EAN: 4048317475520
FSK: ab 12
Länge: ca. 215 Min.
Regisseur: Paul Seed
Drehbuch: Andrew Davies nach dem Roman von Michael Dobbs
Musik: Jim Parker
Darsteller: Ian Richardson (Francis Urquhart), Diane Fletcher (Elizabeth Urquhart), Kitty Aldridge (Sarah Harding), Nick Farrow (David Mycroft), der König (Michael Kitchen) u.a.
Handlung
Der neue König wird gekrönt, nachdem die alte Königin das Zeitliche gesegnet hat. Francis Urquhart, seit vier Jahren Premierminister, macht ihm seine Aufwartung. Er lernt seine charmante stellvertretende Pressereferentin Chloe Carmichael kennen, aber der eigentliche Pressesprecher von Buckingham Palace, David Mycroft, ist unpässlich: Seine Frau hat ihn nach einem Streit verlassen.
Konfrontation
Schnell zeigt sich während der ersten Audienz, dass sich die Vorstellungen von Premierminister und König konträr gegenüberstehen. Während Urquhart auf wirtschaftliche Konsolidierung aus ist und wenig Sympathie für "Sozialismus" hegt, ist dem König das Wohlergehen seines Volkes und besonders der vergessenen Randgruppen ein Herzensanliegen. Das zeigt sich auch bei der Sanierung der maroden Londoner Innenstadt, bei der er ein Wörtchen mitreden möchte. Indem er den dafür zuständigen Umweltminister nach Straßburg ins Europaparlament abschiebt, schiebt Urquhart weiterer Fremdeinwirkung einen Riegel vor.
Der König ist in der Tat unkonventionell - er hat ein Fitnessuite im Gästezimmer eingerichtet - sowie innovativ. Schlimmer noch: Er sucht eine Mission. Urquhart warnt ihn davor, sich in die Politik einzumischen. Eine ernste Konfrontation liegt in der Luft. Da tut Urquharts Frau Elizabeth eine wahre Goldgrube auf: Die Akademikerin Sarah Harding weiß, wie man Meinungsumfragen nach Belieben hindreht. Und sie ist beredsam genug, jede Meinungsänderung zu verteidigen. Elizabeth gibt Francis freie Hand, Sarah zu seiner Geliebten zu machen, solange sie sich den jungen Sicherheitsbeauftragten Corder zu ihrem Geliebten machen darf. Null problemo. Doch Francis erinnert sich immer wieder daran, was mit Sarahs Vorgängerin Mattie, der Journalistin passiert ist. Wenn das raus kommt!
Der Gegenangriff
Nach der Schlappe mit der Innenstadtrenovierung will der König den Premierminister loswerden. Aber er darf öffentlich nichts gegen seine eigene Regierung sagen. Was tun? Er will eine Rede halten, einen leidenschaftlichen Appell für eine menschlichere Gesellschaft, die sich auch um ihre Randgruppen und Minderheiten kümmert. Obdachlose, rausgeworfene Mieter und kinderreiche Familien auf der Straße - das soll der Vergangenheit angehören.
Zu Urquharts Ärger hält der König die entsprechende Rede, die Sarahs eigentlich entschäft hatte. Die Medien werden hellhörig und es wird ruchbar, dass die Regierung die Rede des Königs zensieren wollte. Als auch noch ein entsprechender TV-Spot mit einem königlichen Aufruf an sein Volk folgt, ist von Krise die Rede. Urquhart verspricht Neuwahlen. Doch er sagt nicht wann und spannt damit alle auf die Folter.
Urquhart bindet Sarah immer enger an sich, und sie gehen schließlich miteinander ins Bett. Wird diese Beziehung so enden wie jene mit Mattie, mit einem schrecklichen Tod? Unterdessen bereitet sich jemand darauf vor, das letzte Band, das Mattie aufgenommen hat, zu veröffentlichen: Es enthält Urquharts Mordgeständnis. Das ist purer Sprengstoff.
Opposition
Als aber der König sich mit der Opposition handgemein macht und deren Anführer Stroud jene politischen Parolen ausstößt, die dem König von Verfassungwegen her verboten sind, fassen die beiden Urquharts einen verzweifelten Plan: Der König muss abdanken - früher oder später. Und der Thronfolger steht schon in den Startlöchern: in der Obhut der Ex-Frau des Königs.
Sie haben allerdings nicht mit der Entschlossenheit des Königs und seiner Pressereferentin Chloe Carmichael, die ihn zu küssen wagt, gerechnet. Das einzige, was diesem dynamischen Duo noch gefährlich werden könnte, ist die neue sexuelle Orientierung des Pressereferenten: Mycroft ist homosexuell geworden - und genießt das schwule Leben in vollen Zügen, genau wie andere Abgeordnete...
Mein Eindruck
In dieser zweiten Staffel ist die Hauptfigur vermeintlich fest im Sattel. Seit vier Jahren halten die Tories das Land fest im griff, um die Wirtschaft zu konsolidieren: Die Folgen sind auf den Straßen nicht zu übersehen - Obdachlose und Bettler, wohin man auch schaut. Da die Opposition geschwächt ist, existiert, wie richtig gesagt wird, eine Ein-Parteien-Regierung, was auf eine Oligarchie hinausläuft.
Verfassungskrise
Deshalb hat der König durchaus die Pluspunkte auf seiner Seite, als er, wie einst Prinz Charles oder vielmehr Lady Diana, gewisse Missstände anprangert. Der Premierminister sieht sich einer neuartigen Opposition gegenüber, die jedoch nicht von der Verfassung gedeckt wird. Es fordert den Nicht-Briten ein wenig heraus zu verstehen, worin der Affront des Königs gegenüber seiner Regierung eigentlich genau besteht.
Kurz gesagt: Der konstitutionelle Monarch hat zwar Einfluss und Repräsentationsaufgaben, darf aber sonst nichts sagen. Das ist ja in den anderen europäischen Monarchien nicht anders. Dieser König jedoch ändert die Spielregeln. Und das macht die Sache relativ spannend: Am Horizont kommt eine Verfassungskrise in Sicht.
Harte Bandagen
Wir kennen Francis Urquhart als eine Mischung aus Richard III und Macbeth, einen entschlossenen Königsmörder. Bislang hat man seine Untaten nicht entdeckt, und diejenigen, die Bescheid wissen, gelten als verrückt (so etwa der Journalist John, der Kollege der in Serie 1 getöteten Mattie). Ist Urquhart fähig, einen beliebten König zu beseitigen oder die Monarchie abzuschaffen? O nein, er geht viel subtiler vor, wie es seine Art ist. Seine Hände soll sauber erscheinen. Die blutige Drecksarbeit machen andere.
Diese Serie dürfte die erste ihrer Art sein, die permanente Abhöraktionen sowie von der Regierung inszenierte Terrorakte zu einem treibenden Handlungselement machte. Mehr als ein Mal rummst es in der Serie gewaltig. Wohl dem, der einen Subwoofer besitzt.
Liebe vs. Moral
Sarah Harding, ausgezeichnet nuanciert gespielt von Kitty Aldridge, sieht sich durch ihre Recherchen in Sachen Mattie Sorin, schon bald in einer unmöglichen Lage. Äußerlich soll sie dem Premierminister ihr "Gehirn", ihre Intelligenz zur Verfügung stellen. Inoffiziell gibt sie ihm auch ihren Körper. Nun kommt die kalte Dusche: Ihr Lover soll ein kaltblütiger Mörder sein? Wie soll sie ihm noch in die Augen sehen können? Das ergibt eine der spannendsten Bettszenen, die ich je gesehen habe.
Vorhersehbar
Leider läuft es auf die gleiche Konstellation hinaus, die auch in der ersten Staffel vorherrschte: Eine Frau - mal naiv, mal intellektuell - verliebt sich in den Mächtigsten im Land, doch was passiert, wenn man hinter seine Fassade blickt? Entweder wird man, wie Urquharts Frau, genauso korrupt wie er und zur Lady Macbeth - oder man zahlt den höchsten Preis.
Diese Vorhersehbarkeit tut der Spannung nicht gut. Deshalb unternimmt das Drehbuch alles, um die Entwicklung so wendungsreich wie möglich zu machen. Tim Stamper, der Getreueste von Urquharts Schergen, will seinem Chef ans Leder: Der soll für seine Undankbarkeit büßen. Auch das ist nicht gerade neu. Jakobinische Tragödien, die in Blut waten, haben das schon im 17. Jahrhundert vorexerziert.
Sexkomödie
Ein schönes Gegenwicht zu soviel blutigem Thriller bietet die Sexkomödie um die schon ein wenig betagte Prinzessin Charlotte. Auf Betreiben Tim Stampers, urquharts rechter Hand, soll die mehrfache Mutter ihre Memoiren über das Lotterleben des Landadels einer regierungstreuen Zeitung verkaufen.
Bei 100.000 Pfund pro Monat findet sie sich gerne bereit - und diktiert ihrem Schreiber in der Badewanne und im Lotterbett (wo die O-Töne gerne von erstaunten Spionen der Regierung abgehört werden). Doch am Schluss fällt, wie zu erwarten, das Fallbeil: Alles, was sie in intimen Momenten zum besten gab, kommt gnadenlos auf Seite 1! Das ist Wahlkampf einer neuen Qualität: eine Schlammschlacht. Das Ziel ist natürlich der König. Doch Urquhart hat noch mehr Asse im Ärmel...
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 4:3 (1080p)
Tonformate: D in DTS-HD 2.0, Englisch in DTS-HD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D, Englisch
Extra : Audiokommentar zur 1. Folge
Mein Eindruck: die Blu-ray
Das restaurierte Bild der Serie aus dem Jahr 1994 ist in vielen Details gestochen scharf. Besonders im Vorspann ist das gut zusehen, als das Kameraauge über Big Ben und die Parlamentsgebäude von Westminster schwebt. Das 4:3-Format erfordert heutzutage schon ein wenig Umgewöhnung. Der Ton entspricht gutem Stereoton, wie man ihn vom Fernseher gewohnt ist. Das Rauschen, das mir bei der ersten Staffel auffiel, fehlt bei der 2. Staffel.
Die deutsche Synchronisation unterscheidet sich erheblich von den Dialogen des Originals. Das kann der des Englischen weniger gut als ich mächtige Zuschauer leicht an den Untertiteln ablesen, die doch an zahlreichen Stellen von der Synchronisation abweichen. Dies zu verfolgen kann einerseits aufschlussreich sein, andererseits vom Geschehen ablenken.
EXTRA
Audiokommentar zur 1. Folge
Im nicht untertitelten Audiokommentar zur 1. Folge geben der Hauptdarsteller Ian Richardson, der Drehbuchautor Andrew Davies und Ken Riddington, der Produzent, diverse Auskünfte zur Entstehung der Serie und wie die Dreharbeiten verliefen. Wie wir erfahren, hat sich während der Dreharbeiten eine "hochgestellte Persönlichkeit" besorgt geäußert, dass seine Ansichten mit denen des Königs im Film verwechselt werden könnten. Das könnte sein Ansehen schmälern. Ian Richardson musste ihn mit einem Leserbrief an die TIMES beruhigen.
Neben Prince Charles ist auch unverkennbar Lady Diana im die Filmhandlung eingebaut worden. Wie die echte Lady Di lebt auch die geschiedene Exfrau des Königs am Sloane Square in einem Nobelviertel. Wie Lady Di hat auch sie einen Thronfolger parat. Und diesen besucht Urquhart als Premierminister nicht ohne Hintergedanken.
Wertvoll ist auch die Äußerung Richardsons, dass das Thema Homosexualität anno 1994, als die Serie ausgestrahlt wurde, noch ein großs Tabu war. Heute erscheint es fast schon selbstverständlich, dass Menschen homo- oder bisexuell sein können. Richardson hat einiges über die rigiden Benimmregeln bei Hofe und im Unterhaus beizusteuern, während sich Davies und Riddington zurückhalten. Sehr amüsant ist seine Anekdote von dem Gärtner, der ihn mit seiner Figur des strengen Konservativen verwechselte und ihm versprach, ihn jederzeit zu wählen.
Unterm Strich
Die Serie lebt von dem spannenden, raffiniert eingefädelten Plot und den eindrucksvollen Darstellerleistungen. Natürlich ist Ian Richardson der Star der Darstellerriege, und sein nuancenreiches Mienenspiel ist eine Schau. Er spielt Richard III oder den Königsmörder Macbeth, und seine Elizabeth ist ihm ebenbürtig. Indem er sich an den Zuschauer wendet, macht er ihn zu seinem Komplizen. Doch wehe dem, der ihm vertraut, wie er es suggeriert, der tappt in eine böse Falle, genau wie Sarah Harding.
Durchweg bekommen fast alle Schauspieler eine große Szene, in der sie zeigen können, was sie draufhaben. Sie wissen wir stets, was die einzelnen Figuren bewegt beziehungsweise in den politischen Ruin treibt. Nick Farrow hat eine großartige Szene, als er sein Coming-out in einem Tournebus voller Journalisten verkündet. Und "Tim Stamper" sieht seine große Stunde gekommen, um den undankbaren Premierminister politisch zu vernichten - nur um dann selbst vernichtet zu werden.
Leider ist dieses Ende auch sehr vorhersehbar. Ein sehr langer Spannungsbogen wird von Rückblende zu Rückblende gespannt, um das Schicksal jener verhängnisvollen letzten Tonaufnahme Mattie Sorins zu verfolgen: Urquharts Geständnis. Dass das Tonband schließlich auftauchen und wie ein Spielchip im Casino eingelöst werden soll, ist zu erwarten. Auch wer diesen "Spielchip" besitzt, ist keine große Überraschung. Spannend ist lediglich, wie Sarah Harding auf diese Enthüllung reagiert: Ihr Geliebter ein skrupelloser Mörder - wie soll sie sich jetzt noch verstellen?
Blu-ray
Das Bild der restaurierten Fassung ist gestochen scharf, doch die Tonspur weist ein leises Rauschen auf. Es tritt immer dann auf, wenn kein Dialog gesprochen wird, also zum Glück sehr selten. An Bonusmaterial gibt es fast keines, nicht mal Trailer. Der nicht untertitelte Audiokommentar stammt vom Hauptdarsteller Ian Richardson, dem Drehbuchautor Andrew Davies und Ken Riddington, dem Produzent. Er ist amüsant und informativ. Werbende Trailer sucht man auf der Disc vergeblich, aber das ist sicherlich kein Verlust.
Michael Matzer (c) 2014ff
- Redakteur:
- Michael Matzer