Requiem for a Dream
- Regie:
- Darren Aronofsky
- Jahr:
- 2000
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Requiem for a Dream
1 Review(s)
25.11.2002 | 18:25Schon mit seinem Regie-Debüt “Pi”, in dem das Streben eines Mathematikers nach einer Weltformel im Wahnsinn pervertiert, konnte sich Darren Aronofsky einen Namen in der amerikanischen Independent-Film-Szene machen. Mit seinem zweiten Film versucht er sich an einer Verfilmung eines als unverfilmbar geltenden Romans von Hubert Selby Jr. Und auch hier sind es die Träume und Lebensziele von Menschen, um die es geht.
Endlich ein eigenes Modegeschäft zu besitzen, davon träumen Harry (Jared Leto) und seine Freundin Marion (Jennifer Connelly). Das dazu nötige Geld versucht Harry mit seinem Kumpel Tyrone (Marlon Wayans) durch Drogengeschäfte zu erwirtschaften, wobei sie gelegentlich auch selbst einiges von ihrem Handelsgut konsumieren. Harrys Mutter Sara (Ellen Burstyn), die seit dem Tod ihres Mannes alleine lebt, hat einen ganz anderen Traum. Sie wünscht sich nichts sehnlicher als einmal in ihrer Lieblings-TV-Show auftreten zu dürfen. Dabei möchte sie unbedingt ein rotes Kleid tragen, an dem viele persönliche Erinnerungen hängen. Allerdings hat sie um einiges zugenommen, seit sie dieses das letzte Mal getragen hat. Erste Versuche einer Diät schlagen fehl, da Sara viel zu viel Appetit auf Zucker und Fleisch hat. Daher folgt sie dem Rat einer Freundin und sucht einen Arzt auf, der ihr einige Tabletten verschreibt. Doch es dauert nicht lange und sie ist von diesen abhängig. Auch ihrem Sohn und dessen Freunden geht es bald nur noch um den nächsten Schuss.
„Requiem for a Dream“ ist kein Film nur über Drogen, sondern über Süchte im Allgemeinen. So werden auch viele der Alltags-Süchte wie Kaffee, Fleisch, Zucker und in Andeutungen auch Sex thematisiert. Durch den hervorragenden Schnitt und die schon fast mathematisch genaue rhythmische Komposition der Bilder stellt Aronofsky diese mit der Drogensucht auf eine Erzähl-Ebene und zieht Parallelen zwischen ihnen. Begonnen wird die Geschichte im Sommer, in dem noch alles in Ordnung zu sein scheint und eine relaxte Stimmung, die nur durch gelegentliche, gewollte Dissonanzen – vor allem am Soundtrack erkennbar – getrübt wird, vorherrscht. Die Protagonisten hängen ihren Träumen und Hoffnungen nach und lassen sich schließlich auf Mittel und Wege ein, die deren Verwirklichung förderlich zu sein scheinen, in Wirklichkeit jedoch das Gegenteil bewirken. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die entspannte Atmosphäre im Herbst von einer depressiven abgelöst wird, wobei die beteiligten Personen immer noch krampfhaft und mit aller Gewalt an ihren gewählten Mitteln festhalten und sich immer mehr der Wirklichkeit entziehen. Mit dem Winter enden dann nicht nur das Jahr, sondern auch die letzten noch vorhandenen Hoffnungen. Dies alles visualisiert Aronofsky durch immer hoffnungslosere, grausamere Bilder und einen stetig schneller werdenden Erzählrhythmus, dem sich der Zuschauer nicht zu entziehen vermag.
Der Film mutiert von der anfänglich heilen Welt in einen wahren unbarmherzigen Horror-Trip, der vom Zuschauer starke Nerven verlangt. Belohnt wird er dafür durch einen wahren Bilderrausch, in dem Bildkomposition, Schnitt und der geniale Soundtrack von Clint Mansell und dem Kronos Quartett eine selten gesehene Einheit bilden. Aronofsky zeigt sich hier wie auch schon in seinem ersten Film technisch versiert und mit Mut zu Neuem. Aus diesem Grund verwundert es auch nicht, dass dem Zuschauer mit dem Film einige Kinoinnovationen geboten werden, wie man sie seit Jahren nicht mehr erleben durften. Allein schon der ideenreiche Einsatz von Split Screens verdient Bewunderung. Und auch die Darsteller spielen in Höchstform. Vor allem Ellen Burstyn zeigt eine wahrhaft grandiose Schauspielleistung, die niemanden kalt lässt.
Aronofsky beweist wieder einmal, dass man mit Phantasie und einiger Experimentierfreude auch ohne übertrieben hohe Budgets ein Meisterwerk erschaffen kann, bei dem die einzelnen Filmkomponenten sich perfekt ergänzen. Daher fällt das Fazit bei diesem Film nicht schwer: „Requiem for a Dream“ ist mit Sicherheit einer der besten Filme, die in den letzten Jahren im Kino zu sehen waren, und meiner Ansicht nach sogar der beste des Jahres.
- Redakteur:
- Andreas Fecher