Stalker
- Regie:
- Andrej Tarkowskij
- Jahr:
- 1979
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- UdSSR
1 Review(s)
03.09.2006 | 07:46Handlung:
Eine verwahrloste und größtenteils zerstörte Stadt in einem "kleinen Land". Sie ist Zeuge einer scheinbar gescheiterten Zivilisation, die an einem Endpunkt angekommen ist. Nahe der Stadt befindet sich der Grenzzaun zur mysteriösen "Zone". Dieser von der Staatsgewalt hermetisch abgeriegelte Bereich war vor vielen Jahren Schauplatz einer Katastrophe, die die dort lebenden Menschen vernichtet haben soll. Die Wissenschaftler sind sich jedoch uneins, was genau dieses Unglück hervorgerufen hat. Vielleicht ein eingeschlagener Meteorit, ein Angriff von Außerirdischen? Die vor Jahren in die Zone entsandten Kundschafter kamen nicht zurück, und aus Furcht vor dem unbekannten Mysterium wurde die Zone abgeriegelt. In der Bevölkerung geht jedoch das Gerücht um, dass in der Zone ein Raum zu finden sei, in der sich der geheimste und innigste Wunsch eines jeden Menschen erfülle.
Unter der Führung des Stalkers, eines feinfühligen und ortskundigen Fährtenlesers, wagen der Schriftsteller und der Wissenschaftler eine Reise zu diesem sagenumwobenen Zimmer. Die drei Reisenden können durch die militärische Absperrung brechen und bestreiten den Weg durch die sehr meditativ wirkende Landschaft der Zone. Stetig warnt der Stalker vor einem komplexen System tödlicher Fallen, die er zu erkennen und zu umgehen weiß. Je näher die Protagonisten dem Zimmer kommen, desto offensichtlicher werden ihre eigentlichen Beweggründe und desto tiefer führt die Reise in ihre eigene Innenwelt.
Auswertung:
Fast drei Stunden flimmern die Bilder dieses älteren russischen Klassikers über die Leinwand und fesseln den Zuschauer mit einem Mix aus meditativer Ruhe, philosophischer Tiefe und kunstvollen Aufnahmen. Gerade die ruhigen Bilder, meist minimal mit Musik untermalt, schaffen in "Stalker" eine beeindruckende Stille, in der sich die gesamte Story langsam entwickeln kann. Sei es nun ein langsam fließendes Bächlein, eine zerfallene Ruine oder das von Sorgenfalten gequälte Gesicht des Stalkers, alles wirkt im Gesamtbild betrachtet so erstaunlich harmonisch und strahlt eine gewisse Erhabenheit aus.
Langsame Kamerafahrten offenbaren dem aufmerksamen Zuschauer eine Vielzahl von Symbolen und Bildern, die die (innere) Lage der Hauptcharaktere komplimentieren oder zum Nachdenken anregen. So stehen auch die drei Hauptcharaktere symbolisch für verschiedene Geistesrichtungen der modernen Gesellschaft. Der Wissenschaftler steht für den nach Erkenntnis strebenden modernen Menschen, der nur an Dinge glaubt, die durch Fakten zu beweisen sind. Der Schriftsteller ist ein Abbild des kritischen Geistes, der durch bloße Überlegung und Logik prinzipiell alles in Frage stellt. Letztlich kann der Stalker als ein gläubiger Mensch verstanden werden, dem bestimmte Dinge heilig sind. Er akzeptiert das unbekannte Mysterium der Zone und verspürt nicht den Drang, diese Zone zu verstehen. Er sieht sie in der Art, wie ein religiöser Mensch seinen eigenen Glauben versteht: Der Glaube ist etwas nicht Fassbares, aber dennoch Existentes. Ihn zu ergründen, wäre gegen die Natur des Glaubens, denn dann würde der Glaube zu einem "Verstehen" werden. Verliert der Mensch den Glauben, dann geht er unter.
Gerade dieses Verständnis ermöglicht es ihm, in die Zone einzudringen und die Führung zu übernehmen. Doch was verbirgt sich nun in dem Zimmer? Was treibt die Charaktere an? Welche Macht hat den speziellen Raum geschaffen? Viele Fragen, die den Zuschauer auch noch Tage nach dem Film quälen werden und ihn nicht mehr so schnell loslassen.
Auch wenn der Film noch so fesselt und meisterhaft inszeniert wurde, ist leider jedoch die Umsetzung auf DVD alles andere als meisterhaft. Zwar ist das DVD-Menü mit einer ganz netten Animation hinterlegt, jedoch fehlt auf der DVD der Originalton, und auch Untertitel sucht man vergebens. Aber größter Kritikpunkt ist die unterdurchschnittliche Bildqualität. Manchmal flackert das Bild, ändert die Helligkeit oder wird deutlich unschärfer. Positiv zu erwähnen ist aber die auf der DVD enthaltene Reflexion des Films durch den Kameramann Rolf Kettner. Diese ermöglicht einen guten Zugang zu Tarkowskijs Werken und erläutert bestimmte Schlüsselszenen aus dem Film.
Weitere Extras der DVD:
- Kapitelauswahl
- Bilder-Galerie
- Biographie und Filmographie des Regisseurs
Fazit
"Stalker", ein Klassiker des russischen Kinos, widerspricht mit aller Kraft vielen oberflächlichen und hektischen Verfilmungen, die von Hollywood über den großen See schwappen. "Stalker" ist Ausnahmekino, das viel zu einzigartig ist, um es in ein gängiges Genre einzuordnen. Sicherlich ist "Stalker" nicht jedermanns Geschmack, aber wenn man bereit ist, sich auf den Film einzulassen, wird man mit einer der schönsten und eindringlichsten Kompositionen aus Bild und Ton belohnt. Dieser meisterhaft verfilmte Klassiker zeigt, was die "Zaubermaschine Kino" alles leisten kann, denn "Stalker" zaubert für fast drei Stunden. Jeder, der einmal Abstand vom 08/15-Kino gewinnen will, sollte Tarkowskijs Werk sein Eigentum nennen.
- Redakteur:
- Thomas Graef